Es war amtlich warm und ein tolles Festival, das Visbek Rockt Open Air 2018. Soviel vorweg. Ich bitte jetzt schon zu entschuldigen, dass der Text zu den einzelnen Bands eher kurz ausfällt, aber bei 13 unterschiedlichen Auftritten an einem Tag ist für ausführliche Betrachtungen einfach nicht genug Platz. Beginnen wir aber, wie sonst auch, am Anfang.
Den machten Einvach Follgas aus Molbergen im Landkreis Cloppenburg. Die junge Rock-Coverband, die gerne auch mal ein wenig Rythm' and Blues spielt, zeichnet sich durch eine veritable Bläsersektion und eine sehr sympathische Sängerin/Bassistin/Keyboarderin aus. Wenn man als erstes Lied ein Blues Brothers Cover hört, kann der Tag ja schon mal nicht so schlecht werden. Schöner Auftakt und ich hoffe dass sich die Band an ihren Vorsatz halten konnte. Auf der Bühne sagten sie nämlich, sie würden gerne als erste Band auf einem Festival spielen, da könnten sie hinterher in Ruhe den Anderen zuhören und Bier trinken. Bei den Temperaturen…
Die große Bühne wurde von 8Kids aus Darmstadt eröffnet. Für die drei Musiker ist das der Auftakt einer veritablen Tour bei der das Hurricane in Scheeßel wohl einer der Höhepunkte sein dürfte. Harte Rockmusik mit durchaus nachdenklichen Texten und gerade soviel geschrieenem Pathos, dass es einen mitnimmt. Das Album "Denen die wir waren" dazu gibt es seit kurzem auf Napalm Records. Schon aufgrund des Albumtitels, habe ich mir vorgenommen dann doch tatsächlich mal die Texte zu lesen. Warum die Band heisst, wie sie heisst? Keine Ahnung.
Weiter geht es mit Honeytruck, inzwischen guten Bekannten aus Wildeshausen. Musikalisch und performancetechnisch immer wieder ein Erlebnis. Kauft euch einfach die CD! Vielleicht kann ich mir irgendwann auch mal die anderen Bandmitglieder neben Angelika merken. Sorry Bernd, ich geb mir Mühe. Angesichts der Temperaturen muss man einfach sagen, dass sich Sängerin Angelika und auch der Rest der Band (Niko, Bernd, Sebastian und Immanuel – ich lern das jetzt auswendig) nicht schonen. Diese Energie bei dieser Hitze? Das gilt es erstmal nachzumachen. Für die Wildeshausener war es eigentlich der letzte Gig einer Tour, aber am 14. Juli geht es beim Rock for Animal Rights in Sandstedt schon weiter. Und da sind wir natürlich auch wieder dabei.
Auf der großen Bühne standen praktisch direkt im Anschluss Antillectual aus Nijmegen. Solider holländischer Europunk, straight und mit viel Spaß vorgetragen. Sie erwähnten kurz, dass es bei ihnen zuhause nicht so warm wäre. Glückliche Niederlande. Mir und den anderen Fotografen drängte sich immer mehr die Furcht vorm Hitzschlag auf. Freude gemacht hat das Trio trotzdem. Gerne wieder. Auch bei nicht so viel Sonne.
In Visbek gingen die Wechsel Schlag auf Schlag. Das hatte etwas sehr spannendes aber im Laufe des Abends hätte man sich tatsächlich auch mal eine Viertelstunde Pause gewünscht. Die wollte einem Shirley D. Pressed aus Hamburg aber definitiv nicht gönnen. Mit einer kraftvollen und sehr sympathischen Show rockten Shirley D. Pressed die kleine Bühne. Mal melodisch, mal hart aber immer erfrischend oldschool – klasse Auftritt. der Hamburger Punkband. Hier hab ich übrigens tatsächlich mal nach dem Namen gefragt; meine erste Vermutung, dass Shirley nicht auf die Bühne kommt, weil es ihr eben nicht gut geht, stellte sich schnell als unwahr heraus. In Wirklichkeit stammt der Bandname, wie so oft, von einem Songtitel einer längst vergessenen Band. Die Jungs fanden meine Erklärung des Namens aber wenigstens besser als ihre. Bis zum nächsten Mal und Grüße ans Saarland (der der's verstehen soll, versteht's).
Die Einen gerade vorbei, die Nächsten standen schon parat. An Bier trinken war sowieso angesichts der noch immer tropischen Temperaturen nicht zu denken, man wäre aber auch gar nicht dazu gekommen. Wenigstens gab es Wasser umsonst. Duschen wären noch schöner gewesen. Der obligatorische Festival-Wasserschlauch ist, wenn man eine Kamera in der Hand hat, jetzt nicht so zu empfehlen. Für die Zuschauer, die inzwischen doch recht zahlreich das Gelände in Visbek bevölkerten, aber immer wieder eine willkommene Erfrischung.
KMPFSPRT (viel Spaß beim Aussprechen) sind eine Kölner Punkband, die mit (Post-)Hardcore Punk und deutschen Texten mit klaren Ansagen punktet. Schnell, hart, wütend und das zu Recht fällt mir dabei ein. Im Laufe des Festivalsommers werden sie unter anderem beim Southside und beim Deichbrand auftreten, Visbek Rockt wird da gerne als Warm-Up mitgenommen. Scherz beiseite, das neue Album GAIJIN hört sich prima an und läuft wohl auch ganz gut. Vom Visbeker Publikum wurden sie auf jeden Fall gefeiert. Weiter so!
