Man nehme die Begriffe Ravioli mit Kürbis und Ketchup, Wurst aus der Region, ein Quiz oder Village People. Ganz ehrlich, denkt da jemand an Abschied? Am 11. Februar waren das nur ein paar Inhalte, mit denen Pastor Michael Herzer in der Moorkirche offiziell Abschied nahm. Nach elf Jahren in der Moorkirche Freistatt sorgten, neben dem Pastor selbst, etliche Momente der Zeremonie dafür, dass es für die Gäste ein Auf Wiedersehen mit einer lachenden Träne wurde.
Er hätte sich, auch wegen der Bekanntmachung im gesamten Ort über mehr Besuch gefreut, aber dennoch war das Gotteshaus gut gefüllt. Mit einem leicht ironischen, aber dennoch positiven Hintergrund erinnerte er an den wahren Hintergrund der Messe. Denn ein Besucher in seinem Büro fragte ihn, so Herzer, wie das Wort "Verabschiedung" zu verstehen sei, und ob es sich dabei nicht gar um eine Beisetzung handelt. Mit der gewohnt gelassenen Art sorgte der Pastor beim Erzählen dieser Anekdote für eine unterhaltende Atmosphäre unter den Anwesenden.
Natürlich gab es während der knapp 70 Minuten auch Gebete und gemeinsame Gesänge, sowie eine gebührende Verabschiedung vom Geschäftsführer von Bethel im Norden, Pastor Christian Sundermann. Bei seinem letzten Vortrag von der Kanzel in der Moorkirche sorgte Pastor Herzer für kritisches Gedankengut. In Freistatt habe er so oft von den Begriffen Inklusion und Integration gehört – doch welchen Begriff gibt es bei den Gedanken an jene Bürger, die einst in der DDR unter dem Regierungssystem Leid erfahren und erleben mussten? Gibt es dafür überhaupt einen Begriff? Im 30. Jahr nach der Wiedervereinigung waren es starke Worte, um die Schicksale etliche unserer Landsleute nicht in Vergessenheit zu bringen.
Für die Verabschiedung haben Wegbegleiter, aber auch der Pastor selbst, einige Überraschungen vorbereitet. Für die Gläubigen bestand die Möglichkeit, Konfitüre zu gewinnen, in dem sie sich mithilfe eines Quiz gemeinsam mit dem Geistlichen erinnerten. Herzer umschrieb einstige Weggefährten, die jedoch mittlerweile nicht mehr unter uns sind, für die meisten jedoch unvergessen. Für viele reifere Gäste gab es zudem eine Reise in die musikalische Nostalgie. Via Videoclip wurde der Evergreen „Y. M. C. A.“ der unvergessenen Village People eingespielt. Die Kostüme, die die Band einst zu diesem Hit trug, waren für den Pastor anschließend mehrere Vergleiche mit den Anwesenden wert, so wurden die Rollen der Indianer und der Polizei neu vergeben.
Es sollte damit nicht die einzige musikalische Darbietung bleiben. An seiner Verabschiedung nahm auch seine Familie teil. Seine Gattin Helga Herzer überraschte die Gläubigen mit einer eigenen Version des Klassikers „America, oh America“, und brachte A capella „Freistatt, oh Freistatt“ zum Besten. Währenddessen schlüpfte der Pastor in seine private Rolle, nämlich in die des Familienvaters. Sein sehr junger Nachwuchs wurde schonmal hörbar unruhig: Für Herzer kein Problem, er predigte einfach mit Kind auf dem Arm weiter. Das brachte ihm von Pastor Sundermann ein zusätzliches Kompliment ein. Welch ein großes Herz muss der zukünftige Oberfranke haben, dass die Kinder, prompt das sie seine Nähe spüren, ganz ruhig werden.
Diese sehr herzliche Art wird nun in Zukunft in der Kirchengemeinde Seidmannsdorf in Coburg auf die Menschen zugehen. Am 8. März findet knapp 500 Kilometer von hier entfernt sein Einführungsgottesdienst statt, eine Woche später wird er die erste offizielle Predigt halten. Pastor Michael Herzer geht als ein Mensch, der stets die Geduld und Ruhe behielt, und dessen Ausgeglichenheit durchaus abfärbte. Zudem kennt er auch keine verschlossenen Türen vor anderen, er hatte stets ein offenes Ohr für jeden. Nicht nur das wird er in Zukunft brauchen – in einem Umfeld des verstärkt oberfränkischen Dialekts hoffen wir, dass er es genauso versteht.