Im Gegensatz zum Eröffnungstag begann Teil II des Burnout-Festivals in Nienburg bereits in der Mittagszeit. Die Festivalplaner hatten hier eine tolle Idee. Im Gegensatz zu vielen anderen Festivals, bei der mitunter auch schon in der Mittagszeit gestartet wird, hattten die Verantwortlichen ein Einsehen mit den Langschläfern, und starteten statt mit hartem Rock mit einem Singer-Songwriter Block. Da wir zwischendurch auch mal schlafen müssen, hatten wir bei unserer Ankunft die erste Band, Curious Minds, leider schon verpasst. Entschuldigung dafür, wir holen das bei nächster Gelegenheit nach.
Aus Hannover reiste Till alias Catch:Firefly an. Ein Mann, eine Stimme, eine Gitarre – und mehr nicht. Und das reichte auch, denn der Künstler hatte eine ganz sanfte Art, das Publikum aus dem Schlaf zu singen. Er singt viel von Trauer, aber mit viel Hoffnung. Er kam als Mann wie ein Bär, und wurde schnell zum Kuschelbär. Ein runder, aber ganz sympathischer Auftakt.
Dem MSV Duisburg ergeht es in der 2. Fußball-Bundesliga derzeit ja nicht so gut, sie krebsen im Grau des Tabellenkellers umher. Buntes kam dennoch aus der rheinischen Stadt, Die Krauses lobten während ihres Auftritts ihre Heimatstadt mehrfach. Wer in Duisburg ist, dem fallen auf jeden Fall die vielen Trinkhallen an vielen Straßenecken auf. So nennt das geschwisterliche Quartett auch ihren Stil, Trinkhallen-Punk. Das ist verständlich, genauso wie ihre deutschsprachigen Texte. Andere würden es deutschen Oldschool-Punk nennen. Trifft beides zu. Oftmals wurde auch die Strassenbahn Duisburgs gelobt. Ist wohl auch besser sie zu nutzen, wenn man länger an der Trinkhalle stand. Warum in Duisburg augenscheinlich hauptsächlich Paderborner getrunken wird, erschloss sich uns auf Anhieb allerdings eher nicht. Könnte eine Preisfrage sein.
Lukas, Sven, Simon und Niklas aus Hannover sind seit einem Jahr von dem überzeugt, was sie tun. Ihre Mission unter dem kreativen Bandnamen Modell Bianka ist Liebe zu verbreiten und Hass zu bekämpfen. Edith Hancke wäre sicherlich stolz auf die vier, denn "Modell Bianka" hieß 1951 auch ein DEFA-Spielfilm, in dem sie mitwirkte. Die Band gilt als sehr fleißig, das Resultat ist ehrlicher und handgemachter Sound, der irgendwo zwischen Alternative und Punk schwebt. Sie selbst nennen es Lovepunk. Auch gut.
Wer sich im Freistilringen ein wenig auskennt, der weiß, das Catch As Catch Can ein stilistischer Griff ist, der so ziemlich alles erlaubt. Klingt rau, genauso rau wie der Garagenrock jener gleichnamigen Band aus Kassel. Keiner der vier Bandmitglieder lebte bereits in den 60er Jahren; dennoch präsentieren sie ihre Sicht, wie sie das wilde Jahrzehnt sehen. In jedem Fall bunt, und mindestens genauso rebellisch, wie der ein oder andere 1968 so drauf war. Der guten Laune in Nienburg hat es nicht geschadet und stellenweise fühlte man sich tatsächlich an sonnigere tage erinnert.
Einige der Bands hätten bequem eine Fahrgemeinschaft bilden können, den mit Boy Adam stand der dritte Act aus Hannover auf der Bühne. Brachialer Hardcore trifft auf ein ein wenig Indie. Und dazu boten die vier aus Niedersachsens Hauptstadt auch noch eingängige Refrains. Seit gut einem halben Jahr ist das erste Album draußen das wurde beim BurnOut 2018 musikalisch kräftig beworben und auch gefeiert.
