Als Erstes möchte ich bemerken, dass ich nicht zu den Leuten gehöre, die bisher sonderlich viel Spaß auf Sportplätzen hatten. Aber manche Dinge können sich ändern. Das 21. Neuenkirchener Open Air wurde am 9. Juli .2016 standesgemäß vom Organisator Klaus Bochow mit nur leichter wetterbedingter Verspätung eröffnet.
Der Opener des Abends war Grillmaster Flash, ein nicht komplett austrainierter Musiker aus Bremen-Blumenthal, den ich gerne als norddeutschen Fredl Fesl bezeichnet hätte – wenn sich noch irgendjemand an Fredl Fesl erinnern würde. Der Grillmaster zeichnet sich durch echte Rampensauqualität aus, die ihm über den einen oder anderen Text- oder Riffaussetzer hinweghelfen.
Auf der anderen Seite ist noch immer Happy Hour an den Bierständen, das tut der, doch eher textbasierten Performance nicht wirklich gut. Lieder wie „Bud Spencers Bart“ werden trotzdem gerne mitgesungen.
Die erste Band des Abends sind The Eternal Spirit, angekündigt als eine Brit-Pop Band aus Bremen. Wenn man denn ein Etikett braucht, funktioniert dieses eigentlich ganz gut. Der Anteil an jungen Zuhörerinnen vor der Bühne steigt deutlich an. Das liegt nicht ausschließlich an der Musik, obwohl die durchaus tanzbaren Songs mit ihren teilweise melancholischen Texten ankommen. Aber hier hört auch das Auge deutlich mit.
Sänger Kai lässt auch in puncto Performance nichts zu wünschen übrig. Erstaunlicherweise fängt die erste Bühnenreihe plötzlich geschlossen an zu einem langsameren Song zu schunkeln. Das hätte es früher nicht gegeben.
Auch bei Misha Kapa, zwei Russen aus Bremen, kriegt das Auge etwas geboten. Sowohl die sympathische Kleinlaster-Bühne die einen schönen Kontrast zum großen Bühnencontainer bildet, als auch die Beschäftigung eines eigenen Mixers (im Hintergrund), zeugt von Professionalität. Und der Russian Accordeon Powerstyle der mit ihnen von Sibirien nach Bremen gezogen ist, ist extrem tanzbar und überbrückt die Umbaupause auf Schönste.
Eine gute Einstimmung für Radio Havanna aus Bremen. Klassischer Punkrock der den Nerv des inzwischen deutlich zahlreicher gewordenen Publikums trifft. Besonders hervorheben möchte ich eine exzellente Coverversion des Prinzen-Titels „Alles nur geklaut“, die den gesamten Sportplatz einschließlich der Bierstände zum Mitsingen bringt.
Korrekte Texte, mitreißende Performance und Punk der alten Schule, der zum Mitmachen einlädt – diese Band möchte ich hiermit in aller Form weiterempfehlen. Weiter so.
Eigentlich sollte nun Grillmaster Flash die Umbaupause überbrücken, das funktioniert aber nicht, weil die Bühne umgebaut werden muss (seufz). Es wäre hier vielleicht sinnvoller gewesen, die Kleinlasterbühne von Misha Kapa zu nutzen. Dazu kommt, dass aufgrund der weiten Anreise Paddy and the Rats noch einen kompletten Soundcheck hinlegen müssen. Und das auch in aller Ausführlichkeit tun. Dann kommt der Grillmaster aber doch noch, wenn aufgrund der eingetretenen Verzögerung mit einem stark gekürzten Auftritt.
Dieser bringt das Publikum aber tatsächlich in Laune und leitet ohne weitere Verzögerung über zu Paddy and the Rats. Die Celtic-Punk Band aus Ungarn (woher sonst?) erfüllt alle Erwartungen. Ein charismatischer Sänger, ein durchgeknallter Akkordeonist und viel Tempo mir irischen Wurzeln, hier kommt echte Festivalstimmung auf. Seit geraumer Zeit hat auch das ständige Geniesel aufgehört und es ist jetzt ein angenehm entspannter Sommerabend.
Die Nähe zu Bands wie den Dropkick Murphys oder Flogging Molly ist deutlich spürbar. Sollte es irgendeinen ungarischen Einfluss geben, kann ich den zumindest nicht identifizieren. Nach Csardas hört sich das auf jeden Fall nicht an. Das Publikum tanzt und das ist die Hauptsache.
Den Abschluss des Abends bilden Stepfather Fred aus Mindelheim im Allgäu. Die Band bezeichnet ihre Musik als „Heavy Alternative Rock“. Passt. Auf jeden Fall ist es laut und energiegeladen und hat einen mächtigen Bums, wie man so sagt. Inzwischen ist es ganz schön spät, aber die Jungs wecken einen wieder auf.
Auf alle Fälle ein würdiger Akt um den Abend abzuschließen. Ich mache mein fortgeschrittenes Alter verantwortlich, dass wir noch vor dem letzten Song das Festival verlassen. An der Show liegt es definitiv nicht. Mit vernünftigem Sound im Ohr machen wir uns auf den Weg zurück nach Freistatt. Vielen Dank an die Organisatoren und Helfer, die dieses kleine aber extrem gut gemachte Festival nun schon das 21. Mal zum Rocken gebracht haben.
Wir kommen nächstes Jahr gerne wieder, wenn wir dürfen. Ich kann eben doch Spaß auf Sportplätzen haben.