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Besuch der WoloKon 2024 in Nürnberg
– eine wissen­schaft­liche Konferenz

Vom 22. bis zum 24. Februar 2024 veran­staltet die Tech­ni­schen Hoch­schule Nürnberg Georg Simon Ohm (die „Ohm“) eine wissen­schaft­liche Konferenz:

Prekäres Wohnen & Wohnungs­lo­sig­keit
in Zeiten multipler Krisen

Unsere Redaktion besuchte mit einer Abordnung der Selbst­ver­tre­tung wohnungs­loser Menschen e.V. diese Konferenz, die etwa 50 Menschen mit Erfah­rungen von Wohnungs- oder Obdach­lo­sig­keit (also Expert:innen in eigener Sache zur Proble­matik akuter Wohnungsnot) und etwa 110 in den Sozi­al­wis­sen­schaften tätige Menschen sowie Fachleute aus dem Bereich Sozialer Hilfen (wie z. Bsp. Wohnungs­lo­sen­hilfe, Jugend­hilfe, Einglie­de­rungs­hilfe, …) zum Erfah­rungs­aus­tausch zusammenbrachte.

Techn. Hochschule Nürnberg Ohm - Prof. Frank Sowa - #WoloKon24 - offizielles Foto (© Wolfgang Gillitzer)
Techn. Hoch­schule Nürnberg Ohm – Prof. Frank Sowa – #WoloKon24
offi­zi­elles Foto (© Wolfgang Gillitzer)

Das Programm zur Konferenz

Im Konferenz-Programm der WoloKon 2024 heißt es dazu:

Als grund­le­gendes Verständnis werden Obdach- und Wohnungs­lo­sig­keit als soziale Phänomene aufge­fasst, die durch gesell­schaft­liche Prozesse immer wieder neu herge­stellt werden, aber auch durch diese verän­derbar sind.
Das Anliegen der Konferenz ist es, Wohnungs­lo­sig­keit als soziales Phänomen aus verschie­denen Perspek­tiven zu beleuchten, den wissen­schaft­li­chen Forschungs­stand innerhalb der scien­tific community als auch mit Akteur*innen der Politik, Verwal­tung, Sozialen Arbeit und Selbst­ver­tre­tungen von wohnungs­losen Menschen zu disku­tieren sowie den allge­meinen Austausch zum Thema zu fördern.WoloKon 2024 Nürnberg (www.WoloKon.de)

Betei­li­gung von Expert:innen in eigener Sache

Einer­seits war unsere Redaktion bei Aufbau und Betreuung eines Messe­standes der Selbst­ver­tre­tung wohnungs­loser Menschen e.V. beteiligt, der im Foyer des Uni-Gebäudes des Dekanats Sozi­al­wis­sen­schaft und Betriebs­wis­sen­schaft die Tagung begleitete.

Daneben besuchten wir aber auch diverse Veran­stal­tungen der Tagung, die sehr inter­es­sante Einblicke in die Arbeit der Forschung zu Themen wie Wohnungs­lo­sen­hilfe, Armut, Wohnungsnot und benach­tei­ligte Gruppen unserer Gesell­schaft boten.

Durch die Betei­li­gung zahl­rei­cher Expert:innen „in eigener Sache“ zu obigen Themen wurde im Sinne eines Parti­zi­pa­tiven Ansatzes der Tagung ein inten­siver Austausch unter­ein­ander ermög­licht. Aber auch die Pflege von „Netz­werken“ war bei allen Veran­stal­tungen ein Thema.

Vor dem Hinter­grund fehlender gesetz­li­cher Vorgaben für eine „Klienten-Vertre­tung“ in der bundes­deut­schen Wohnungs­lo­sen­hilfe gibt es beim Thema „Parti­zi­pa­tion“ aus Sicht „betrof­fener“ oder „betreuter“ Menschen in der Wohnungs­lo­sen­hilfe noch einiges zu tun.

Tagungs­ver­lauf

Der Donnerstag

Dieser Tag begann mit der Begrüßung aller Teil­neh­menden, einigen Gruß­worten und einer Einfüh­rung von Prof. Frank Sowa als Gastgeber der Tagung:

Über prekäres Wohnen und Wohnungs­lo­sig­keit als soziale Probleme

Nach dem Mittag­essen ging es mit einer Lesung des Buches „DIE ANDEREN – die harte Realität der Obdach­lo­sig­keit“, zu der die Autorin Janita-Marja Juvonen einge­laden war.

