Ziegelei OPen Air - Twistringen - 09.06.2018 - Titel

Ziegelei Open Air Twist­ringen – Der Samstag

Es ist Samstag, der 9. Juni 2018, 16:00, der zweite Tag des Ziegelei Open Air Festivals 2018 – und auf dem Feld vor der Bühne hat es deutlich über 30 Grad. Wieviel Grad es auf der Bühne hat, darüber möchte ich gar nicht nachdenken.

Damit ist der Auftritt der Schulband des Twist­ringer Hildegard von Bingen Gymna­siums, die den heutigen Nach­mittag eröffnen, schon fast eine Sport­ver­an­stal­tung. Trotzdem ist die Perfor­mance beein­dru­ckend, hervor­zu­heben ist die Multi-Instru­men­ta­lität der meisten Band­mit­glieder, der sanfte und melo­di­sche Gesang von Sängerin Antonia und die beein­dru­ckende Back­ground-Unter­stüt­zung von Schlag­zeu­gerin Naomi. Insgesamt ein schöner Einstieg in einen heißen Festivaltag.

Schulband des Twistringer Hildegard von Bingen Gymnasiums - Ziegelei Open Air 2018 - Twistringen - 09.06.2018
Schulband des Twist­ringer Hildegard von Bingen Gymna­siums – Ziegelei Open Air 2018 – Twist­ringen – 09.06.2018

Das Hamburger Trio Danke für die Blumen spielt Power Rock mit Einflüssen von Jazz bis Reggae und natürlich ausgie­bigen Gitar­ren­soli, um beim inof­fi­zi­ellen Festi­val­thema zu bleiben. Die deutschen Texte erinnern dabei an Lyrik vergan­gener Ost-Bands und reichen von melan­cho­li­schen bis zu scharf­sinnig-kriti­schen Inhalten. "Auf der Flucht" bleibt im Gedächtnis, der deutsch-polnische Text beschäf­tigt sich nicht nur mit persön­li­chen Erfah­rungen des Sängers, der selbst 1985 aus Polen geflüchtet ist, sondern auch mit der Flucht nach innen, der Flucht vor sich selbst. Der Aufruf von Sänger Jakob Perko doch näher an die Bühne zu kommen bleibt aller­dings im Hitzestau stecken. Trotzdem sind schon amtlich Zuschauer da, nur besetzen diese eben dicht­ge­drängt die wenigen Schat­ten­plätze auf dem Ziegelei-Gelände.

Als dritte Band des Tages appel­liert die Folk-Punk Band um den Osna­brü­cker Sänger und Song­schreiber Manuel North, North Alone, tatsäch­lich an die Tanzbeine der Ziege­lei­be­su­cher. Leider ange­sichts der immer noch brütenden Hitze vergeb­lich. Was die Band nicht davon abhält, einen extrem unter-haltsamen Auftritt hinzu­legen. Neben Manuel North, der mitnichten allein dabei ist, über­zeugen vor allem der virtuos aufspie­lende Violinist So Kumneth Sim sowie Gitarrist Chris Kroke, der seine Punk-Wurzeln wenig bis gar nicht zu unter­drü­cken versucht. Frontman Manuel North dirigiert dabei das Quintett mit echten Enter­tainer-Quali­täten und einer Reib­ei­sen­stimme, für die es eigent­lich noch deutlich zu früh ist. Flogging Molly, für die die Band schon den Opener gemacht hat, lassen grüßen.

Die Dawn Brothers kommen zur Abwechs­lung mal aus den Nieder­landen und haben dort mit ihrem Mix aus Pop, Rock'n'Roll, Soul und Americana schon amtlich für Furore gesorgt. Auch beim Ziegelei Open Air 2018 sorgte das Quartett für Stimmung, an Abkühlung war sowieso nicht zu denken. Das inzwi­schen gut gefüllte Festi­val­ge­lände wippte mit Füßen und Köpfen mit und ließ es sich der Musik entspre­chend gut gehen. Irgendwie ist das perfekte Musik zum Auto­fahren, man fühlt fast den Fahrtwind auf der Haut. Aber nur fast.

The Dawn Brothers - v.l.n.r. Rowan de Vos (Keyboard, Gesang), Rafael Schwiddessen (Schlagzeug), Levi Vis (Bass, Gesang), Bas van Holt (Gesang, Gitarre)
The Dawn Brothers – v.l.n.r. Rowan de Vos (Keyboard, Gesang), Rafael Schwid­dessen (Schlag­zeug), Levi Vis (Bass, Gesang), Bas van Holt (Gesang, Gitarre)

Zwischen­durch präsen­tiert Rike Mey auf der Hot Oven Stage, in der es entgegen dem Namen deutlich kühler ist, ein Medley aus Pop- und Rocksongs, die das versam­melte Publikum nicht nur zum Mitsingen einladen sondern auch tatsäch­lich dazu bewegen. Das die Theke mit dem beliebten Ziegel-Bier in Armreich­weite ist, hilft dabei viel­leicht ein bisschen. Rike ist eigent­lich Stra­ßen­mu­si­kerin, fühlt sich aber auch auf der kleinen Bühne sichtlich wohl. Ein sehr sympa­thi­scher Auftritt. Wir möchten uns jetzt schon dafür entschul­digen, dass wir den sehr spontan ange­setzten Auftritt mit Band am Sonntag leider verpasst haben.

