Visbek Rockt Open Air 2018 - 26.05.2018

Visbek Rockt – Die Festival-Saison ist eröffnet

Es war amtlich warm und ein tolles Festival, das Visbek Rockt Open Air 2018. Soviel vorweg. Ich bitte jetzt schon zu entschul­digen, dass der Text zu den einzelnen Bands eher kurz ausfällt, aber bei 13 unter­schied­li­chen Auftritten an einem Tag ist für ausführ­liche Betrach­tungen einfach nicht genug Platz. Beginnen wir aber, wie sonst auch, am Anfang.

Den machten Einvach Follgas aus Molbergen im Landkreis Clop­pen­burg. Die junge Rock-Coverband, die gerne auch mal ein wenig Rythm' and Blues spielt, zeichnet sich durch eine veritable Bläser­sek­tion und eine sehr sympa­thi­sche Sängerin/Bassistin/Keyboarderin aus. Wenn man als erstes Lied ein Blues Brothers Cover hört, kann der Tag ja schon mal nicht so schlecht werden. Schöner Auftakt und ich hoffe dass sich die Band an ihren  Vorsatz halten konnte. Auf der Bühne sagten sie nämlich, sie würden gerne als erste Band auf einem Festival spielen, da könnten sie hinterher in Ruhe den Anderen zuhören und Bier trinken. Bei den Temperaturen…

Die große Bühne wurde von 8Kids aus Darmstadt eröffnet. Für die drei Musiker ist das der Auftakt einer veri­ta­blen Tour bei der das Hurricane in Scheeßel wohl einer der Höhe­punkte sein dürfte. Harte Rockmusik mit durchaus nach­denk­li­chen Texten und gerade soviel geschrieenem Pathos, dass es einen mitnimmt. Das Album "Denen die wir waren" dazu gibt es seit kurzem auf Napalm Records. Schon aufgrund des Album­ti­tels, habe ich mir vorge­nommen dann doch tatsäch­lich mal die Texte zu lesen. Warum die Band heisst, wie sie heisst? Keine Ahnung.

Weiter geht es mit Honey­truck, inzwi­schen guten Bekannten aus Wildes­hausen. Musi­ka­lisch und perfor­mance­tech­nisch immer wieder ein Erlebnis. Kauft euch einfach die CD! Viel­leicht kann ich mir irgend­wann auch mal die anderen Band­mit­glieder neben Angelika merken. Sorry Bernd, ich geb mir Mühe. Ange­sichts der Tempe­ra­turen muss man einfach sagen, dass sich Sängerin Angelika und auch der Rest der Band (Niko, Bernd, Sebastian und Immanuel – ich lern das jetzt auswendig) nicht schonen. Diese Energie bei dieser Hitze? Das gilt es erstmal nach­zu­ma­chen. Für die Wildes­hau­sener war es eigent­lich der letzte Gig einer Tour, aber am 14. Juli geht es beim Rock for Animal Rights in Sandstedt schon weiter. Und da sind wir natürlich auch wieder dabei.

Auf der großen Bühne standen praktisch direkt im Anschluss Antillec­tual aus Nijmegen. Solider hollän­di­scher Europunk, straight und mit viel Spaß vorge­tragen. Sie erwähnten kurz, dass es bei ihnen zuhause nicht so warm wäre. Glück­liche Nieder­lande. Mir und den anderen Foto­grafen drängte sich immer mehr die Furcht vorm Hitz­schlag auf. Freude gemacht hat das Trio trotzdem. Gerne wieder. Auch bei nicht so viel Sonne.