Danach wurden verschie­dene Arbeits­gruppen angeboten, in denen zu verschie­dene Arbeits­gruppen ihre Arbeiten zu folgenden Themen vorstellten und auch zur Diskus­sion stellten:

  • Ordnungs­recht­liche Unterbringung
  • Wohnungs- und Obdachlosenhilfe
  • Wohnungs­markt
  • Parti­zi­pa­tion & Empowerment
  • Buch­vor­stel­lung – Das Unbehagen am Rande des Bürgersteigs
  • Poster­prä­sen­ta­tion im Foyer:
    Selbst­dar­stel­lung von Forschungs­pro­jekten, Initia­tiven und
    Projekten von „Expert:innen in eigener Sache“
  • Open Space 1: Archi­tek­to­ni­sche & sozi­al­ar­bei­te­ri­sche
    Perspek­tiven auf Obdach- und Wohnungslosigkeit
  • Stra­ßen­kreuzer: Virtuelle Stadt­füh­rung – „Vom Leben auf der Straße“

Nach dem Abend­essen gab es dann noch eine Film­vor­füh­rung mit Diskussion:

Ein Haus für Alle – was wir brauchen, was wir können
(von Shania Casado Cimring und dem Medi­en­kol­lektiv Frankfurt, 2023)

Zum Abschluss des Tages folgte dann noch ein Konzert des Band­pro­jekts
50 Years Later“ der Fakultät Sozi­al­wis­sen­schaften der Ohm Nürnberg

Der Freitag

Der zweite Konfe­renztag brachte zahl­reiche Einblicke in weitere Themen­be­reiche, zu denen jeweils mehrere Arbeits­gruppen von ihrer Arbeit in den Projekten berichteten.

  • Session 4: Wohn­ver­hält­nisse
  • Open Space 2:
    Wohnungsnot und Wohnungs­lo­sig­keit im länd­li­chen Raum
  • Open Space 3:
    Dreaming Change
  • Session 5: Jugendliche
  • Session 6: Prekarität
  • Session 7: Alltag und Beziehungen
  • Ad-Hoc-Gruppe 2:
    Home-unmaking
  • Session 8: (Un-)Sichtbarkeit
  • Session 9: Gesund­heit
  • Ad-Hoc-Gruppe 3:
    Profes­si­ons­dis­kurse Sozialer Arbeit
  • Open Space 4:
  • Heraus­for­de­rungen und Zukunfts­themen
    für die inter­dis­zi­pli­näre Forschung
  • Open Space 5:
    Selbst­ver­tre­tung trifft Forschung
  • Open Space 6:
  • Kollek­tive Selbst­wirk­sam­keit wohnungs­loser Menschen
  • Open Space 7:
    Treffen für Promo­vie­rende & Promotionsinteressierte
  • Open Space 8:
    Netz­werktreffen Wohnungslosigkeitsforschung

Nach dem gemein­samen (wieder sehr leckerem Abend­essen) folgten noch eine weitere Lesung:

Der Sandler“ – ein Buch von Markus Ostermair.

Zum Abschluss des Tages gab es dann noch einen Poetry Slam mit musi­ka­li­scher Beglei­tung der Gruppe „Zweifel und Caecilia“, den Akim Gubara mode­rierte (einer der zahl­rei­chen helfenden Studie­renden des Orga­ni­sa­ti­ons­teams der Tagung),

Der Sonnabend

Der Vormittag war noch einmal gut gefüllt mit weiteren großen Themen rund um prekäres Wohnen und Wohnungsnot:

  • Session 10: Gestal­tung & Nutzung von Wohnraum
  • Session 11: Profes­sion und Fachperspektiven
  • Session 12: Räume
  • Ad-Hoc-Gruppe 4:
    „Proble­ma­tizing the ‘problem’ of homelessness“
  • Ad-Hoc-Gruppe 5:
    Peer-to-Peer, Need-to-Need,
    Buttom up or Top down?
  • Open Space 9:
    Kosten­loser Nahver­kehr für wohnungs­lose Menschen
  • Open Space 10:
    Securing Housing – „Wohnungs­lo­sig­keit bis 2030 beenden?
  • Open Space 11:
    Schlaf­quar­tier
  • Buch­vor­stel­lung 2: Inter­sek­tio­na­lität und Gewalt
  • Buch­vor­stel­lung 3: Förderung der seeli­schen Gesundheit

(Ein aller­letztes optio­nales Angebot war dann noch eine weitere Stadt­füh­rung mit dem Stra­ßen­kreuzer (dem Stra­ßen­ma­gazin für Nürnberg), das noch nach der Abschluss­ver­an­stal­tung angeboten wurde.)

