…und heute ein besonderes Türchen
Liebe Leser, haben Sie zu Hause vielleicht einen Sohn, der in diesem Jahr eingeschult wurde? Oder er im nächsten Jahr eingeschult wird? Sicher, Sie vermuten Ihren Nachwuchs in sichere Hände zu wissen. Aber von nun an haben Sie für einen halben Tag nicht mehr die Möglichkeit, die direkte Kontrolle über ihn zu haben. Erst recht nicht, wenn er mit Klassenkameraden mit der immer schneller werdenden virtuellen Welt konfrontiert wird.
Das hätte Stefan aus Bremen auch passieren können – wenn ihm 2016 nicht die glorreiche Idee gekommen wäre, mit seinem Sohn John vor sechs Jahren einen eigenen Videokanal auf YouTube zu gründen. Ursprünglich, so sagt Stefan heute, sollte das ganze nur ein paar Folgen, sprich Wochen oder einige wenige Monate gehen. Geschaffen wurde der Vlog "Stefan und John", in dem vor allem das familiäre Leben von Vater und Sohn ungeschminkt gezeigt werden sollte. Kurze Dauer? Von wegen und so, den Kanal gibt es immer noch. "Stefan und John – Familienleben als Vlog" , wöchentlich erfreuen sich mittlerweile knapp 48.000 Abonennten über neue Ausgaben der "Drei".
"Drei"? Ja, denn Stefans Gattin bzw. Johns Mutter Simone, die sich in den ersten Ausgaben konsequent zurückgehalten hat, wirkt verstärkt immer mal wieder in den Videos mit. Wenn sie mitmachen will, dann macht sie mit, und Vater und Sohn entwickeln ausreichend Ideen, um einen Vlog zu gestalten. Phantasie hat Simone jedoch auch in Hülle und Fülle, soviel, dass sie Anfang 2020 mit Simone von der Weser ebenfalls einen eigenen Kanal aufbaute. Die beiden Hauptprotagonisten des anderen Familienvlogs tauchen dort natürlich auch hin und wieder auf, genauso wie umgekehrt. Was aus der Ferne wie ein moderner Hausfrauenkanal wirkt, in dem Simone neben Kochrezepten auch Haushalttipps anbietet, ist das Ergebnis eines eigenen Ehrgeizes. Simone wollte sich lediglich technologisch ausprobieren. Mit über 3000 Abonennten ging auch diese Rechnung auf.
Ich bin neugierig geworden. Unser Magazin verschlägt es ja regelmäßig nach Bremen. Auch an den Plätzen, an denen die drei ebenfalls regelmäßig filmisch unterwegs sind. Aber begegnet bin ich dieser sehr sympathischen Familie noch nie, die ja mit ihrem Equipment und samt den Aufnahmen an der Schlachte, in der Altstadt oder in ihren Stammlokalen auffallen müssten. Ende November boten die drei Hanseaten ihrer treuen Community an, Vorschläge auszuarbeiten, die Stefan und John dann filmisch als täglichen Adventskalender zeigen. Anstatt wöchentlich, gibt es seit dem 1. Dezember, und noch bis zum Heiligen Abend den Vlog täglich mit einer neuen Folge zu sehen.
Ich klinkte mich in die Reihe der Ideengeber ein, und bot allen drei ein Zeitungsinterview mit unserer Redaktion an, dass sie zeitgleich filmisch festhalten. Heute, am 22. Dezember, zwei Tage vor dem Fest, ist mein Besuch bei Stefan, John und Simone nicht nur leserlich hier festgehalten, sondern auch filmisch zu sehen ( https://youtu.be/uxDel4oYfYc ). Da es für die Familie ebenfalls Neuland war, kam es zur gemeinschaftlichen Idee, dass ich "Stefan und John" dokumentiere, und umgekehrt, die Familie meine Arbeit für die Redaktion. Zu Recht werden Sie sich jetzt fragen, was hat unser Magazin mit dieser Familie zu tun, denen es offenbar an nichts mangelt, und die sich wenig Sorgen um ihre Existenz machen müssen.
