Nach einem kurzen Begrüßungstreffen im Kompetenzzentrum der Deutschen Lehranstalt für Agrarwirtschaft (DEULA) in Nienburg, zu dem auch die Sponsoren der Veranstaltung ihre Stände aufgebaut hatten, ging es kurz nach Zehn in die großzügig bestuhlte Halle 4, wo die eigentliche Veranstaltung stattfand. „WEITER DENKEN – Klimawandel und die Folgen für die Landwirtschaft“ – so das Thema des diesjährigen Junglandwirtertages. Die mehr als 300 Besucher und Gäste wurden von Viktoria Sophie Möhlenhof, Niklas Behrens und Henrik Brunkhorst vom Vorstand des Junglandwirte Niedersachsen e. V. begrüßt. Vorab wurde ein kurzes Begrüßungsvideo gezeigt, das vor allem die verzerrte Wahrnehmung der Öffentlichkeit gegenüber der heimischen Landwirtschaft sowie das mangelnde Vertrauen der Bevölkerung zum Thema hatte.
In seiner Begrüßungsrede wies Niklas Behrens auf die Verantwortung der Landwirte im Rahmen des Klimawandels hin, bemerkte aber auch, dass nicht alle Forderungen an die Landwirtschaft, wie sie von Laien formuliert werden, auch umsetzbar seien. Landwirtschaft ohne CO2-Emissionen wird es auch in Zukunft nicht geben können.
Nicht nur die Bemühungen der Landwirte, sondern eben auch eine Diskussion auf Augenhöhe über die Unvereinbarkeit von sich widersprechenden Forderungen sei notwendig, so Behrens. Totaler Emissionsschutz und Offenställe oder Humusaufbau bei gleichzeitigem Herbizidverbot sind so nicht machbar, führte Niklas Behrens aus. Hier müssten Kompromisse gefunden werden, bei aller Konsequenz in der ökologischen Modernisierung der Landwirtschaft.
Der erste Redner, Falk Böttcher, vom Deutschen Wetterdienst, bzw. der Agrarmeteorologie Leipzig ist selbst Landwirt. Die Landwirtschaft sei nicht nur vom Klimawandel betroffen, sondern auch Mitauslöser desselben.
Was heißt eigentlich Klimawandel?
Es gehe um die Veränderung der mittleren Verhältnisse, aber auch um die Häufigkeit der auftretenden Extremwerte. Das einzelne Extremwetterereignis sei durch die von Menschen gemachte Erderwärmung – gerade im warmen Bereich – zweimal wahrscheinlicher geworden, so Böttcher. Natürlich ginge das dann auch mit einer Veränderung der Niederschlagsmengen und einem vermehrten Auftreten von Starkregen einher, also einer veränderten Niederschlagscharakteristik.
Die Landwirtschaft sei aber nicht nur Mitauslöser des Klimawandels, sondern könne auch zur Lösung des Problems beitragen, führte der Meteorologe aus. Das in Zeiten des Klimawandels extrem wichtige Wasseraufnahmevermögen des Bodens steigt zum Beispiel deutlich, wenn weniger gepflügt wird. Traditionelles Pflügen beeinträchtige außerdem die Humusbildung im Boden und verringere dadurch dessen Fähigkeit zur Bindung von CO2.
Die einzelnen Lösungsvorschläge, gerade im Bereich der landwirtschaftlichen Wasserversorgung, würden an dieser Stelle zu weit führen, sie sind aber durchaus vielfältig vorhanden. Sowohl Bodenbearbeitung als auch Düngung ließen sich weiter optimieren, so Böttcher.
Im Anschluss richtete Walter Heidl, der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), das Wort an die Gäste. Das politische und gesellschaftliche Klima wandele sich im gleichen Rahmen, begann Heidl (der auch Präsident des bayrischen Bauernverbandes ist), mit einer Replik auf die bereits im Flyer und Begrüßungsvideo der Veranstaltung gemachten Aussage. Die Emotionalität der Diskussion stehe oft im Gegensatz zu den tatsächlichen Fakten. Die Verantwortung der Landwirte, sowohl in der Bodenbearbeitung als auch in der Tierhaltung stehe außer Frage, aber die Bestimmungen dürften – gerade auch im familiären Kleinbetrieb – nicht zur Existenzgefährdung führen.
Herausforderungen durch den Klimawandel
Die Trockenheit betreffe nicht nur die Landwirtschaft, sondern in verschärftem Maße auch die Forstwirtschaft. Der Befall durch Borkenkäfer werde bei anhaltender Trockenheit schnell zur Plage und verursache dann massive und auch langjährig nachwirkende Schäden am Wald. Die erhöhte Mischwaldbebauung in der Forstwirtschaft könnte hier zur Minderung von Schäden beitragen. Außerdem könnten nachhaltig genutzte Wälder effektiv zum CO2-Abbau beitragen und so einem Klimawandel entgegenwirken, so Vizepräsident Heidl.
Im Bereich der erneuerbaren Energien wünschte sich Heidl eine verlässlichere Gesetzgebung. Im Bereich des Biodiesels seien noch deutlichere Verbesserungen möglich. Bei der Bioenergie gäbe es eine dicke Baustelle, für die Heidl in näherer Zukunft keinen wirklichen Fortschritt sehe. Auch hier wünschte sich der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes eine sachlichere und mehr von Fakten geprägte Diskussion. Gemeinsam müssten Landwirtschaft und Gesellschaft zur Lösung beitragen, und eine vernünftige, sachliche aber auch direkte Öffentlichkeitsarbeit würde hier sicherlich hilfreich sein.
