Die von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel (VBS) hatten am Mittwoch zum Nachtreffen zur Fachtagung „MitWIRken verändert“ nach Bielefeld eingeladen (Die Fachtagung „MitWIRken verändert“ fand Anfang Oktober 2015 statt und sollte damals Wege für ein besseres Mitwirken der von Bethel betreuten Menschen aufzeigen).
Beim diesjährigen Treffen ging es um die zentralen Fragen:
- Wo stehen wir heute?
- Was läuft gut?
- Was läuft bisher nicht so gut?
… die nachmittags in Einzelgruppen bei jeweils zwei Durchgängen von sechs „Themeninseln“ diskutiert wurden:
- Kontakt – Freundschaft – (Liebes-) Beziehung
- Digitale Teilhabe
- Zusammen leben in Wohngruppen
- Freizeit und Bildung – in der Stadt / auf dem Land
- Interessenvertretungen
- Arbeit und Beschäftigung
… Programm und Übersicht der „Themeninseln“
Nach einem ersten Kennenlernen und Wiedertreffen im Café der Alten Schmiede lud das Moderations-Team Nikola Puls-Heckersdorf und André Sauer zum Eröffnungsplenum der Veranstaltung ein. Prof. Dr. Günther Wienberg, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel (VBS) informierte zuerst über die Pläne der VBS zur Weiterentwicklung der Interessenvertretung. Dazu wollen die VBS „Beiräte“ (bzw. Expertengremien) zu bestimmten Themen einrichten, die aus Klientinnen / Klienten und Mitarbeitenden und anderen Fachleuten bestehen sollen. Diese Beiräte sollen dann die VBS in Fragen zu ihrem Fachthema beraten. Eine probeweise Bildung solcher „Beiräte“ solle bei Interesse für jeden VBS-Stiftungsbereich möglich sein und in gemeinsamer Absprache dauerhaft etabliert werden.
Daneben sollten Interessenvertretungen für alle Bereiche der VBS gewählt werden, wenn es dort Klientinnen oder Klienten gibt, die sich wählen lassen wollen. Eine Unterstützung durch Mitarbeitende soll dabei auf Wunsch möglich sein. Dies gilt auch für Bereiche wie zum Beispiel die Wohnungslosenhilfe oder die ambulante Betreuung, für die es dazu noch keine gesetzlichen Vorgaben gibt.
Auch auf höheren Ebenen sollen Interessenvertretungen nach dem Vorbild des Gesamtwerkstattrates der Werkstatträte bei proWerk ausgebaut werden.
Zuletzt erläuterte Prof. Dr. Wienberg noch die Frage „Welches Thema gehört wohin?“. Das sei zuerst immer das Gremium, in dem über das betreffende Thema entschieden wird, in den meisten Fällen sind das die Leitungen der betreffenden Häuser oder Einrichtungen.
Anschließend gab es noch aktuelle Informationen zur später folgenden Arbeit an den sechs Themeninseln: Luise Turowski (eine der Geschäftsführenden von Bethel im Norden und Geschäftsführerin der Diakonie Freistatt) und Friederike Beuter erläuterten die Weiterentwicklung der Interessenvertretung in den verschiedenen Arbeitsfeldern und regionalen Teilbereichen Bethels. Für Bethel im Norden läuft dazu ein Projekt, bei dem insgesamt 20 Gespräche in Einrichtungen aus allen Arbeitsfeldern, in denen immer folgende Fragen erörtert werden:
- Was heißt Mitwirken?
- Was funktioniert dabei schon heute gut?
- Was funktioniert nicht so gut?
- Wie können wir Mitwirken fördern?
Heute – zur Halbzeit dieses Projekts – wird dabei deutlich, dass ein MitWIRken schon in einigen Bereichen gut funktioniert. An vielen Stellen wird aber auch noch ein Mehr an Informationen und Unterstützung gewünscht, um überall geeignete Gremien zur Mitbestimmung erfolgreich zu bilden.
Ein besonderes Thema seien Mitwirkungsmöglichkeiten im Arbeitsfeld „Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten“. Dort gibt es teilweise Hausbeiräte, Hausversammlungen oder einen „Runden Tisch“ für gemeinsame Diskussionen. In Freistatt gibt es die Möglichkeit bei der „Freistätter Online Zeitung“ mitzuarbeiten und das gerade neu organisierte „Sommercamp Freistatt“ (das künftig jedes Jahr als Wohnungslosentreffen stattfinden soll). Eine Interessenvertretung der Wohnungslosenhilfe Freistatt gibt es bis jetzt allerdings nicht.
Danach berichtete Melissa Henne von der VBS-Stabsstelle Unternehmensentwicklung über das Thema „Partnerschaft, Liebe und Sexualität“. Es seien keine Tabu-Themen sondern wichtige, lebensbedeutsame und schöne Bereiche im Leben aller Menschen, auch wenn ein Reden darüber manchmal schwer falle. Bethel biete dazu viele Informationsangebote, wie z. Bsp. Frauen- und Männer-Treffs, Einzelberatungen, Workshops im Internet / PIKSL-Labor, Frauenbeauftragte, Kooperation mit Pro Familia und Medienverleih in der Zentralen Bibliothek. Auch werde die Gründung einer Fachgruppe angestrebt, um diese Angebote auszubauen und bekannter zu machen.
