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GWD siegt mit 30:26: Wenn doch jeder Spieltag ein Oster­sonntag wär

Komm mit mir ins Aben­teu­er­land“ – mit diesen Worten landete die Popgruppe Pur in den 90er Jahren einen klas­si­schen Ohrwurm. Das war nicht der einzige Hit der Band, die Gruppe um Hartmut Engler avan­cierte in ihrer Chart-träch­tigsten Zeit zu einem starken Export­schlager der Stadt Bietig­heim-Bissingen. Der Song selbst erzählt, wie Kinder­augen die Welt sehen und wie man als Erwach­sener genau diese Sicht verlernt hat. Es hat also nichts damit zu tun, sich selbst auf eine Reise zu begeben, und nicht zu wissen, was einem auf einer Reise so alles wider­fahren kann.

Obwohl – solche Aben­teu­er­fahrten hat jeder schon erlebt, und sicher­lich auch der ein oder andere Bewohner aus Bietig­heim-Bissingen. Oder die Spieler von GWD Minden. Sieht man die Ausflüge aus der Sicht eines Leis­tungs­sport­lers, so wird der Inhalt aus dem Pur-Song mit Sicher­heit wieder spürbarer. Wer weiß das aktuell besser als die Profis und die Fans des Handball-Bundes­li­gisten SG BBM Bietig­heim. Vor vier Jahren durfte der Verein bereits Erstliga-Erfahrung sammeln, stieg aber chan­cenlos im Konzert der Großen direkt wieder ab. Seit dem vergan­genen Sommer gehören die Schwaben wieder zu den 18 Vereinen der Bundes­liga. Aller Voraus­sicht nach wird diese Fahrt ins Aben­teu­er­land aber wieder mit der Rückreise in die zweite Liga enden.

Mehr noch – bislang endeten sämtliche Auswärts­fahrten sieglos. Am Oster­sonntag unter­nahmen die tapferen Aufsteiger einen erneuten Versuch und reisten zu diesem Zweck nach Ostwest­falen. Der gast­ge­bende Verein, dessen Mann­schaft bei früh­som­mer­li­chen Tempe­ra­turen seinen Ausflug bequem mit dem Fahrrad absol­vieren konnte, hatte vor dem Fest genau das umge­kehrte Problem. Sämtliche Auftritte der GWD Minden in der heimi­schen KAMPA-Halle endeten im Jahr 2019 leider punktlos. Es gab zwar bereits einige Siege in diesem Jahr, jedoch keinen vor eigenem Publikum.

Am 27. Spieltag kam es so zu einem weiteren Versuch. Gemeinsam mit über 2.200 Zuschauern, die trotz des Wetters ihren Grill­nach­mittag auf den Abend verlegt hatten, sollte es nicht nur wegen des Feiertags ein fest­li­cher Nach­mittag werden. Das Publikum brachte gute Laune, ein sonniges Gemüt, aber auch eine enorme Erwar­tungs­hal­tung mit. Bevor es losging, wurde sowohl vor, aber auch in der Halle österlich für die ganz jungen Besucher einge­stimmt. Mit einer Eiersuche und Gewinn­spielen jeglicher Art stieg die Fest­tags­laune weiter an.

Das Spiel selbst war nun weniger ein Fest, es endete aber aus Sicht der GWD mit 30:26 – also endlich einmal wieder mit 2 Heim­punkten. Dankersen startete stark, sehr stark sogar, und genau das war die Grundlage für die erste KAMPA-Hallen‑Party des Jahres. Denn erst als der Bietig­heimer Rückstand nach 20 Minuten auf 7 Tore ange­wachsen war, erin­nerten sich deren Spieler an den Grund für ihre knapp 400 km lange Anfahrt. Denn die Ergeb­nis­tafel machte für sie das drohende Abstiegs­ge­spenst wieder sichtbar. So begannen die Süddeut­schen doch noch, dem GWD Paroli zu bieten. Die Mindener ließen sich für einen Moment drauf ein, und der Vorsprung begann zu schmelzen.

Das es letzt­end­lich doch für einen GWD-Sieg gereicht hatte, lag vor allem am Teamgeist, der gerade in der 2. Hälfte an den Tag gelegt wurde. Es tat so gut, endlich mal wieder strah­lende Gesichter in Grün-Weiß zu sehen. Dem Publikum, den Verant­wort­li­chen und den Spielern erst recht. Der Jubel hatte jedoch nichts über­schweng­li­ches, eher waren wohl alle darüber erleich­tert, dass der Punkte-Abhol­ser­vice in der KAMPA-Halle für anrei­sende Gäste­teams ein Ende nahm. Sicher­lich jubelten die meisten auch aus Rücksicht auf die sportlich bedroh­liche Situation des Gegners nicht all zu überschwenglich.

Das gab auch Dalibor Doder nach dem Spiel zu. Über­trieben zu jubeln, wenn der Gegner depri­miert ist, das wäre zu grausam. Die Realität der SG BBM sieht aber genauso aus, denn mit jeder weiteren Nieder­lage wird ein Erst­li­ga­ver­bleib der Süddeut­schen immer unwahr­schein­li­cher. Manch ein Mindener sah auch die GWD in den letzten Wochen Richtung Abstiegs­kampf wandern. Doch dieses böse Wort wollen wir ganz schnell wieder vergessen, denn dieser kurz entstan­dene Alptraum ist mit diesem Sieg rech­ne­risch zerplatzt.

Nach dem Spiel befragten wir einige Spieler, welche Erin­ne­rungen sie mit dem 1. Advent 2018 verbinden. Alle wussten es nicht mehr ganz genau, aber es war der Tag des letzten Heimsiegs vor dem Oster­spiel. Danach musste GWD 20 Wochen Geduld aufbringen bis zum heutigen erneuten Heimsieg. Mit der Hoffnung, nicht wieder so lange warten zu müssen, wünschen wir dem Verein bei drei noch ausste­henden Heim­spielen einen dem folgenden  Wonne­monat ange­mes­senen Saisonausklang.

Text und Fotos: Hari