Header_WK-2019_dez-21_UchtmannBericht-Teil-11_1170x200px_92pz-iv

Frei­stätter Weih­nachts­ka­lender 2019
Uchtmanns Moor­be­richt – Teil 11

Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.

      

 • • • 

Land­wirt­schaft­liche Erfolge

Im ersten Anbaujahr entwi­ckelte sich der Pethu­ser­roggen, welcher auf besseren Boden gewachsen, nicht so gut, da sich derselbe auf dem Moorboden erst akkli­ma­ti­sieren musste. Erst vom dritten Jahre ab wurde der Bestand ein besserer. Deshalb machte ich meinen Versuch mit Ähren­aus­lese und wir hatten damit einen sehr guten Erfolg. Von 22 Pfund so gewon­nenen Roggen wurde 1 Morgen mit einer kleinen Hand­drill­ma­schine (die Rechen 25 cm weit) einge­drillt. Dieser dünn gedrillte Roggen bestockte sich derart, dass von einem Samenkorn 15 bis 20 einzelne, ja sogar 30 bis 33 gut ausge­wach­sene Halme zum Vorschein kamen.

Der Körne­r­er­trag betrug 8,5 Zentner von diesem Morgen. Nach sorg­fäl­tiger Reinigung verblieben noch 6 Zentner gutes Getreide. Dieses wurde nun auf 10 Morgen ausge­streut und brachte im folgenden Jahre eine Ernte von 170 Zentner Getreide. Dieser Versuch zeigte, dass mit dem Ausschneiden des Elite­r­oggen unbedingt eine größere Ernte zu erzielen war. Nach dieser Methode wurde nun immer weiter gehandelt und dadurch erzielt, dass in den nächsten Jahren kein neues Saatgut angekauft werden brauchte.

unsplash.com - (c) Rachel C. - meditatingdragon - Moorbild 12
unsplash.com – © Rachel C. – medi­ta­ting­d­ragon – Moorbild 12

Vom Hafer hat sich bis jetzt nur der schwarze Moorhafer bewährt, welcher einen Ertrag von 8 bis 10 Zentner pro Morgen liefert. Viele Sorten die angebaut worden sind, haben sich einbür­gern können, z. B. Gold­re­gen­hafer, gelber Gebirgs­hafer, Petkuser gelben und viele andere Sorten haben sich auf Hoch­moor­boden nicht bewährt. Manche Sorten standen im ersten Jahr ziemlich gut, versagten aber im zweiten Versuchs­jahr vollständig.

Die Kartof­feln wurden in den ersten Jahren auch nur mit Kunst­dünger gedüngt, da, wie angegeben, bei dem geringen Vieh­be­stand kein Stallmist vorhanden war. Es wurden Erträge von 80 bis 100 Zentner pro Morgen, je nach Sorte, erzielt. Die höchsten Erträge lieferte der Bruce zu der Zeit. Als dann später der Rinder-und Schwei­ne­be­stand sich vermehrte, wurden die Kartof­feln mit Stallung und Kunst­dünger gedüngt und die Erträge stei­gerten sich auf 100 bis 150 Zentner je nach Sorte der Kartoffeln.

Die Frucht­folge gestal­tete sich folgen­der­maßen: Nach der Kulti­vie­rung erstens Hafer mit Seradella, zweitens Kartof­feln, drittens Roggen und im vierten Jahr wieder Hafer. Und so vollzog sich die Frucht­folge wieder in derselben Weise, so dass alle drei Jahre zu den Kartof­feln Stallmist gegeben wurde.

unsplash.com - (c) Craig Cameron - Moorbild 9

Wiesen und Weiden

Die Anlegung der Wiesen und Weiden gestal­tete sich wie beim Ackerland. Das Moor wurde geharkt und gut durch­pla­niert und drainiert, im Frühjahr gedüngt und bear­beitet, dann 25 bis 30 Pfund Hafer pro Morgen als Über­frucht gesät, eingeeggt und
damit der Boden fest wurde, mit einer schweren Walze gewalzt, dann Klee und Gräser ausgesät und nochmals fest­ge­walzt, dann gab es im zweiten Jahr zwei gut Schnitt Gras zu Heu.

Da das Moor bekannt­lich im Winter durch den Frost hoch­friert, lose und locker wird, müssen die Wiesen und Weiden jedes Frühjahr, um den Boden und Pflanzen die nötige Festig­keit zu geben, mit einer schweren Walze dicht­ge­walzt werden. Da in den Sommer­mo­naten bei mangelnden Regen das Moor sehr leicht trocken wird, müssen um den Pflanzen die nötige Feuch­tig­keit zuzu­führen, im Frühjahr, Ende März oder Anfang April, je nach Feuch­tig­keit des Bodens, die Abzugs­gräben gestaut werden, um damit zu erreichen, dass die Feuch­tig­keit in dem Boden gehalten und auch die Höhe des Wasser­standes genau geregelt werden konnte.

