Das Wohnungslosentreffen Freistatt 2017 hatte einen hochinteressanten Literaturabend zu bieten. Den Veranstaltern ist es gelungen, den 38-jährigen Max Henninger zu einer spannenden Buchpräsentation nach Freistatt ins Haus Wegwende einzuladen. „Armut, Arbeit, Entwicklung“ heißt sein Erstlingswerk, das am 20. Januar erschienen ist. Zu der Lesung erschienen die Besucher mit entsprechender Erwartungshaltung.
Max Henninger liest, und jeder kennt plötzlich Operaismus
Dabei ist Henninger rein zufällig Schriftsteller geworden, und eigentlich will er es auch gar nicht sein. Der Berliner wirkt lediglich als Übersetzer und Ideengeber für Bücher mit vornehmlich politischen Inhalten mit. Das erklärt aber noch nicht, dass es etwa 8 Jahre gedauert hat, bis er diese Première verwirklichen konnte.
Henninger stand nach eigenen Worten unter dem Eindruck der internationalen Bankenkrise im Jahr 2008. Zu diesem Zeitpunkt begann er, sich gezielt mit politischen Strömungen der Historie und deren Auswirkungen zu befassen. Dabei setzte er sich kritisch mit den Theorien von Karl Marx auseinander, sowie mit diversen globalen Finanzkrisen.
Verstärkt untersuchte er jedoch die linksradikalen Strömungen in Italien. Insbesondere mit den Arbeiterbewegungen zwischen den 60-er und 70-er Jahren, die damals unter dem Namen „Operaismus“ in die Geschichte eingingen. Nicht jedem Anwesenden war Operaismus ein Begriff, dem Henninger einige Kapitel widmete. Abgeleitet vom italienischen „operaio“ für Arbeiter, initiierten seinerseits junge Norditaliener einen Arbeitskampf, um der damals kriselnden Kommunistischen Partei die Stirn gegen deren Beschäftigungsprogramm zu bieten. Wichtige Vertreter der Bewegung, unter anderem Mario Tronti, verwirklichten großflächige Streiks, um den Kopf aus der Schlinge des Kapitalismus zu ziehen.
In der anschließenden Diskussionsrunde mit dem Autor kamen Fragen über die Bedeutung und Wirkung von Bewegungen auf, die die heutige Armut in unserer Gesellschaft anprangern. Danach, ob bei der heutigen Vielzahl von Unzufriedenen nicht auch eine angemessene Aufmerksamkeit erreicht werden könnte. Oder ob angesichts der knappen Mittel der Betroffenen und des Risikos eines Scheiterns eher Mutlosigkeit der Betroffenen bestehe und eine effektive Bewegung verhindert werde.
In der kontroversen Diskussion hatte Max Henninger durchaus Verständnis für die Zweifel einzelner Besucher, machte aber auch deutlich, dass es sehr wichtig sei sich zu organisieren – um wirklich etwas zu verändern. Die Veranstaltung dauerte so deutlich länger als geplant, ohne das dabei Langeweile aufkam.
Festzuhalten ist in jedem Falle, dass auch wohnungslose Menschen sich mit dem geschriebenen Wort auseinandersetzen können. Es ist daher die Aufgabe der Gesellschaft und der Politik, bei Reichtum und Armut keine Unterschiede in Kunst und Kultur zu machen. Nur das verbindet.
Buchcover: Mandelbaum Verlag – Max Henninger – "Armut, Arbeit, Entwicklung"