Titel gwd flensburg

Die Punkte bleiben in Flensburg

Wenn vor dem 9. Spieltag der Handball-Bundes­liga ein Wahrsager prophe­zeit hätte, die SG Flensburg-Handewitt gewinnt ihr Auswärts­spiel bei der GWD Minden mit vier Toren Vorsprung, so hätte er sich wohl kaum Gehör verschafft. Zu normal scheint es, dass der amtie­rende deutsche Meister in Ostwest­falen nichts anbrennen lassen würde. Wer sich aller­dings am 13. Oktober zu den rund 3.200 Zuschauern in der KAMPA-Halle gesellte, kann zumindest im Nach­hinein ganz schön über das Gesehene berichten.

Um es auf den Punkt zu bringen: der Titel­ver­tei­diger siegte tatsäch­lich mit vier Treffern Differenz, am Ende der zwei mal 30 Minuten stand es 27:23 für die Männer aus dem hohen Norden. Bei bloßen Betrachten des nackten Ergeb­nisses stellt man also Norma­lität fest. Hinter dem Resultat verbirgt sich aber wesent­lich mehr. Denn erst der letzte Treffer stellte den sicheren Vorsprung in dieser Höhe für das Team aus Schleswig-Holstein sicher. Höher hatte bis zu dem Zeitpunkt keines der beiden Teams je in Führung gelegen.

Der Triumph des aktuellen Champions wird bei näheren Hinsehen sogar noch ein wenig blasser, wenn man bedenkt, dass sie über 30 Minuten in Überzahl waren, da Christoph Reisky einen Platz­ver­weis bekam, und die Gäste danach gar zweimal eine Führung verspielten. Nun, wir wollen mal nicht so hart mit dem Favoriten sein, sie haben unter dem Strich ein sehr starkes Team. Denn es lag nicht an den Flens­bur­gern selbst, sich nie entschei­dend abzu­setzen. Der Gastgeber sprach während der Stunde Spielzeit ein gewal­tiges Wörtchen mit.

Die Dankersen-Fans durften sich ja auch berech­tigte Hoff­nungen machen. In den meisten Fällen wächst die GWD Minden gegen die Top-Teams der Liga jedesmal über sich hinaus. Zum anderen hat Handewitt, die in der vergan­genen Spielzeit für die rest­li­chen 17 Teams uner­reichbar war, in seinen ersten acht Saison­spielen genauso oft verloren wie in der gesamten vorhe­rigen Saison. Das Team zeigte seinem Publikum, dass die Erwar­tungen zu Recht bestanden.

Auch wenn Mindens Trainer Frank Carstens nach dem Duell davon sprach, das Flensburg ein bis zwei Fehler weniger gemacht hatte und die Punkte zurecht gutge­schrieben bekam, so beur­teilen wir das neunte Saison­spiel der GWD als ein Match auf Augenhöhe. Es ist schade für die Heim­mann­schaft, dass sie ihren Einsatz nicht ganz vergolden konnte. Die Moral, nie aufzu­geben, war bewun­derns­wert, und hat mehr verdient als nur Beifall und Komplimente.

Bis zum nächsten Heim­auf­tritt am 3. November gegen Balingen steht neben der Auswärts­auf­gabe im emslän­di­schen Nordhorn-Lingen auch die Verwirk­li­chung des Pausen­songs an. Vor dem Anpfiff in der 2. Hälfte wird in bewährter Paulchen Panther-Manier regel­mäßig "Wer hat an der Uhr gedreht" ange­stimmt. Da die Sommer­zeit am 27. Oktober zu Ende geht werden es alle tun, die Uhren um eine Stunde zurück­zu­drehen. Hoffent­lich verfallen die GWD-Akteure nach diesem Tag nicht wieder in alte Zeiten. Nach dem Auftritt gegen Flensburg mag man sich das kaum vorstellen.