"Was für ein Vertrauen" – so lautete vom 19. bis zum 23. Juni 2019 das Motto des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentages, der bei sommerlichen Temperaturen in der westfälischen Metropole Dortmund stattfand. Rund 100.000 Gläubige folgten der Einladung, und kamen in friedlicher Mission angereist. Wer sich an diesen Tagen in Dortmund aufhielt, wurde an jedem zentralen Punkt mit diesem Ereignis konfrontiert. Kein Wunder, galt es doch für die Verantwortlichen, über 2.000 Veranstaltungen in fünf Tagen über die Bühne zu bringen.
Bereits in der Innenstadt bekam man den Eindruck, dass die Stadt eine ordentliche Spur frommer wirkte als üblich. An vielen Plätzen fanden Aktionen, Messen, Gespräche oder kleine musikalische Einlagen statt. Politiker und prominente Botschafter würdigten durch ihre Teilnahme am Kirchentag die Bedeutung der Veranstaltung. Der wohl größere Part fand aber im Westfalenpark statt. Sowohl in der Westfalenhalle als auch im Signal-Iduna-Park, der Spielstätte von Borussia Dortmund, sowie in den Messehallen wurden die Flächen genutzt, für fünf Tage Gastgeber von über 100.000 Besuchern zu sein.
Auf dieser bundesweiten bedeutsamen Veranstaltung gab es erstmals in der Geschichte der Kirchentage einen Stand der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen (SWM). Das Koordinierungsteam betreute mit seinen Teilnehmenden hierzu gemeinsam mit der Diakonie Rheinland-Westfaeln-Lippe e. V. einen Stand mit einem symbolträchtiges Puppenhaus. Auf mehreren Etagen wurden Gesellschaftsschichten von ganz oben bis ganz unten dargestellt. In der obersten Etage standesgemäß ein Penthouse, das von einem offenbar erfolgreichen Geschäfts-Männchen allein bewohnt wurde, mit allem erdenklichen Komfort und Platz. Über die vier Stockwerke nach unten nahm dann das Einkommen der Bewohnenden und damit auch der verfügbare Platz immer weiter ab. Das natürlich erfahrungsgemäß bei steigender Anzahl Bewohner pro Mietpartei. Als Stolperpunkt zum Nachdenken lag am Rande des Hauses, hinter den zumindest noch überdachten Mietern des untersten Stockwerks dann noch ein einsamer Mensch im Schlafsack auf einer Lage Pappkarton.
Dem Koordinierungsteam der SWM gelang es auch für eine halbe Stunde einen prominenten Gesprächspartner zu einer Diskussion am Stand einzuladen: Katrin Göring-Eckardt nahm sich 30 Minuten Zeit, um mit Betroffenen über deren Situation zu sprechen. Neben privaten Schwierigkeiten, die die Bundesfraktionsvorsitzende der Partei Bündnis 90 / Die Grünen von den Anwesenden zu hören bekam, wurden auch Fragen zu möglichen politischen Bewegungen im Bereich des Wohnungsmarktes gestellt. Die Politikerin war sich der Probleme im Bereich Wohnungspolitik bewusst, die für mehr als 13 Millionen Menschen in Deutschland (die laut der Bundeszentrale für politische Bildung 2016 armutsgefährdet waren) immer existenzbedrohender werden.
Frau Göring-Eckardt versprach beim Abschied, die Anregungen der Teilnehmer mit in den Bundestag zu nehmen. Die Vertreter der SWM am Messestand gaben jedenfalls ihr Bestes, um als Betroffene von mittlerweile mehr als einer Million wohnungsloser Menschen die Dringlichkeit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für arme Menschen zu verdeutlichen.
In der Messehalle sechs, in der sich der Stand der Selbstvertretung befand, gab es auf dem Podium zudem eine öffentliche Unterhaltung vor und vor allem mit dem Publikum. Hier konnten sich zahlreiche Zuhörer ein Bild davon machen, wie leicht heutzutage jeder Bewohner Deutschlands in die Armut abrutschen kann, und dass das Problem gar keine sehr weit entfernte Randerscheinung ist. Bei der aktuellen Mietpreisentwicklung haben selbst Normalverdiener Schwierigkeiten, ihren Alltag in Würde zu meistern.
Und was war sonst los auf dem Kirchentag?
Neben unserem Mitwirken am Stand der Selbstvertretung haben wir uns auch auf dem Weg durch Dortmund gemacht. Vom Westfalenpark bis quer durch die Innenstadt. Herausgekommen ist ein unterhaltsamer Querschnitt von Veranstaltungen für jeden Geschmack.
Als Fazit blieb festzuhalten, dass Wohnungslose mit ihren Problemen nicht allein auf der Welt sind. Probleme haben bekanntlich auch Flüchtlinge, Senioren, Menschen mit Behinderungen und andere Randgruppen unserer Gesellschaft. Auch leidet unsere Erde nach wie unter Krieg, Elend und Hunger. Doch wie ist mit all diesen Schwierigkeiten in Zukunft umzugehen?
Dem Motto des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentages, „Was für ein Vertrauen“ hätte dazu vielleicht ein Fragezeichen ganz gut getan –zumindest für die nähere Zukunft?