…und das lag nicht nur an den Nachtstunden vor der KAMPA-Halle. Wir von der Freistätter Online Zeitung sind ja stets von einer positiven Denkensweise geprägt, die sich auch durch unsere Artikel zieht. Nur – kann man es noch haben, wenn man am Sonntag morgen nach dem Heimspiel der GWD Minden gegen den TuS Nettelstädt-Lübbecke kaum eine hoffnungsvolle Äußerung mitbekommt, was die Zukunft der Hausherren angeht? Vor allem der eigene grün-weiße Anhang. Unabhängig, ob es die Zuschauer waren, die direkt vor Ort waren, oder jene, die ihren Unmut in den sozialen Netzwerken wie Instagram freien Lauf liesen – auch das heimische Mindener Tageblatt ging nicht zimperlich mit ihren heimischen Erstligavertretern um.
Im letzteren liegt die Besorgnis – die Redaktionskollegen der ostwestfälischen Stadt sprechen ihrem sportlichen Aushängeschild die Tauglichkeit für die Handball-Bundesliga ab. Auch die Fans rechnen nach der 6. Niederlage im 6. Saisonspiel damit, dass mit solchen Auftritten wie im Derby Platz 17 nicht überschritten wird, und somit für die Spielzeit 2022/23 mit Punktspielen eher in der 2. Bundesliga zu rechnen ist. Das auffallend einzige Lob kam nach der 18:23 ausgerechnet vom Gästetrainer Emir Kurtagic, der der GWD Minden eine kämpferische Leistung bescheinigt. Dem wiedersprach Frank Carstens in der anschließenden Konferenz, das genau dieser Aufwand viel zu wenig für 60 erfolgreiche Minuten sind.
Definitiv keine zweite Meinung gibt es von allen Seiten, dass auch das Duell gegen das Team aus der knapp 20 km entfernten Merkur-Arena keinen Grün-Weißen Punkt verdient hat. Bislang konnte man eventuell das deftige Auftaktprogramm zum Kaschieren vorschieben. Denn für das Derby am späten Samstag abend hatte das Team aus Dankersen gute Vorrausetzungen geschaffen. Zum einen brachte auch die nun gültige 2G-Regel der Corona-Verordnung rund Zweieinhalbtausend Mindener und Lübbecker Fans in die Halle. Zum anderen haben die Grün-Weißen nach dem Pokalauftritt in Ludwigshafen den Eindruck erweckt, als habe man den Spaß am Gewinnen wiederentdeckt. Auch die Erleichterung darüber, dass die Verletzung von Mohamed Darmoul nicht so langwierig sein wird wie befürchtet, war sehr groß.
Was einen verletzten Spieler angeht, so mussten die Nettelstädter Nachbarn befürchten, nach noch nicht einmal 60 Sekunden aus dem Tritt zu kommen. Deren Mitspieler Dominik Ebner wurde beim ersten Angriffsversuch so unglücklich gebremst, dass er nach minutenlanger Behandlung von Medizinern in eine Klinik gebracht werden musste. Über die genaue Diagnose schwieg Lübbecke auch gestern abend noch, wir aber wünschen Dominik Ebner eine ganz schnelle Genesung. Der Schock über diesen Vorfall verwandelte sich beim Gästeteam jedoch in eine Art Trotzreaktion. Ganz anders die GWD, deren Trainer eine große Unsicherheit gerade in der ersten Hälfte bescheinigte. Und ganz ehrlich, 7 Treffer in 30 Minuten gegen den Tabellen-16ten zeugen wahrhaftig nicht von einem souveränen Auftritt.
Die 13 Gegentreffer hingegen zeigten, dass sich Lübbecke nicht nur wegen der knappen Anfahrt wie zu Hause fühlte. Hilfreich zur Seite standen die eigenen Fans, die wie ihr Team das Derby lautstark teilweise in ein Heimspiel verwandelten. Das einzige Contra kam vom GWD-Fanclub, deren Trommler und Anfeuerungen das eigene Team aber nicht zu einer konzentrierteren Leistung animierte. Die TuS, die nach dem unglücklichen Beginn den 7‑Meter-Wurf zur 1:0‑Führung nutzte und den Gegner keine Chance mehr lies, das Spiel zu drehen, begann bereits in Hälfte 1 das Ergebnis zu gestalten.
Einen höheren Kampfgeist sah man bei den Grün-Weißen lediglich für einige Minuten nach dem Seitenwechsel. Hier gelang es Dankersen tatsächlich, mit einer ganz anderen Körpersprache den Glauben zu vermitteln, sie könne das Spiel noch drehen. In den Spielminuten 31 bis 50 sorgte ein derby-typischer Kampfgeist dafür, dass der Aufsteiger lediglich 5 Treffer erzielen konnte. Als sich die Gäste an ihre ursprüngliche Leistung vor der Halbzeit wieder erinnerten, fingen sie den Lokalrivalen erneut vorzuführen an. Für Grün-Weiße Augen war es erschreckend, mit welchen einfachen Methoden die eigene Mannschaft erlegt wurde. Schlußendlich sorgten 10 starke Minuten für eine weitere Handvoll Tore, sowie den mehr als verdienten 23:18-Sieg der TuS.
Aktuell trifft man wenige Menschen, deren Herz grün-weiß schlägt, die hoffnungsvoll in die nahe Zukunft blicken. Die noch nähere Zukunft bedeutet, ein Auswärtsspiel beim zweiten, und in der Tabelle noch viel stärkeren Aufsteiger Hamburg zu bestreiten. Das nächste Heimspiel findet am 24. Oktober gegen Lemgo statt. Pessimisten befürchten, dass es auch innerhalb der nächsten 14 Tage zu keinem Punktgewinn reicht. Diese Menschen hätten recht, wenn die aktuellen Leistungen weiterhin geboten werden.
Neben vielen Argumenten, warum die GWD aktuell so taumelt, fällt uns eine auf, nämlich die des fehlenden Selbstvertrauen. Ist das so? Haben die Akteure ein wenig den Glauben an ihr eigenes Können verloren? Dann sollte und muss hier zu allererst genau daran gearbeitet werden. Es sind ja keine schlechten Spieler, aber vielleicht wissen die jungen Männer das aktuell nicht so genau. Denn dass es sich immer lohnt, mit Selbstvertrauen in die Zukunft, selbst wenn man aktuell am Boden liegt, wissen vor allem wir hier genau. Ohne Selbstvertrauen wären wir in der Redaktion nie aufgestanden, und die Freistätter Online Zeitung wäre womöglich niemals entstanden. Um das zu Erreichen, braucht man einen inneren Schweinehund, und vor allem Ziele. Die erste Mannschaft der GWD Minden hat dazu noch 28 Gelegenheiten.
Fotos & Text.: Hari