Mit Dana Fuchs betritt, nach leichten Schwie­rig­keiten mit dem Gesangs­mi­krofon, welche souverän vom Tech­nik­team beseitigt wurden, nun ein echter Star die Bühne.

Unser Dank gilt wie immer allen Helfern und Technikern, die ein solches Ereignis immer erst möglich machen.
Unser Dank gilt wie immer allen Helfern und Tech­ni­kern, die ein solches Ereignis immer erst möglich machen.

Dana Fuchs ist unter anderem als die Haupt­dar­stel­lerin des Janis Joplin Musicals bekannt geworden, auf der Bühne des Ziegelei Open Air Festivals präsen­tiert die stimm­ge­wal­tige Blues-Sängerin aber haupt­säch­lich Titel ihres aktuellen Albums „Love Lives On“ sowie des Vorgän­gers „Songs from the Road“ geprägt vom Memphis-Style mit Einflüssen von natürlich Janis Joplin, Led Zeppelin oder den Stones.

Unter­stützt von einer Allstar-Band (deren Namen wir leider nicht heraus­be­kommen haben, falls ihn jemand weiß, liefern wir diesen gerne nach) mit einem fantas­ti­schen Lead­gi­tar­risten und tollem Bläser­satz über­zeugte Dana Fuchs neben eigenen Titeln auch mit Covern von Otis Redding und Johnny Cash. Letzterem widmete sie eine zu Tränen rührende Balla­den­ver­sion von „Ring of Fire“, die ich so noch nie gehört habe und sofort zu einer meiner Lieb­lings­co­ver­ver­sionen avanciert ist.

Dazu liefert die New Yorkerin eine mitrei­ßende Bühnen­show, bei der sie auch alle ihre Musiker einbe­zieht. Ein beein­dru­ckender Auftritt und eine Show, die ich nur jedem wärmstens empfehlen kann. Auf dem Ziegelei Open Air wurden sie von der inzwi­schen dicht­ge­drängten Menge vor der Bühne auf jeden Fall bejubelt. Und das zu recht.

Zurück in der Hot Oven Stage präsen­tierten sich in der Umbau­pause Dune Valley. Dune Valley ist eine Rockband aus Nord­deutsch­land. Sie spielen Stoner-Rock, Bluesrock und Grunge. Beim Ziegelei Open Air 2018 gaben sie akus­ti­schen Bluesrock- und Grunge-Klassiker von Muddy Waters, Seaside Sick, Alice In Chains und ZZ Top zum besten. Ehrliche hand­ge­machte Rockmusik von der Wohn­zim­mer­bühne, das macht Spaß und Lust auf mehr. Leider gönnt sich die Band, vornehm­lich ihr Schlag­zeuger, erstmal eine sechs­mo­na­tige Babypause. Das muss natürlich sein, aber wir hoffen sie danach in der Region wiederzusehen.

Den Abschluss auf der Haupt­bühne machten The Quireboys aus England mit einer veri­ta­blen Glam-Rock Show. Sänger Spike, der die Band schon 1984 ins Leben rief, ist ein veri­ta­bler Poser vor dem Herrn (und ich meine das im positiven Sinn) der der Mischung aus Rock'n'Roll und 70-ger-mäßigem Rock der Quireboys einen heftigen Tritt ins 21. Jahr­hun­dert versetzt. Zwar waren die Tempe­ra­turen inzwi­schen tatsäch­lich ins Erträg­liche gesunken, dieser Auftritt brachte aber alle Zuschauer noch einmal richtig zum Schwitzen. Natürlich kamen auch hier die Gitar­ren­soli nicht zu kurz, so dass die Band ein perfekter Abschluss eines tollen Festi­val­a­bends war.

Wir machten uns deutlich erschöpft, aber guter Dinge noch vor der Aftershow-Party wieder zurück auf den Weg nach Freistatt. Am Sonntag ist Fami­li­en­sonntag, da wollten wir etwas ausge­schlafen sein. Bis jetzt war es mal wieder ein groß­ar­tiges Ziegelei Open Air Festival mit tollen Bands und einem wie immer sympa­thi­schen und tiefen­ent­spannten Festivalpublikum.