Wer in der Diakonie Freistatt im normalen Alltag den Sozialarbeiter Wolfgang Bluhm erlebt, der käme sicher nicht so schnell auf den Gedanken, irgendjemand könne diesen Mann unter Zeitdruck oder gar Stress bringen. Auf dem sehr unterhaltsamen Bewohnerfest 2018 der Wohnungslosenhilfe Freistatt änderte sich das, und schuld daran war Joachim Löw. Der Bundestrainer forderte am selben Tag mit seiner DFB-Auswahl in München Weltmeister Frankreich heraus. Zwischen Beginn des Festes in der alten Remise Freistatts neben Haus Linde und dem Anpfiff in der Allianz-Arena lagen an diesem 6. September gerade einmal 4 Stunden.
Wahl einer vorbereitenden Bewohnervertretung
Nicht nur die knappe Zeit war schuld am Druck, nein – auch das Programm, das sich die Mitarbeiter der Diakonie ausgedacht hatten, war ordentlich bestückt. Obwohl, der Ablauf war wie in den Jahren zuvor. Das es zeitlich knapp wurde, lag nämlich nicht an den Mitarbeitern, sondern an den Bewohnern. Der Grund liegt knapp ein Jahr zurück. Im September 2017 gab es in Freistatt eine Bewohnerbefragung, die nach Erfahrungen und Verbesserungsvorschlägen für den Bereich der Wohnungslosenhilfe fragte. Neben vielen Anregungen und Wünschen wurde damals auch die Idee einer Bewohnervertretung geboren.
Nach einigen Vorbereitungstreffen mit Interessierten Bewohnenden im Haus Wegwende war es dann während der Party soweit – zusätzlich zu all dem Spiel und Spaß an diesem Nachmittag – wurden neun Bewohnervertretende in eine vorbereitende Bewohnervertretung gewählt, die in den nächsten Monaten eine Wahlordnung erstellen und damit dann eine ordentliche Wahl ausrichten soll. Am kommenden Dienstag, dem 11. September, kommen die Gewählten zu einer ersten Runde im Haus Wegwende zusammen.
Quiz und Tombola
Auch dieses Jahr hatte das Bewohnerfest wieder einiges zu bieten. Jeder neue Besucher der festlich geschmückten Remise bekam direkt ein Los für die Tombola. Zusätzlich gab es einen Fragebogen mit kleinen Quizaufgaben, die ein weiteres Gewinnspiel beinhalteten.
Musikalisch wurden die Feiernden von den True Colors unterhalten. Das Trio bot einen tollen Mix mit gecoverten Popsongs von den 60-er bis zu den 80-er Jahren. Da schmeckte das Grillgut der Fleischerei Kollhorst, die vor Ort das Abendbrot zubereitete, nochmal so gut. Einige Mitarbeiter ergänzten den Schankbetrieb, in dem sie eigene Kreationen an Getränken zubereiteten und servierten.
Am darauffolgenden Tag besuchten 18 Mitarbeitende von unterschiedlichen Bahnhofsmissionen aus ganz Deutschland Freistatt. Wegen der Anfahrt trafen drei Mitarbeiterinnen aus Celle schon während des Festes ein und feierten einfach mit. Wie sie am Tag danach zugaben, waren sie positiv überrascht, welch freundliche Atmosphäre in Freistatt zwischen Verantwortlichen, Sozialarbeitern und Bewohnern herrscht.
Wer schon länger in Freistatt lebt kennt aber genau das nicht anders. Es ist ein kleiner Ort, der nie das trennt, was eigentlich zusammengehört. Hier hat sich über viele Jahre und Jahrzehnte unter dem Dach der Stiftungen Bethel eine Gemeinschaft gebildet, die Menschen nach Schicksalsschlägen auffängt und einen ersten Schritt anbieten kann, um sich später wieder in der „großen“ Gesellschaft „draußen“ besser zurechtzufinden.
PS.: Pünktlich zum Länderspiel war die Feier dann beendet – aber, hätte man gewusst, das die Partie in München torlos blieb, man hätte das Fest ruhig noch ausweiten können.