„Der große Unterschied zu unserer und der heutigen Jugend: Wir lebten reell, der aktuelle Nachwuchs mehr virtuell.“ So spricht Petra Scholten, die Leiterin der Jugendwerkstatt Weyhe, wenn sie sich um die Zukunft Gedanken macht. Und sie macht sich viele Gedanken darüber, wie sie zusammen mit ihrem Team jungen Menschen mit Problemen bei der Berufsfindung Perspektiven aufzeigen kann.
Jugendwerkstatt
Die Werkstatt ist dem Bereich Qualifizierung, Beschäftigung, Ausbildung von Bethel im Norden zugeordnet und kann bis zu 16 junge Berufsanwärter bei ihrem Weg ins Berufsleben intensiv betreuen und unterstützen.
Die Mitarbeiter der Einrichtung in Kirchweyhe, einer Kleinstadt knapp vor Bremen, machen einen bemerkenswerten Job. Ihre Arbeit beginnt nämlich da, wo andere längst aufgegeben haben. Die Pädagogen empfangen junge Menschen, die anderswo als abgeschrieben gelten; sehr oft sogar vom eigenen Elternhaus. In höchstens zwei Jahren sollen sie von ihrer „schiefen Bahn“ kommen und einen „geraden“ Lebensweg finden.
Bei der Ankunft bringen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen Rucksack voller dramatischer Vorgeschichten mit. Die Mitarbeiter bekommen es dann mit Suchtproblemen, Vorstrafen, psychischen Problemen aber auch mit bereits angehäuften Schuldenbergen zu tun. Auch Wohnungslose, selbst in diesem Alter, kommen hier an.
Hauswirtschaft und Küche
Es kommt nicht darauf an, sich am Ende in der Holzwerkstatt, dem Bereich Hauswirtschaft oder in der Küche auszukennen, sondern sich im Leben zurechtzufinden. Es gibt zwar Regeln, jedoch – und das ist das Besondere am Weyher Konzept – jeder Teilnehmer bekommt seine eigene Regeln. Das bedeutet, dass auch jeder Einzelne seine ganz individuelle Hilfe bekommt. Natürlich kann nicht jeder direkt zu Beginn der Maßnahme den Hebel umschalten und perfekt funktionieren, denn selbstverständliche Dinge wie Zuverlässigkeit oder Pünktlichkeit haben die Jugendlichen oft verlernt.
Am schlimmsten sei jedoch das Versagen der sogenannten Erwachsenen. In diesem Fall ist nicht nur von Lehrern oder Amtspersonen die Rede, sondern sehr oft von den Eltern. Der anerkannte Spitzenkoch Volker Bassen, der sich seit einem Jahr in der Weyher Jugendwerkstatt engagiert, bemängelt, dass man – im Gegensatz zum Umgang mit Tieren oder mit Fahrzeugen – für das „Elternsein“ leider keine Qualifikation nachweisen muss.
Wir finden, dass das Weyher Jugendwerkstatt-Team eine bewundernswerte Arbeit leistet, und das schon seit 21 Jahren. Dabei wird es von der N‑Bank unterstützt und findet neben den alltäglichen Herausforderungen Zeit für neue Aufgaben und Projekte.
Nicht alles kann dabei auf Anhieb erreicht werden, aber schnell aufzugeben oder keine Geduld zu haben gilt hier nicht.
Wir wünschen allen in der Jugendwerkstatt engagierten Menschen viel Erfolg bei ihrer zukünftigen Arbeit und dem Erreichen ihrer gesteckten Ziele, und wir werden gern auch über zukünftige Aktivitäten dieses bemerkenswerten Betriebes berichten.