Der frühe Abend wurde mit einem lautstarken Quartett eingeläutet. Territion aus Kiel wissen, musikalischen Lärm unterhaltsam zu verbreiten. Sie haben sich der Regen-Party des Burnout Festivals 2018 nicht nur angepasst, sie haben gleich ihr fünfjähriges Bühnenjubiläum mitgefeiert. Ihre halbe Stunde mit schnellem Grindcore verflog genauso schnell wie die eingestreuten Up-Tempo-Nummern der Band. Die Bezeichnung "Romantic Grindcore" die Sänger Stefan für die eigene Performance verwendete, fanden wir allerdings so lustig, dass wir noch auf der Heimfahrt darüber lachen konnten. Territion bedeutete im Mittelalter übrigens das Zeigen der demnächst anzuwendenden Folterinstrumente in Rechtsprozessen. Super.
Kritiker, aber auch die Band Mudhead selbst, beschreiben ihren Musikstil ein wenig als asozial. Getreu dem Motto, wir machen das, was wir können, zeigen dabei nicht auf Weltverbesserer oder Politikern. Zur Abendbrotzeit betrat das Quartett genau mit dieser Absicht die Bühne. Es ist dabei nicht immer einfach, Probentermine zu vereinbaren, denn die Mitglieder wohnen allesamt in Norddeutschland verstreut. Nichtsdestoweniger kam der Auftritt authentisch und überzeugend rüber.
Umstrittenes folgte nun aus Asendorf – zumindest wenn man den Bandnamen Controversial ins Deutsche übersetzt. Das Quintett spielt seit 5 Jahren Technical Death Metal, und haben schon Auftritte u.a. in Köln und in München gefeiert. In ihren Texten kritisieren sie oftmals den menschlichen Verstand, es geht aber auch um die Unsterblichkeit an sich. Also eher einfache Themen. Wir hatten ja schon öfter das Vergnügen über Controversial schreiben zu können und ähnlich wie bei anderen Bands ist auch hier eine kontinuierliche Steigerung zu erkennen. Weiter so. Gerne öfter.
Wer das Programm nur überflogen hat, der hat möglicherweise geglaubt, die Dire Straits wären zu Gast in Nienburg. Denn laut Fahrplan waren als nächstes Brothers In Arms dran. Damit war aber weder das gleichnamige Album oder die Cover Band der Weltstars gemeint, sondern die gleichnamige Metal Band aus Hamburg. Mit Selbstironie, Spaß und einer gesunden Aggressivität bieten die Fünf aus der Hansestadt einde mitreissende Bühnenshow, die den seit gefühlten 10 Stunden fallenden Regen komplett ignoriert. Da wagt sich auch das ohnehin schon nasse Publikum zwischendurch ins Freie und feiert mit. Sicherlich eines der Ereignisse des diesjährigen Burnout.
Bei Westerwald denken die meisten sicherlich an Erholung, an eine schöne bewaldete Gebirgslandschaft. Weniger an Death Metal in der Version von Obscure Infinity. Bereits seit 11 Jahren treten die 5 auf, und haben die ein oder andere gesprengte Bühne schon hinter sich. Dieses Mal war Nienburg an der Reihe, um mit Höhepunkten aus ihren bislang 8 veröffentlichten Alben als Headliner die Weser zu rocken. Und das hat dann auch prima geklappt. Vom immer noch nervenden Wetter mal abgesehen. Inzwischen war es dank untergegangener Sonne nicht nur nass, sondern auch kalt. Death Metal Wetter eben. Entweder dir wird warm oder du bist deprimiert. Funktioniert beides.
Den Schlusspunkt des Burnout Festivals 2018 setzten waschechte Westfalen. Tyler Leads reisten für dieses Spektakel extra aus Recklinghausen an. Ihre geliebte Heimatstadt müssen die Fünf dank ihrer Liebe zum Heavy Rock seit ihrer Gründung seit 2016 öfters den Rücken kehren. Sie sind Freunde der Live-Musik, und haben sich in ihrer knappen Karriere hart erarbeitet, wie zahlreich gewonnene Talentshows beweisen. Dass diese Gewinne nicht zufällig waren, bewiesen sie in Nienburg. Tolle Performance. In der Mitte des Auftritts haben wir trotzdem wegen drohender Unterkühlung die Heimreise nach Freistatt angetreten.
Das war das erste Burnout Festival, das wir mitgemacht haben, wo das Wetter nicht mitgemacht hat. Also ignorieren wir den kleinen Ausreißer und freuen uns tüchtig auf das Burnout 2019, welches auch dann wieder den Festivalsommer für uns beschließen wird. Ab hier geht es Indoor weiter, nämlich mit dem ersten JoZZ-Konzert nach der Sommerpause am 6. Oktober.