Arbeits­be­din­gungen

Nun möchte ich einen kurzen Überblick über unsere Unter­kunfts­mög­lich­keiten in den ersten Jahren draußen im Moor geben, Weil noch keine Unter­kunfts­buden, oder derglei­chen vorhanden waren, mussten wir vier Jahre lang mit den Leuten auf freiem Feld kampieren. Den einzigen Schutz gegen Wind und Wetter boten uns, wenn welche da waren, höchstens nur die großen Torf­mieten. Ob das Wetter nun gut, regne­risch und kalt, bei Frost und Hitze, im Sommer und im Winter, es wurde in Gottes freier Natur gear­beitet und auch gegessen. Manchmal gab es dann auch eine kleine Zugabe in den Teller in der Form von Regen oder auch Schnee.

Im Winter wurden oft die Finger beim Essen so steif, dass man den Löffel kaum noch halten konnte. Es wurden dann zwei große Zelte für je 40 Mann Unter­kunft gekauft, wie waren wir damals froh und glücklich, wenigs­tens ein Dach über dem Kopf zu haben, um vor den Unbilden des Wetters geschützt zu sein. Bis die Zelte dann auch den Weg alles Irdischen gegangen sind. Es wurden nun Versuche mit dem Bau von trans­por­ta­blen Holzbuden abgestellt.

unsplash.com - (c) Craig Cameron - Moorbild 9
unsplash.com – © Craig Cameron – Moorbild 9

Diese Buden waren acht m lang und 4 m breit und zerlegbar und hatten den Vorzug, durch Abnehmen des Daches und Ausein­an­der­nehmen der Wände, die einzelnen Teile leicht von einer fertigen Arbeits­stelle auf die neue zu schaffen und dort wieder­auf­zu­bauen. Am Anfang wurden zwei solcher fertig­ge­stellt, reichten aber bei weitem für eine Unter­kunft nicht aus, mussten doch auch die Gespanne in der Mittags­pause darin unter­ge­bracht werden. Und so suchten Menschen und Pferde bei schlechtem Wetter und auch in der Mittags­pause soweit wie möglich zusammen Unterkunft.

Nachdem sich diese Holzbuden bewährten, wurde mit dem Bau mehrerer solcher Buden fort­ge­fahren und überall in den Torf-und Acker­fel­dern hinge­stellt. Ich sehe heute noch die Freude der Leute, als so viele Buden vorhanden waren, dass Menschen und Pferde, jeder für sich, eine Unter­kunfts­stelle hatte und der erste Ofen aufge­stellt wurde, damit wir uns den Kaffee warm machen konnten. Im Jahre 1916 wurde dann der jetzige Aufent­halts­raum und Spei­se­saal der Acker- und Wiesen­felder gebaut.

Kriegs­jahre

Nun möchte ich noch einen kleinen Überblick über unsere Arbeit in den Kriegs­jahren geben. Wir waren ein paar Tage vor der Mobil­ma­chung mit dem Schneiden des Roggens fertig geworden und mit Hafer­schneiden ange­fangen, als die Mobil­ma­chung bekannt wurde. Ratlos stand ich mit einem Moor­ar­beiter und etwa 20 bis 25 Kolo­nisten am Morgen des zweiten Mobil­ma­chungs­tages bei der Arbeit.

unsplash.com - (c) Rachel C. - meditatingdragon - Moorbild 12

Die anderen Moor­ar­beiter waren, oder wurden einge­zogen, die Pferde, die sonst im Moor einge­setzt waren, waren zum Teil fort und durch andere ersetzt, ein Durch­ein­ander, wie es sonst nicht zu beschreiben ist. Dabei die große Ernte und viel Arbeit vor Augen. Der Hafer musste geschnitten werden, Roggen einge­fahren werden usw. Hinzu kamen auch die Arbeiten in den Torf­fel­dern und an den Torf­ma­schinen. Und so mussten zu allen vorkom­menden Arbeiten die Zöglinge mit heran­ge­zogen werden.

Die Diakone, welche mit den Zöglingen und den Arbeiten vertraut, wurde auch einge­zogen und durch neue ersetzt. Die Zöglinge, durch den Krieg rabiater geworden, machten uns oft schwere Sorgen bei der Arbeit. Es kam einmal vor, dass die Zöglinge, die Garben aufladen mussten, die Brüder mit der Forke bedrohten und ich nur mit Unter­stüt­zung meines schwarzen bissigen Hundes, denselben die gefähr­li­chen Werkzeuge abnehmen konnte. Zur Strafe mussten die Zöglinge die Garben mit den Händen zureichen.
 • • • 

      

• Ende Teil 11 • (… der Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.)


☃ Frei­stätter Weih­nachts­ka­lender 2019 ☃