In Visbek gingen die Wechsel Schlag auf Schlag. Das hatte etwas sehr span­nendes aber im Laufe des Abends hätte man sich tatsäch­lich auch mal eine Vier­tel­stunde Pause  gewünscht. Die wollte einem Shirley D. Pressed aus Hamburg aber definitiv nicht gönnen. Mit einer kraft­vollen und sehr sympa­thi­schen Show rockten Shirley D. Pressed die kleine Bühne. Mal melodisch, mal hart aber immer erfri­schend oldschool – klasse Auftritt. der Hamburger Punkband. Hier hab ich übrigens tatsäch­lich mal nach dem Namen gefragt; meine erste Vermutung, dass Shirley nicht auf die Bühne kommt, weil es ihr eben nicht gut geht, stellte sich schnell als unwahr heraus. In Wirk­lich­keit stammt der Bandname, wie so oft, von einem Songtitel einer längst verges­senen Band. Die Jungs fanden meine Erklärung des Namens aber wenigs­tens besser als ihre. Bis zum nächsten Mal und Grüße ans Saarland (der der's verstehen soll, versteht's).

Die Einen gerade vorbei, die Nächsten standen schon parat. An Bier trinken war sowieso ange­sichts der noch immer tropi­schen Tempe­ra­turen nicht zu denken, man wäre aber auch gar nicht dazu gekommen. Wenigs­tens gab es Wasser umsonst. Duschen wären noch schöner gewesen. Der obli­ga­to­ri­sche Festival-Wasser­schlauch ist, wenn man eine Kamera in der Hand hat, jetzt nicht so zu empfehlen. Für die Zuschauer, die inzwi­schen doch recht zahlreich das Gelände in Visbek bevöl­kerten, aber immer wieder eine will­kom­mene Erfrischung.

KMPFSPRT (viel Spaß beim Ausspre­chen) sind eine Kölner Punkband, die mit (Post-)Hardcore Punk und deutschen Texten mit klaren Ansagen punktet. Schnell, hart, wütend und das zu Recht fällt mir dabei ein. Im Laufe des Festi­val­som­mers werden sie unter anderem beim Southside und beim Deich­brand auftreten, Visbek Rockt wird da gerne als Warm-Up mitge­nommen. Scherz beiseite, das neue Album GAIJIN hört sich prima an und läuft wohl auch ganz gut. Vom Visbeker Publikum wurden sie auf jeden Fall gefeiert. Weiter so!

Auf der kleinen Bühne ging es nun mit Mount Atlas weiter. Die Olden­burger verweben geschickt eigene Songs mit publi­kums­freund­li­chen Cover­ver­sionen und bringen einen schnell zu der Frage, warum die Hammond-Orgel eigent­lich aus der Mode gekommen ist. Hört sich doch prima an. Und ist eine will­kom­mene Abwechs­lung zu dem ganzen Hardcore-Gedöns. Zwischen Doom-Metal und Rock der 70-ger finden sie ihren Sound und sind die erste Band bei diesem Festival, die ich mir auch im Auto noch anhören würde. Dabei sehen sie noch aus, wie eine Rockband eben aussehen muss. Nur der Name … ist halt ein Gebirge der Atlas. Kein Berg. Ich bin ja schon ruhig. Moment, ich wurde gerade eines besseren belehrt. Ist doch ein Berg. Na, gut.

Manchmal mag man Sachen und manchmal nicht und manchmal mag man Sachen auf Anhieb. So ging es mir mit Eskimo Callboy auf dem RELOAD Festival 2015 und so ist es mir auch mit der Essener Band To the Rats and Wolves in Visbek gegangen. mal abgesehen vom Sound, der mir erstaun­lich gut gefiel (obwohl ich den Begriff Trance­core nun wirklich nicht mag, ich bin halt schon alt) mag ich die perma­nente Abwechs­lung auf der Bühne, jeder bekommt die Möglich­keit zur Selbst­dar­stel­lung und es wird einfach keine Sekunde lang­weilig. Das Publikum tanzt und macht auch ansonsten jeden Unfug mit. Und zur Abwechs­lung hab ich auch keine Probleme mit dem Bandnamen.Für mich auf jeden Fall ein echtes Highlight. Gerne wieder.