Als dritter Redner betrat Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, der Vorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e. V., das Podium. Seinen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb habe er mit großem Stolz vor drei Jahren an die nächste Generation weitergegeben, so der Verbandsvorsitzende. Er spreche nun also als Altbauer zu den versammelten Junglandwirten.
Die Verantwortung der Agrarwirtschaft mache nicht vor der eigenen Haustür halt. Gerade in wärmeren Regionen der Welt seien die Auswirkungen noch extremer und die Herausforderungen größer. Als Beispiel nannte zu Löwenstein die sehr problematischen Regenwaldrodungen, die für den Anbau von Sojabohnen dienen würden, um dann für die europäische Futtermittelproduktion exportiert zu werden. Auch wenn wir morgen aufhören würden, Treibhausgase zu produzieren – eine Vorstellung, von der wir weit entfernt seien – sei der bereits angerichtete Schaden dadurch zeitnah nicht zu beheben.
Die Antwort auf die Herausforderung des Klimawandels, führte zu Löwenstein aus, sei die Vielfalt der Bodennutzung. Wie bereits Falk Böttcher ausgeführt habe, sei die Kapazität der Wasserspeicherung in den Böden eine wichtige und verbesserungsfähige Angelegenheit. Der Biolandbau, für den sein Verband stehe, sei davon im gleichen Maße betroffen, wie die Höfe der traditionellen Landwirtschaft. Leichtere Landmaschinen und eine allgemeine Verringerung der Achslast könnte dabei der zunehmenden Verdichtung des Bodens entgegenwirken.
Der weitere Vortrag des Ökologiespezialisten war dann von informativen aber sehr technischen Fragen geprägt, deren Diskussion das anwesende Publikum sehr aufmerksam folgte. Zugegebenermassen habe ich dabei nicht alle Zahlen und daraus resultierenden Vorschläge verstanden. Angesichts des stellenweisen zustimmenden Nickens der Junglandwirte um mich herum, ist das aber meiner eigenen Unwissenheit geschuldet.
Ausblick
Durch die Vorträge wurde deutlich, dass die Klimaschutzmaßnahmen durch die Vorgaben zum Handel von Emissionen im Rahmen der europäischen Klimagesetzgebung künftig einen konkreten Preis bekommen werden. Durch die Senkung der Stickstoffüberschüsse und die energetische Nutzung von Wirtschaftsdüngern sowie die Ausweitung der ökologisch bewirtschafteten Fläche sollte sich die finanzielle Auswirkung auf den einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb aber deutlich minimieren lassen. So sollte neben dem gesamtökologischen Aspekt auch eine ökonomischer Anreiz für mehr Nachhaltigkeit in der modernen Landwirtschaft bestehen.
Schon während der Veranstaltung wurden von ehrenamtlichen Helfern Fragen im Publikum gesammelt. Im Anschluss an den Vortrag des BÖLW-Vorsitzenden stellten sich die bisherigen Redner einer Podiumsdiskussion. Um neue Kulturen ging es da zum Beispiel. Welche Möglichkeiten neuer Anbausorten ergeben sich für den jungen Landwirt? Die Fachleute sahen da zwar Chancen für den Anbau von wärmebedürftigeren Pflanzen, wenn Herr Bötttcher auch den Anbau von Olivenbäumen in Deutschland eher skeptisch sah. Die größeren Chancen sahen die Redner aber in der Verbesserung der bereits vorhandenen Sorten. Eine größere Vielfalt sei aber auf jeden Fall wünschenswert. Viele alte Fruchtsorten seinen schlicht und einfach in Vergessenheit geraten. Vielleicht zu Unrecht.
Eine Frage, die sich aufdrängte, war, wie sich der Klimawandel weltweit auswirkt. Gerade die Regionen der Welt, in denen viele ärmere und bevölkerungsreiche Länder liegen, sind von den Auswirkungen der Extemwetterlagen oft viel härter betroffen als Europa, dessen Norden vielleicht sogar in der Zukunft von einer geringen Erwärmung profitieren wird. Hier wurde klargestellt, dass wir als Industrienation Verantwortung übernehmen müssen, auch wenn momentan keine einfachen Lösungen verfügbar seien. Der Ausbau von Projekten nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ gerade auch im Bereich der nachhaltigen Landwirtschaft werde dabei immer ein wichtiger Bestandteil sein.
Beim anschließenden Mittagsimbiss gab es auch weiterhin rege Gespräche unter den Anwesenden, aber auch mit und unter den Vortragenden. Auch wenn wir als Laien nicht immer alles verstanden haben, bleibt doch zumindest bei dieser Veranstaltung der Eindruck, dass sich die Junglandwirte ihren Herausforderungen sehr wohl stellen und stellen wollen. In der Zukunft werden wir uns etwas intensiver mit dieser Thematik beschäftigen. Die Hilfe des Junglandwirteverbandes Niedersachsen sowie der Junglandwirte Diepholz begrüßen wir dabei ausdrücklich.
Wir danken den Organisatoren, den Sponsoren und der DEULA für die Einladung zu diesem sehr informativen und erhellenden Jugendlandwirtetag Niedersachsen 2019.