Titelbild: AufMUCKEn in Weyhe gegen Rechts - 15.06.2018

AufMUCKEn gegen Rechts in Weyhe – Maikäfer statt Hornissen

Seit 2001 gibt es das Festival  „AufMUCKEn gegen Rechts“ in Weyhe schon, an verschie­denen Orten, sowohl drinnen als auch draußen. Jetzt ist es zu einem amtlichen Open Air Festival gewachsen. 1500 Besucher sahen ein hoch­wer­tiges Programm mit alten Wegbe­glei­tern, Newcomern und einem echten Headliner. Publi­kums­tech­nisch hat der Plan definitiv funk­tio­niert, mit einer derzeit sehr erfolg­rei­chen Band ein größeres Publikum ins eher beschau­liche Weyhe zu ziehen.

AufMUCKEn - Weyhe - 15.06.2018 - Banner
AufMUCKEn – Weyhe – 15.06.2018 – Banner

Leider konnten wir erst um 18:00 Uhr in Freistatt losfahren und haben dann in Weyhe erstmal 20 Minuten nach einem Parkplatz gesucht, somit haben wir leider die ersten drei Bands, die Gewinner des Festival Contests Maelføy, die Stuhrer Band Anne.Fuer.Sich und die Bremer Post-Hardcore Band Watch Out Stampede, leider verpasst. Man kann eben nicht immer überall und recht­zeitig sein. Wir hoffen, dass wir ein anderes Mal die Gele­gen­heit bekommen. Watch Out Stampede werden wir ja spätes­tens auf dem RELOAD Festival in Sulingen wieder sehen können.

Sookee kommt aus Berlin und engagiert sich sowohl privat als auch als Rapperin gegen Homo­phobie und Sexismus im deutschen Hip-Hop sowie gegen Rassismus und Anti­se­mi­tismus in Deutsch­land. Das tut sie auch beim „AufMucken“ – Festival in Weyhe bei Bremen. Und zwar auf sehr sympa­thi­sche Weise mit einem straighten Bass im Back­ground und einem sehr variablen Schlag­zeug. Sookee selbst sagt, dass ihre Fähigkeit zum Schnell­spre­chen, die sie jederzeit in der Lage ist unter Beweis zu stellen, daher rührt, dass man ansonsten in ihrer Familie überhaupt nicht zu Wort komme. Sie muss sich da, glaube ich, inzwi­schen keine Sorgen mehr machen.

Die Hamburger Band Montréal gibt es nun auch schon seit 15 Jahren und schon 2006 haben sie auf dem „AufMUCKEn“ in Weyhe gespielt. Alte Bekannte also. Ihr aktuelles Album (Juni 2017) heißt „Schackil­acki“, warum auch immer, und die Band spielt nach wie vor überall, wo man sie lässt. Schlag­zeuger Max Power klettert immer noch gern auf seinem Schlag­zeug herum und wer sich traut eine Punk­ver­sion von Stein­wolkes „Katherine, Katherine“ als schönstes Stück überhaupt anzu­kün­digen, den kann man eigent­lich nur gern haben. Gegen Nazis sind sie auch und erklären das auch mit Vehemenz, aber das ist ja eh selbst­ver­ständ­lich auf diesem Festival. Ansonsten spielen sie hansea­ti­schen Funpunk vom Feinsten, schnell direkt und jeder singt mit.

Vor dem Auftritt der letzten und heiß erwar­teten Musiker gab es von der Bühne noch eine Ansage bezüglich des über die Zuschauer flie­genden Insek­ten­schwarms, der kurz für Verun­si­che­rung sorgte. „Es sind Maikäfer und keine Hornissen, Leute. Die tun nichts!“

Wenn man sich die aktuelle Tourliste der Antilopen Gang ansieht, dann steht da eben neben Rock am Ring, dem Donau­in­sel­fest und dem Highfield Festival auch das „AufMUCKEn gegen Rechts“ in Weyhe. Das ist ein Verdienst des Veran­stal­ters. Das hat natürlich auch zum Erfolg des ersten richtigen Open Air Festivals in Weyhe unter diesem Motto beigetragen.

Koljah, Panik Panzer und Danger Dan sind Rap-Akti­visten, Anar­chisten und Anti­fa­schisten und außerdem gerade echte Chart­stürmer. In Weyhe präsen­tieren sie nach leichten tech­ni­schen Anfangs­schwie­rig­keiten eine kraft­volle und enga­gierte Show bei der zwischen­durch immer der band­ei­gene Humor durch­bricht und in der der Kontakt und das Spiel mit dem Publikum groß­ge­schrieben wird. Ihre Texte sprechen für sich und sparen nicht mit Häme über den poli­ti­schen Gegner von Rechts. Das trifft gerade hier auf breiten Zuspruch.

Mit ihrem aktuellen Album Anarchie und Alltag waren sie 2017 für den inzwi­schen abge­schafften Echo in der Kategorie „Kriti­ker­preis national“ nominiert. Dazu teilte die Band mit, dass sie der Echo­ver­lei­hung 2017 fern­bleiben werde, da an diesem Abend ihre Lieb­lings­fern­seh­sen­dung Alarm für Cobra 11 – Die Auto­bahn­po­lizei laufe, welche sie nicht verpassen wolle. Auch im Nach­hinein noch eine gute Entscheidung.

Es war ein toller Festi­val­a­bend und natürlich unter­stützen wir solche Veran­stal­tungen, schon allein weil Wohnungs­lose und von Armut betrof­fene Menschen, Flücht­linge und generell Wehrlose immer die ersten Opfer von rechter Politik und rechter Gewalt sind.

Wir freuen uns auch für die Orga­ni­sa­toren und Helfer, dass das Konzert so ein großer Erfolg war. Immerhin waren mehr als doppelt so viele Zuschauer da, als bei den vorhe­rigen Veran­stal­tungen der Reihe.

Aber wir finden auch, dass „Dagegen“ als poli­ti­sche Meinungs­be­zeu­gung allein nicht ausreicht. Ich finde dass das „Dafür“, die Klar­stel­lung der eigenen Ziele und der gewollten poli­ti­schen Verän­de­rung auf den vielen „…gegen Rechts“-Veranstaltungen zu kurz kommt. Die Grat­wan­de­rung zwischen poli­ti­scher Initia­tive und eigener Posi­tio­nie­rung gegenüber der Agit-Pop-Kommer­zia­li­sie­rung ist eine schwie­rige Sache. Da gilt es aufzupassen.