Richtig, wirtschaftlich sind die Bremer gut aufgestellt – allerdings schauten sie sorgenvoll der plötzlichen und möglichen Wohnungslosigkeit vor wenigen Monaten direkt in die Augen. Der Durchlauferhitzer in der Küche wärmte sich derartig auf, dass ein kleines Feuer und sehr dichter Qualm zunächst die Küche fast ruinierte, sowie das Löschwasser der herbeigerufenen Feuerwehr in weiteren Bereichen die Wohnung unbewohnbar machte. Stefan, John und Simone durften zwar über ihre Versicherung für einige Wochen in ein Hotel ziehen, verloren aber in dieser Zeit vorrübergehend ihr persönliches Obdach, sowie die eigene Privatsphäre. Auch diese Momente der Unsicherheit sowie die Sorgen wurden dem Publikum präsentiert. Stefan räumte in der Unterhaltung ein, sich mit diesem Problem noch nie auseinandergesetzt zu haben, erkannte aber auch weiter, dass es vor diesem Schicksal keine probate Sicherheit gibt. Für die Zukunft überlegen alle drei Familienmitglieder, dieses Thema mit anderen Augen zu sehen.
In der weiteren Unterhaltung ging es natürlich um den Vlog bzw. beide Vlogs. Aber auch um erstaunliche Antworten, die man in den círca 30minütigen Ausgaben nicht vermutet hätte. Den mittlerweile 14jährigen John hätte man angesichts der Leidenschaft beim Essen eher in der FastFood-Ecke vermutet. Aber Labskaus? Der Teenager überraschte mich damit auf die Frage, welches Menü in welchem Lokal er jedem und sich jederzeit empfehlen würde. Insbesondere das Labskaus im Lokal Feldmann´s an der Bremer Schlachte hat es ihm angetan. Simone und Stefan hingegen verwöhnen sich, wenn es um das Lieblingsmahl geht, im Restaurant Edelweiß. Stefan liebt die dortige Schweinshaxe, die er jedoch noch nie selbst mit dem allergrößten Heißhunger vollständig verzehren konnte. Da dürfte es Simone leichter haben, wenn ihre sicher kleinere Roulade serviert wird.
Wenn Stefan und John könnten, würden sie sich auch häufiger im Phantasialand in Brühl aufhalten. Aber der Heidepark liegt nun einmal näher an Bremen dran. Die Liebhaber von rasanten Karussells und Achterbahnen verweilen nicht nur zum Tagesaufenthalt in Soltau, der Heidepark bietet auch Übernachtungsmöglichkeiten, die beide bzw. alle drei auch schon genutzt haben. Und wenn es nach Stefan geht, sogar bis zu 50x pro Saison; dass haben die Hanseaten vor ein paar Jahren geschafft. Wenn die Familie aber das Fernweh packt, dann geht es im Urlaub auch mal gerne in die USA. Simone, die bei dem Trip, den Stefan und John (für ihn die erste Reise in die Staaten) in diesem Sommer nicht dabei war, schätzt vor allem das Freiheitserlebnis in dem Land.
Natürlich haben alle auch einen Blick auf die Politik im Land und auf der Welt, sogar John schaut den Regierenden gerne mal genauer auf die Finger. Politisch soll der Vlog aber auf gar keinen Fall werden. Die Zuschauer sollen weiter auf leichte Art unterhalten werden. So verlief unsere Unterhaltung auch, als Vorbereitung für diesen Artikel und für den Vlog von Stefan und John. Leicht und entspannt, bei einer ganz gewöhnlichen Familie aus Bremen.
Gewöhnlich? Nun, ich wollte das Geheimnis herausfinden, weshalb Menschen wie du und ich mit so einer simplen Idee so einen Erfolg beim Publikum hat. Als ich Stefan, John und Simone zuhause besucht habe, öffneten sie die Tür, genauso wie derzeit täglich beim Adventskalender. Aber sie öffnen einem gegenüber auch ihr Herz. Jeder einzelne versprüht ein Niveau von ehrlicher und gut gemeinter Hamonie. Das merkte ich sofort, aber dass kommt auch bei den Zuschauern an. Von diesen Menschen braucht es in jedem Fall mehr, gerade in der jetzigen Zeit tut einem das richtig gut.
Fotos & Text.: Hari Januschke