Eine Abordnung des Sommercamps Freistatt besuchte vom 17. bis zum 19. Januar 2017 Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe im Großraum Köln. Auf Einladung von Dr. Stefan Schneider (Koordinator des Organisationsteams des Projekts Wohnungslosentreffen – Sommercamps) konnten wir an dieser Fahrt teilnehmen.
Bei Einrichtungsführungen konnten wir viele Bewohner kennenlernen, uns wurden die verschiedenen Bereiche vorgestellt und wir konnten in Gesprächsrunden Arbeitsweise, Selbstverständnis und heutige Herausforderungen der Gemeinschaften kennenlernen. Daneben gab es auch viele Gelegenheiten, sich mit Helfenden, Bewohnenden und deren Vertretungen auszutauschen.
Dank der Einladung der Initiative Bauen, Wohnen, Arbeiten (IBWA) in Köln-Ossendorf konnten wir diesen Ausflug auf drei Tage ausdehnen, so dass uns ausreichend Zeit blieb, alle Einrichtungen ausführlich kennenzulernen. Ilse, Isa und Doris – stellvertretend für viele andere ehrenamtliche Helfer des IBWA – nahmen uns herzlich auf und gaben uns einen breitgefächerten Einblick in die Arbeitsweise ihrer Initiative, die einen Großteil ihrer Arbeit seit 20 Jahren als selbstverwaltetes Projekt von engagierten Menschen leistet.
Die Gemeinschaft besteht überwiegend aus Menschen die zeitweise ohne Wohnung oder in alternativen Wohnformen gelebt haben. Hier können Menschen mit „Leistungseinschränkungen“ Anschluss und im Rahmen freier Wohnangebote auch Unterkunft finden und es gibt ein selbstverwaltetes Café und eine Übernachtungsstelle für wohnungslose Gäste.
Zusätzlich bietet die Initiative ein Büro mit engagierten SozialarbeiterInnen, die bei Problemen und beim Umgang mit Behörden ihre Hilfe anbieten. Als drittes Standbein der Initiative steht Beschäftigung und Berufsqualifikation in den Bereichen Bau, Werkstätten, Gastronomie, Service, ambulante Hilfen im Haushalt, Gartenbetrieb, Nutztierhaltung und Vermarktung.
Schon auf der Hinfahrt galt unser erster Halt Haus Segenborn bei Waldbröl im Oberbergischen Kreis. Hier betreibt die Diakonie Michaelshoven eine Einrichtung mit 65 Plätzen für Menschen in Wohnungsnot, die in Wohn- und Appartmenthäusern wohnen, ergänzt um einige zusätzliche Außenwohngruppen in Nachbargemeinden.
Die beiden Regio-Teamleiter Udo Schmidt und Olaf Seibert begrüßten uns zu einer Informationsrunde mit anschließender Führung durch alle Bereiche ihrer Einrichtung, die für die Bewohner verschiedene Arbeitsmöglichkeiten bieten.
Nach einem sehr leckeren Mittagsessen in der hauseigenen Kantine konnten wir auch noch an einer der regelmäßig abgehaltenen Bewohnerversammlungen als Gasthörende teilnehmen. Insgesamt erlebten wir einen interessanten Einblick in das Alltagsleben dieser Zweckgemeinschaft der professionellen Wohnungslosenhilfe.
Am Mittwoch erkundeten wir mit Ilses Hilfe das Umfeld der ehemaligen belgischen Kaserne Klerken, in der heute die IBWA angesiedelt ist. Wir konnten viele gemeinsame Probleme im Bereich Wohnungslosigkeit und Organisation von Initiativen zur Verbesserung der Lage Wohnungsloser oder von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen diskutieren und Möglichkeiten zur Verbesserung beim Erfahrungsaustausch zu diesen Themen besprechen. Kommunikation und Bildung von Netzwerken sind für sozial benachteiligte Menschen ein sehr wichtiges Thema um ihre Lage immer wieder ins Bewusstsein unserer bessergestellten Mitbürger zu bringen.
Nach Isas leckeren Eintopf im IBWA-Café galt unser nächster Ausflug dem Vellerhof in der Eifel, also dem Clemens-Josef-Haus bei Blankenheim, einer Einrichtung des Rheinischen Vereins für Katholische Arbeiterkolonien e.V. in der wohnungslose oder hilfebedürftige Menschen fernab der Straße eine Unterkunft finden können. Auf Einladung von Oliver Herbst, dem Leiter des Bereichs Arbeit, lernten wir diesen idyllischen Ort in der Eifel kennen.
Gruppiert um ein historisches Gutshaus mit einer Kapelle im ersten Stock bietet diese Einrichtung der Wohnungslosenhilfe einen Rückzugsort für sozial benachteiligte Menschen. Neben einer kleinen Frauengruppe leben hier von Wohnungsnot betroffene Männer, denen in verschiedenen Betrieben auch Arbeit angeboten wird. Außerdem bietet ein Neues Gebäude altersgerechte Wohnangebote mit 85 Plätzen.
Neben einer Führung durch die Einrichtung wurde uns auch noch die Planung für eine Neugestaltung des Hofbereichs vor dem Gutshaus vorgestellt. Geplant ist eine Möblierung mit einigen Holzbänken, die mit verschiedenen "Zinken" verziert werden sollen (also mit Geheimzeichen von Angehörigen des fahrenden Volks in früheren Jahrhunderten).
Auch der Vellerhof zeigte sich uns als Beispiel für den recht hohen Standard professioneller Betreuung sozial benachteiligter Menschen mit Erfahrungen von Wohnungsnot. Auffällig erscheint uns, dass diese Einrichtungen praktisch immer in ländlicher Umgebung angesiedelt sind.
Es stellt sich also die Frage warum sich Initiativen wie z. Bsp. die Initiative Bauen, Wohnen, Arbeiten in Köln nicht in jeder größeren Stadt gebildet haben. Sollte da nicht ein Umdenken nötig sein? – Bei wachsender Wohnungsnot, einem sinkendem Angebot preiswerter Wohnungen und bei spürbar leidendem Sozialen Frieden erscheinen uns solche Initiativen als ein möglicher Lösungsansatz für viele soziale Probleme, die unsere Gesellschaft in Zukunft beschäftigen werden.
Nach einem letzten leckeren Frühstück im IBWA-Café verabschiedeten wir uns von allen fleißigen Helfenden, die uns hier den Aufenthalt ermöglicht haben und denen wir hier noch einmal im Namen aller Exkursions-Teilnehmenden herzlich danken!
In Hannover verabschiedete sich dann ein Großteil unserer Reisegruppe.
Für einige ging es per Zug weiter Richtung Berlin und Stefan brachte Gabi und mich zurück nach Freistatt.
Unser Dank – auch im Namen aller Mitfahrenden – geht an Stefan Schneider für die Einladung und seinen unermüdlichen Einsatz als Fahrer. Es war insgesamt ein sehr schöner und auch interessanter Ausflug!
Falls es noch weitere Exkursionen zwecks Erfahrungsaustausch und Kennenlernen von Gemeinschaftsprojekten geben sollte werden wir wieder gerne mitfahren … und für solche Ausflüge wünschen wir uns wieder so schönes Wetter wie wir es diesmal bei der Fahrt durch die sonnige Winterlandschaft erleben konnten: