Vor dem Anpfiff des insgesamt siebten Saisonspiels der GWD Minden galt es, ordentlich die Hände zu schütteln. Nicht, weil am Sonntagnachmittag des 29. September das Sturmtief Mortimer die Witterung derartig abgekühlt hatte, dass man sich auf diese Art und Weise wärmen musste. Wer die KAMPA-Halle vor dem Duell gegen TBV Lemgo Lippe betrat, kam aus dem Gratulieren nicht mehr raus. Skurrilerweise betraf es vor allem Grün-Weiße Verantwortliche, die auf den Vornamen Frank hören. Da waren zunächst die beiden Geburtstagskinder. Trainer Frank Carstens am vergangenen Donnerstag, sowie Geschäftsführer Frank von Behren am Vortag, ließen sich von knapp über 3.000 Zuschauern nachträglich zum Geburtstag gratulieren.
Der Dritte im Bund war Frank Wentzlawsky, der drei Tage vorher zum 1. Vorsitzenden des GWD-Fanclubs "Grün-Weiß" gewählt wurde. Die Arbeit des Fanclubs gilt als bewundernswert, denn der Großteil der verantwortlichen Mitglieder arbeitet als Fan ehrenamtlich für andere Fans. Der Fan-Keller, der für alle grün-weiße Herzen sowie auch sämtlichen Handballfans offen steht, hat in Minden fast schon Kultstatus.
Die Festwoche wurde aber letztendlich für alle mit einem der packendsten Punktspiele der jüngsten Zeit gekrönt. Als hätte der Spielplan-Koordinator ein Händchen dafür, am Sonntag ein Derby in der KAMPA-Halle anzusetzen. Die Gäste des TBV Lemgo benötigten lediglich eine Stunde Fahrtzeit, um ihr Auswärtsspiel zu bestreiten. Damit es bei einem Auswärtsspiel der Mannschaft aus dem Kreis Lippe bleiben sollte, daran hat unter anderem auch der Fan-Club massiv erinnert. An sehr vielen Wänden und Pfeilern stolperte man an die schriftliche Bitte, Aufzustehen, wenn man Mindener ist. Zumindest solange, bis der erste GWD-Treffer erzielt wurde.
Als dieses erzielt wurde, lag Lemgo schon mit zwei Treffern vorne, und die allergrößten Skeptiker hegten hier schon Zweifel. Hat das kurze Zwischenhoch der GWD mit der Niederlage in Göppingen eine Woche zuvor schon wieder ein Ende gefunden? Oder lag es daran, dass der TBV mit einem Mann antrat, der trotz roten Trikots irgendwie doch ein Heimspiel absolvierte? Die Rückennummer 34 der Gäste trug Andreas Cederholm. Jener Akteur, der vor wenigen Monaten noch im Mindener Trikot vom jetzigen Gegner ganz anders unterstützt wurde, versucht seit einigen Wochen sein Glück aus circa 50 Kilometern Entfernung.
Etwas über 3.000 Zuschauer, genauer gesagt 3.044, entschieden sich für einen Derby-Besuch. Fraglich ist jedoch, ob jene, die sich statt dessen für einen Nachmittag zu Hause vor dem Fernseher begeistern wollten, um sich zum Beispiel einen Krimi oder einen Science Fiction anzusehen, mehr Nervenkitzel geboten bekommen haben. Die Handballfans vor Ort, unter ihnen etliche, die aus Lemgo angereist waren, bekamen 60 Minuten ein Duell auf Augenhöhe geboten, dass kaum spannender hätte sein können. Insgesamt gingen beide Teams 21 Mal in Führung, die GWD allerdings nur 9 Mal. Das Gute aus Sicht der Gastgeber: Beim neunten Versuch konnten sie die Führung, und damit den knappen 33:31 Sieg ins Ziel bringen.
Nie war eine Führung höher als drei Treffer, nie gab ein Team auf. Zum ersten Mal in diesem Jahr gelang der GWD damit ein zweiter Heimsieg in Folge. Zu Ende ging auch die zehnjährige Wartezeit auf einen Mindener Derbysieg im Duell mit dem TBV Lemgo. Nach dem schwachen Saisonstart hat Dankersen jetzt ein ausgeglichenes Punktekonto. Damit steht der Verein vier Punkte und Plätze besser da als der Gast aus dem Kreis Lippe mit Andreas Cederholm. Die Aussichten der GWD dagegen sind gar nicht mal so schlecht. Das Auswärtsspiel in Solingen gegen den Bergischen HC ist machbarer als im vergangenen Jahr, und auch der nächste Gast, der amtierende Meister aus Flensburg, ist aktuell alles andere als auf dem Kurs der Titelverteidigung. Trainer, Mannschaft und Fans sind in jedem Fall wach geworden, mit der Erkenntnis, das sich das Team vor niemanden verstecken muss. Wer den Einsatz der GWD am Sonntag miterlebt hat, kann diesem nur zustimmen.