Malcolm Rivers aus Münster bewegen sich klanglich irgendwo zwischen Metal und Hardcore und sorgen mit einem Ausflug des Sängers aufs Gelände für das erste amtliche Stage­di­ving des Tages. Inzwi­schen wird es Abend und es ist nicht mehr komplett zu heiss sondern nur noch zu warm. Also zumindest für meine Gewichts­klasse. Die Abwechs­lung zwischen großer und kleiner Bühne und auch den immer neuen Stil­rich­tungen klappt an diesem Tag hervor­ra­gend. Wenn das den Sommer über so bleibt, bin ich ein glück­li­cher Redakteur. Plat­ten­tech­nisch (aktuelles Album "Karma­geddon") ist das übrigens sehr ernst­hafte Musik, aber live ist es vor allem eine supergute Show.

Auf der großen Bühne macht sich nun der erste Headliner des Abends bereit: Mr. Irish Bastard. Wie es sich für eine anstän­dige Irish Folk Punk Band gehört, ist die Bühne gerammelt voll und auch von Beginn an praktisch ständig in Bewegung. In Visbek sind die Müns­te­raner immerhin zu siebt und haben das Publikum sehr schnell genauso im Griff, wie die zum Auftritt offen­sicht­lich dazu­ge­hö­renden verschie­denen Biere. Ist nach 5 Jahren Irland nicht mehr so ganz meine Musik, aber mit der Disco-Version von "Last Pint's on me" haben sie auch mich völlig abgeholt. Das inzwi­schen sehr tanz­freu­dige Publikum sowieso. Dank der langsam einset­zenden Dunkel­heit sieht das alles inzwi­schen auch licht­tech­nisch sehr schön aus. Für mehr Fotos guckt gerne mal auf unserem Flickr-Account vorbei.

Absturtz aus Wawerort sind die letzte Band des Abends auf der kleinen Bühne und spielen deutschen Punk mit hartem Beat und eben solchen Texten. Um die Band richtig zu würdigen, hätte ich mir ein bisschen mehr Licht auf der Bühne gewünscht, da stößt die zweite Bühne des Festivals nämlich jetzt ernsthaft an ihre Grenzen. Ich hoffe darauf, die Schleswig-Holsteiner mal auf einer Club-Bühne zu sehen, dass was mir im Gedächtnis geblieben ist hat mir ganz gut gefallen. Es ist jetzt aber auch schon spät.

Dachte ich. Und dann kamen Deserted Fear aus Thüringen (!) und ich war beim ersten Ton wieder hellwach. Für mich einer der Augen­öffner des Abends. Extrem wuchtiger und (erstaun­li­cher­weise eingän­giger) Death Metal, der einem am Ende des Abends noch einmal komplett die Gehör­gänge durch­pus­tete. Ich war schwer begeis­tert. Dazu kommt ein sehr anspre­chendes Bühnen­de­sign und eine Menge Haupthaar. Head­ban­ging mit kurzen Haaren sieht einfach nicht aus. Das war dann die zweite Band des Abends, die ich mir auch im Auto anhören würde. Für mich ist das ein wichtiges Kriterium.

Alltag auf dem Visbek Rockt Open Air 2018 - 26.05.2018
Alltag auf dem Visbek Rockt Open Air 2018 – 26.05.2018

Wie man sieht, war das Licht beim DJ-Duo Alltag doch schon sehr wenig vorhanden, deshalb hier nur der Versuch eines Bildes. Die beiden sorgten mit immer noch erstaun­lich viel Energie dafür dass sich die letzten Zuschauer noch amtlich müde tanzen konnten. Ich freute mich nach einem langen, lauten, heißen aber vor allem tollen Tag, einem würdigen Beginn der Festi­valsaison, vor allem auf mein Bett.

Danke an Visbek Rockt, das Musi­k­erforum Visbek e. V. und natürlich ebenfalls Danke an alle ehren­amt­li­chen Helfer und die fantas­ti­schen Bands. Und vielen Dank für die Einladung. Hat Spaß gemacht.