Danach kam Melissa Henne zum Thema „Digitale Teilhabe“, das für die VBS künftig deutlich forcieren möchte. Dazu sollen langfristig in allen Häusern Bethels WLAN-Router eingebaut werden, die dann eine Verbindung mit dem Internet für alle Computer, Handys oder Touchpads ermöglichen werden. Für den Zugang zum WLAN (drahtloses lokales Netzwerk – englisch: Wireless Local Area Network) sollen geeignete Regelungen gefunden werden, die gesetzliche Vorgaben und Datenschutzbelange berücksichtigen, aber auch dafür sorgen sollen, dass niemand verbotene Dinge im Internet tue.
Mit der Einführung dieser Technik soll aber auch Unterstützung und Rat angeboten werden, wie Computer, Smartphone und andere Geräte genutzt werden können. Dabei sollen auch Mitarbeiter helfen, die dazu aber in den meisten Fällen geschult werden müssen. Dies soll in Zusammenarbeit mit dem PIKSL-Labor erfolgen, das schon länger Kurse zu Computernutzung und Internet anbietet und für alle Menschen in Bethel da sei.
Ein besonderer Bereich in Bethel sei auch noch die Zusammenarbeit mit Forschern der Universität. In verschiedenen Projekten zur Weiterentwicklung digitaler Produkte zur Unterstützung im Alltag vieler Menschen könne diese Technik ausprobiert werden. Rückmeldungen über gutes Funktionieren oder eigene Verbesserungsvorschläge der Nutzer helfe den Forscher*innen dann bei ihrer weiteren Arbeit. Als Beispiele gebe es „KogniHome“, eine Wohnung mit Hilfe im Alltag; „KOMPASS“, ein Assistent, der den Tag seines Nutzers mitplane; „ADAMAAS“, eine Brille, die zeigt, wie etwas geht; „Mobile“ Hilfe im Straßenverkehr.
So soll also einerseits der Zugang aller Menschen zu bestehender Technik verbessert werden und die Möglichkeit zur Nutzung neuer Technik soll bei Bedarf gefördert werden.
Zum nächsten Thema „Arbeit und Beschäftigung“ informierte Martin Henke, der Geschäftsführer im Stiftungsbereich proWerk der VBS. Die Betriebe Bethels schaffen einerseits weiter neue Arbeitsplätze, versuchen aber auch in den normalen Arbeitsmarkt zu vermitteln (bei 10 Menschen der WfbM sei das 2016 bisher gelungen).
Bestehende Entgeltordnungen werden dieses Jahr überarbeitet, wobei der „Fachausschuss Arbeit“ bei Beratung und Prüfung hilft. Ziel dabei ist besonders Verständlichkeit, Vergleichbarkeit und leistungsgerechte Bezahlung (die leider immer durch Kürzung von Sozialleistungen „bedroht“ ist). Ansehen und Respekt für die Arbeit sei also ein Thema zur Diskussion in der gesamten Gesellschaft.
Zuletzt sprach dann Michael Conty, Vorsitzender der Geschäftsführung von Bethel.regional, zum Thema „Wohnungen“, das als immer wichtigeren Punkt auch „bezahlbaren Wohnraum“ betrifft. Bethel werde auch weiterhin Wohnraum schaffen, was aber über Grundstücksuche, Planung, Genehmigung bis zum eigentlichen Wohnungsbau eine sehr langfristige Aufgabe sei.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen in der Neuen Schmiede ging es dann mit zwei Durchgängen an den Themeninseln weiter. In jeder dieser Runden wurden Anregungen zum Thema gesammelt und diskutiert.
Abschließend gab es dann wieder im großen Plenum zusammenfassende Berichte von allen Themeninseln für alle Besucher*innen. Die Vertreter*innen von VBS-Vorstand, Geschäftsführung, Regionalleitung und Bereichsleitung versprachen, sich mit den diskutierten Punkten auseinanderzusetzen um das Thema „MitWIRken“ weiter voranzubringen und alle Interessenvertretungen zu stärken. Wir werden euch diesbezüglich auf dem Laufenden halten.
Für einige besondere Themen, wie in erster Linie der Bereich „Digitale Teilhabe“ sollten neue Beiräte geschaffen werden, in denen weitere Vorschläge entwickelt werden sollen. Der Ausbau der Internet-Infrastruktur in den einzelnen Einrichtungen und Häusern ist eines der Ziele, die der Vorstand als wichtig und vordringlich wahrnimmt.
Frau Turowski wies an dieser Stelle darauf hin, dass sie freudig überrascht war, wie viele kleine Vernetzungen, Unterstützungen und Initiativen in diesem einen Jahr schon auf den Weg gebracht werden konnten.
Zuletzt gab es noch einen musikalischen Abschied und Reisesegen, mit dem Doris von Haebler mit der Posaunenmission mit Chor und weiteren Menschen aus Bethel die Besucher*innen verabschiedete.