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"Menschen­recht auf Wohnen" zieht Halbzeitbilanz

Der Podi­ums­tisch war aus Bremer Sicht prominent gesetzt. Denn immerhin galt es, Bilanz zu ziehen. Denn die im Mai 2019 gewählte Bremer Bürger­schaft hat mehr als die Hälfte ihrer Regie­rungs­zeit absol­viert. Bevor es für die hansea­ti­sche Bevöl­ke­rung in Bremen und Bremer­haven spätes­tens im Frühjahr 2023 wieder an die Urnen geht, unter­zogen sich die führenden Frak­tionen, die seit Juni 2019 die Rot-Rot-Grüne die Regierung in Bremen bilden, der Befragung von Bürge­rinnen und Bürgern sowie Presse. Ort des Gesche­hens war am 1. November 2021 das Konsul-Hackfeld-Haus. Gastgeber war wie an jeden 1. Montag im Monat das Akti­ons­bündnis „Menschen­recht auf Wohnen“.

Zur Podi­ums­dis­kus­sion trafen sich mit Moderator Jens Rathgeber wie folgt: Sophia Leoni­dakis, Frak­ti­ons­vor­sit­zende der Bremi­schen Bürger­schaft Die LINKE; Mustafa Güngör , SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zender sowie Robert Radtke, Land­tags­ab­ge­ord­neter von Bündnis 90 / Die Grünen. Das ganz große Thema war, auch wenn es als solches nur am Rande ange­spro­chen wurde, die Armuts­be­kämp­fung im Land Bremen. Dazu gehört natürlich die Lage auf dem Wohnungs­markt. Kritik gab es natürlich am Vorhaben, dass die jetzige Regierung circa 8.000 bis 10.000 bezahl­bare Wohnungen zum Ende der Legis­la­tur­pe­riode in Aussicht stelle. Jedoch bestand das Bündnis auf seiner Haltung, dass das Land wesent­lich mehr sozialen Wohnraum schaffen müsse.

Housing First“ – das, was in Finnland erstaun­lich vor allem vom wirt­schaft­li­chen Resultat gut geklappt hat, steht in einigen deutschen Kommunen noch in den Kinder­schuhen. Und unter der Beob­ach­tung einiger Argus­augen noch vor der Reali­sie­rung. Dennoch konnte die GEWOBA Bremen berichten, dass die Gesell­schaft Immo­bi­lien reno­vieren wird und als Testlauf zur Verfügung stellt. Das Akti­ons­bündnis selbst steht sehr geschlossen hinter dem Projekt Housing First, und nahm erleich­ternd zur Kenntnis, dass die GEWOBA Bremen nun Bewegung in diese Modell bringt.

Stell­ver­tre­tend für Bündnis 90 / DIE GRÜNEN betonte Robert Bücking, dass der Umgang mit Wohngeld an seine legalen Grenzen stoße. Bücking erwähnte, dass Bescheide teilweise rechts­widrig behandelt werden. Zudem dauere die Bear­bei­tung der Wohngeldanträge bis zu 10 Monate und länger, was dazu führe, dass die Antrags­steller finan­ziell an ihre Grenzen gebracht würden.

DIE LINKE, vertreten durch Sofia Leoni­dakis, sah eine gute Chance für die Einfüh­rung eines Mieten­de­ckels in Bremen. Die Frak­ti­ons­chefin erklärte, dass Wohnungen eine wichtige soziale Funktion hätten. Sie allen Menschen zugäng­li­cher zu machen, sollte nicht weiter nur dem Inves­to­ren­markt über­lassen werden. Um den Leerstand zu besei­tigen und mehr Mietern Zugang zu Wohnungen zu verschaffen,  halte sie staat­liche Enteig­nungen für legitime Mittel.

Ohne wirkliche Lösungs­an­sätze blieb an diesem Abend das leidliche Thema stei­gender Ener­gie­kosten. Nicht nur Sozi­al­ver­bände befürchten für den kommenden Winter eine drohende Armuts­stei­ge­rung. Lediglich die Über­le­gung, eine Wohn­flä­chen­steuer einzu­führen, wurde ange­spro­chen. Kritische Argumente gegen diese  Maßnahme sprachen von einem Härtefall, denn von dieser Lösung wären auch Menschen betroffen, die schon sehr lange in ihren Wohnungen leben.

Im November von einem Winter­fahr­plan zu sprechen, klingt zunächst logisch und vorsorg­lich. Kritisch sehen wir jedoch die Bereit­stel­lung von soge­nannten Kälte­bussen, was an diesem Abend u.a. vorge­schlagen wurde. wohnungslos.info fordert dagegen eine sichere Unter­brin­gung, die ein Dach über dem Kopf anbietet, eine Tür zum Abschließen für die eigene Privat­sphäre beinhaltet, sowie eine Heizung, die  vor gesund­heits­ge­fähr­denden Tempe­ra­turen schützt. Das Bemühen der anwe­senden Politiker, das Bereit­stellen von sog. Kälte­bussen, halten wir für einen Tropfen auf den eiskalten Stein.

Apropos Tropfen – die Reparatur der städ­ti­schen Trink­was­ser­brunnen halten auch wir für notwendig. Das hilft nicht nur den Bedürf­tigen, sondern dient auch als Vorbild für weitere Groß­städte. Wenn Touristen nach ihrer Heimkehr davon zu Hause herumerzählen …

Fazit

Vieles wurde ange­schoben, aber sehr vieles bleibt noch zu tun. Vor allem in der Wohnungs­po­litik. Für eine Halb­zeit­bi­lanz klingt es ein wenig zu mager. Tröstlich dabei, dass keiner in der Pandemie eine Ausrede gesucht hat.

Liebe Regie­renden, nehmen sie bitte die Anre­gungen des Akti­ons­bünd­nisses „Menschen­recht auf Wohnen“ ernst und berück­sich­tigen sie die kriti­sierten Punkte bei ihren Entschei­dungen noch in der laufenden Legis­la­tur­pe­riode. In wieweit die Bremer­ha­vener und Bremer mit Ihrem Einsatz einver­standen sein werden wird sich spätes­tens im Frühjahr 2023 zeigen – an der Wahlurne zur 21. Bürgerschaftswahl.