Auf der kleinen Bühne ging es nun mit Mount Atlas weiter. Die Oldenburger verweben geschickt eigene Songs mit publikumsfreundlichen Coverversionen und bringen einen schnell zu der Frage, warum die Hammond-Orgel eigentlich aus der Mode gekommen ist. Hört sich doch prima an. Und ist eine willkommene Abwechslung zu dem ganzen Hardcore-Gedöns. Zwischen Doom-Metal und Rock der 70-ger finden sie ihren Sound und sind die erste Band bei diesem Festival, die ich mir auch im Auto noch anhören würde. Dabei sehen sie noch aus, wie eine Rockband eben aussehen muss. Nur der Name … ist halt ein Gebirge der Atlas. Kein Berg. Ich bin ja schon ruhig. Moment, ich wurde gerade eines besseren belehrt. Ist doch ein Berg. Na, gut.
Manchmal mag man Sachen und manchmal nicht und manchmal mag man Sachen auf Anhieb. So ging es mir mit Eskimo Callboy auf dem RELOAD Festival 2015 und so ist es mir auch mit der Essener Band To the Rats and Wolves in Visbek gegangen. mal abgesehen vom Sound, der mir erstaunlich gut gefiel (obwohl ich den Begriff Trancecore nun wirklich nicht mag, ich bin halt schon alt) mag ich die permanente Abwechslung auf der Bühne, jeder bekommt die Möglichkeit zur Selbstdarstellung und es wird einfach keine Sekunde langweilig. Das Publikum tanzt und macht auch ansonsten jeden Unfug mit. Und zur Abwechslung hab ich auch keine Probleme mit dem Bandnamen.Für mich auf jeden Fall ein echtes Highlight. Gerne wieder.
Malcolm Rivers aus Münster bewegen sich klanglich irgendwo zwischen Metal und Hardcore und sorgen mit einem Ausflug des Sängers aufs Gelände für das erste amtliche Stagediving des Tages. Inzwischen wird es Abend und es ist nicht mehr komplett zu heiss sondern nur noch zu warm. Also zumindest für meine Gewichtsklasse. Die Abwechslung zwischen großer und kleiner Bühne und auch den immer neuen Stilrichtungen klappt an diesem Tag hervorragend. Wenn das den Sommer über so bleibt, bin ich ein glücklicher Redakteur. Plattentechnisch (aktuelles Album "Karmageddon") ist das übrigens sehr ernsthafte Musik, aber live ist es vor allem eine supergute Show.
Auf der großen Bühne macht sich nun der erste Headliner des Abends bereit: Mr. Irish Bastard. Wie es sich für eine anständige Irish Folk Punk Band gehört, ist die Bühne gerammelt voll und auch von Beginn an praktisch ständig in Bewegung. In Visbek sind die Münsteraner immerhin zu siebt und haben das Publikum sehr schnell genauso im Griff, wie die zum Auftritt offensichtlich dazugehörenden verschiedenen Biere. Ist nach 5 Jahren Irland nicht mehr so ganz meine Musik, aber mit der Disco-Version von "Last Pint's on me" haben sie auch mich völlig abgeholt. Das inzwischen sehr tanzfreudige Publikum sowieso. Dank der langsam einsetzenden Dunkelheit sieht das alles inzwischen auch lichttechnisch sehr schön aus. Für mehr Fotos guckt gerne mal auf unserem Flickr-Account vorbei.
Absturtz aus Wawerort sind die letzte Band des Abends auf der kleinen Bühne und spielen deutschen Punk mit hartem Beat und eben solchen Texten. Um die Band richtig zu würdigen, hätte ich mir ein bisschen mehr Licht auf der Bühne gewünscht, da stößt die zweite Bühne des Festivals nämlich jetzt ernsthaft an ihre Grenzen. Ich hoffe darauf, die Schleswig-Holsteiner mal auf einer Club-Bühne zu sehen, dass was mir im Gedächtnis geblieben ist hat mir ganz gut gefallen. Es ist jetzt aber auch schon spät.
Dachte ich. Und dann kamen Deserted Fear aus Thüringen (!) und ich war beim ersten Ton wieder hellwach. Für mich einer der Augenöffner des Abends. Extrem wuchtiger und (erstaunlicherweise eingängiger) Death Metal, der einem am Ende des Abends noch einmal komplett die Gehörgänge durchpustete. Ich war schwer begeistert. Dazu kommt ein sehr ansprechendes Bühnendesign und eine Menge Haupthaar. Headbanging mit kurzen Haaren sieht einfach nicht aus. Das war dann die zweite Band des Abends, die ich mir auch im Auto anhören würde. Für mich ist das ein wichtiges Kriterium.
Wie man sieht, war das Licht beim DJ-Duo Alltag doch schon sehr wenig vorhanden, deshalb hier nur der Versuch eines Bildes. Die beiden sorgten mit immer noch erstaunlich viel Energie dafür dass sich die letzten Zuschauer noch amtlich müde tanzen konnten. Ich freute mich nach einem langen, lauten, heißen aber vor allem tollen Tag, einem würdigen Beginn der Festivalsaison, vor allem auf mein Bett.
Danke an Visbek Rockt, das Musikerforum Visbek e. V. und natürlich ebenfalls Danke an alle ehrenamtlichen Helfer und die fantastischen Bands. Und vielen Dank für die Einladung. Hat Spaß gemacht.