Nach einem erneut sehr leckerem Mittag­essen folgte dann (als Open Space 12) die …

Gemein­same Abschlussveranstaltung:

WoloKon weiter­ge­dacht

… was kommt nach der WoloKon24?

Allen Teil­neh­menden sollte spätes­tens bei dieser Zusam­men­kunft bewusst geworden sein, dass das Ziel „Wohnungs­lo­sig­keit bis 2030 beenden?“ von EU und auch unserer Bundes­re­gie­rung (die dabei schon lieber von „über­winden“ redet) für Deutsch­land und auch viele andere EU-Staaten schwer zu erreichen sein wird.

Das wird ein langer und schwie­riger Weg sein, auf dem diese Konferenz zumindest eine aktuelle Bestands­auf­nahme und verschie­dene Möglich­keiten zur Linderung – besten­falls zum Abbau? – der aktuell exis­tie­renden Wohnungsnot geboten hat.

Prekäres Wohnen & Wohnungs­lo­sig­keit
in Zeiten multipler Krisen

Techn. Hochschule Nürnberg Ohm - Prof. Frank Sowa - #WoloKon24 - offizielles Foto (© Wolfgang Gillitzer)
TH Ohm Nürnberg #WoloKon24
(© Wolfgang Gillitzer)

… ist dabei besonders aus Sicht der von Wohnungsnot oder gar von Obdach- bzw. Wohnungs­lo­sig­keit betrof­fenen Menschen schon ein sehr passender Konfe­renz­titel gewesen.

Positiv gesehen können wir sagen: „Wir haben uns auf den Weg gemacht.“ – die Proble­matik um dieses „prekäre Wohnen“ muss aber offenbar vielen Poli­ti­kern und Entscheidungsträger:innen noch viel deut­li­cher gemacht werden. Wir als Redaktion und Mitglieder der Selbst­ver­tre­tung wohnungs­loser Menschen e.V. werden das weiter kritisch verfolgen und hinterfragen.

Wir kommen gerne wieder nach Nürnberg in die „Ohm“, um dann auch von der nächsten WoloKon202x zu berichten – oder um gar die Been­di­gung der Wohnungs­lo­sig­keit in Europa 2030 zu feiern?

Fazit

Unsere Redaktion und auch alle Teil­neh­menden als Mitglieder der Selbst­ver­tre­tung wohnungs­loser Menschen e.V. waren mit unserem Konfe­renz­be­such sehr zufrieden. Es war eine gute Gele­gen­heit, die Bekannt­heit der Selbst­ver­tre­tung als Selbst­hilfe-Gruppe für Menschen mit Erfah­rungen von Obdach- oder Wohnungs­lo­sig­keit auszubauen.

Wir alle sehen die Arbeit der Selbst­ver­tre­tung als wichtigen Baustein an, benach­tei­ligte Menschen mit Erfah­rungen von Obdach- oder Wohnungs­lo­sig­keit, Wohnungsnot, Armut und oft auch Ausgren­zung eine Möglich­keit zu bieten, um über ihre Erfah­rungen, ihr Leben und ihre Wünsche zu berichten.

Unserer Erfahrung nach gibt es eben immer noch eine viel zu große Soziale Ungleich­heit in unserer Gesell­schaft, die einzelne Menschen oder aber auch ganze Gruppen von Menschen oft an den Rand der Gesell­schaft drängt.

Es besteht offenbar immer noch ein erheb­li­cher Aufklä­rungs­be­darf dafür, dass in einer friedlich und demo­kra­tisch zusam­men­le­benden Nation eine Grund­aus­stat­tung mit ausrei­chenden Ressourcen nötig ist, um eine ange­mes­sene gesell­schaft­liche Teilhabe für alle zu ermöglichen.

Dazu gehören neben einer bezahl­baren Wohnung, ausrei­chender Gesund­heits­vor­sorge und Kran­ken­ver­sor­gung sicher auch eine ange­mes­sene finan­zi­elle Versor­gung, die sich ein Staat – auch im Sinne einer sozialen Markt­wirt­schaft – leisten (können) sollte!

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