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Schraub-Bares Rock-Vergnügen in Bückeburg

Unsere Redaktion bekam die Einladung zu einem außer­ge­wöhn­li­chen Konzert­abend. Ort des Gesche­hens war am 15. März die Schraub-BAR in Bückeburg. Da wären wir beim Außer­ge­wöhn­li­chen, denn die Location ist in jedem Fall sehens­wert. Inmitten des Geländes der ehema­ligen Kronen­werke bietet das kleine, aber sehr feine Lokal schon bei ersten Hinsehen Aufmerk­sam­keit. Wer sich zum Eingang begibt, kann an der rechten Seite des Gebäudes einen heraus­schau­enden Linienbus aus den 1960er Jahren entdecken. Man gewinnt den Eindruck, der Schaffner habe den Prellbock deut­lichst übersehen.

Im Gebäude sieht man dann das Ergebnis, was die Verant­wort­li­chen aus der "Irrfahrt" gemacht haben. Sie haben diesen letzten Halt dazu genutzt, um aus dem Innen­be­reich des Fahrzeugs eine Bar zu errichten. Im Lokal selber bieten Tische für Hungrige Platz, und auf einer kleinen gemüt­li­chen Fläche vor einer Bühne finden Musikfans genügend Platz, um bei Livemusik ordent­lich abzu­feiern. Doch ein Rock­kon­zert in solch einer Umgebung, mit einer sehr kleinen Bühne – geht das überhaupt? Es geht, und wie.

Die Verant­wort­li­chen ließen es sich nicht nehmen, die Künstler für einen tollen Abend erst einmal auf die Reise zu schicken. Nun ja, die uns vertrauten drei Jungs von Jaded hatten aus Nienburg einen nicht ganz so weiten Weg. Das Zuhause von The Tip hingegen befindet sich dafür aber über 7000 Kilometer entfernt. Dort, in der Country-Hochburg Nashville, rocken sich die vier im Proberaum ordent­lich ein. Das Quartett hat aber derzeit einen wesent­lich kürzeren Weg, denn Bückeburg lag auf ihrer derzei­tigen Euro­pa­tournee auf der Strecke.

Zum Auftakt brauchten Lukas, Mirko und Matze von Jaded nicht lange, um die Lounge im Omnibus in ein Tollhaus zu verwan­deln. Unsere Redaktion begleitet das Trio ja nun schon eine ganze Weile, und das werden wir weiterhin tun. Denn die Show wirkt und wird immer profes­sio­neller. Wie bei reno­mierten Showhasen verstehen die Nien­burger immer mehr, sich auch mit einer Perfor­mance zu präsen­tieren, die sich vor großen Namen nicht verste­cken muss. Mitt­ler­weile ist ihr "Roller­co­astin´ Man" für ganz viele ihrer Fans zu einem echten Ohrwurm geworden. Und Fans haben sie mitt­ler­weile zahlreich, etliche Zuschauer tragen wie selbst­ver­ständ­lich ein T‑Shirt mit deren Aufschrift. Eine weiter wachsende Fanschar dürfte nach diesem Abend sicher sein, erst recht bei der Klasse ihrer Gitar­ren­solos. Das hatte schon mehr als regionale Klasse.

Über den weiteren Werdegang der drei sind wir mehr als gespannt, denn soviel ist klar, dass wir weitere Auftritte der Band vor Ort erleben werden. Sie waren am Freitag auch mehr als nur eine Vorband für die inter­na­tio­nalen Gäste. The Tip gelten in Nashville und Umgebung mehr als selbiges. In  "Musik City", wie die Stadt von Western-Musikfans gerne genannt wird, müssen diese Rock´n Roller eigent­lich als Para­dies­vögel gelten. Denn mit der Musik von Johnny Cash, Jimmie Davis oder Randy Travis hat das Quartett wahrlich wenig gemeinsam. Das bedeutet aber nicht, das an Klasse gespart wird.

Benny, Miles, Robby und Dixie waren und sind aktuell aber im Frühjahr 2019 zu Hause nicht zu erreichen. Gut für uns Europäer, denn ihre aktuelle Tournee durch den Kontinent macht sie für uns erreich­barer. Bei Auftritten zwischen Prag, Barcelona, Paris oder London passt Bückeburg doch prima dazu. Kenner der Band waren schon sehr neugierig, ob die raum­aus­fül­lende Show von Lead­sänger Benny genügend Platz in der Schraub-BAR hatte. Sie hat, denn Ausstrah­lung ist bekannt­lich das, was man hat, und nicht erlernen kann.

The Tip wirkte optisch ein wenig wie die Bay City Rollers aus den 1970er Jahren, lang­haarig, und zur Klamotte hätte nur noch die Schlag­hose gefehlt. Die Songs waren hingegen wesent­lich moderner, eingängig, und vor allem mitrei­ßend. Stimme, Instru­mente und Musik wurden schnell eins, und damit hatten sie das Publikum in der Tasche. Wer zuvor nicht recht in Stimmung war, der war es spätes­tens jetzt. Mit ihrer Party brachten sie den verwan­delten Linienbus auf ihre Art auf große Fahrt, zumindest war dort am Tresen mindes­tens genauso viel Bewegung wie zu den funk­ti­ons­tüch­tigen Zeiten des Gefährts.

Nach einem gelun­genen Abend machten wir uns, ohne den uns schnell vertauten Bus, wieder auf den Heimweg. Sicher­lich werden wir diese auffal­lende Halte­stelle wieder besuchen. Im Unter­schied zu vielen anderen Verkehrs­mit­teln des Öffent­li­chen Nahver­kehrs ist man direkt beim Einstieg ange­kommen. Der Fahrpreis zur guten Laune ist im Trinkgeld enthalten.