Erinnerungen des August Uchtmann über die Kultivierung des Freistätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.
• • •
Landwirtschaftliche Erfolge
Im ersten Anbaujahr entwickelte sich der Pethuserroggen, welcher auf besseren Boden gewachsen, nicht so gut, da sich derselbe auf dem Moorboden erst akklimatisieren musste. Erst vom dritten Jahre ab wurde der Bestand ein besserer. Deshalb machte ich meinen Versuch mit Ährenauslese und wir hatten damit einen sehr guten Erfolg. Von 22 Pfund so gewonnenen Roggen wurde 1 Morgen mit einer kleinen Handdrillmaschine (die Rechen 25 cm weit) eingedrillt. Dieser dünn gedrillte Roggen bestockte sich derart, dass von einem Samenkorn 15 bis 20 einzelne, ja sogar 30 bis 33 gut ausgewachsene Halme zum Vorschein kamen.
Der Körnerertrag betrug 8,5 Zentner von diesem Morgen. Nach sorgfältiger Reinigung verblieben noch 6 Zentner gutes Getreide. Dieses wurde nun auf 10 Morgen ausgestreut und brachte im folgenden Jahre eine Ernte von 170 Zentner Getreide. Dieser Versuch zeigte, dass mit dem Ausschneiden des Eliteroggen unbedingt eine größere Ernte zu erzielen war. Nach dieser Methode wurde nun immer weiter gehandelt und dadurch erzielt, dass in den nächsten Jahren kein neues Saatgut angekauft werden brauchte.
Vom Hafer hat sich bis jetzt nur der schwarze Moorhafer bewährt, welcher einen Ertrag von 8 bis 10 Zentner pro Morgen liefert. Viele Sorten die angebaut worden sind, haben sich einbürgern können, z. B. Goldregenhafer, gelber Gebirgshafer, Petkuser gelben und viele andere Sorten haben sich auf Hochmoorboden nicht bewährt. Manche Sorten standen im ersten Jahr ziemlich gut, versagten aber im zweiten Versuchsjahr vollständig.
Die Kartoffeln wurden in den ersten Jahren auch nur mit Kunstdünger gedüngt, da, wie angegeben, bei dem geringen Viehbestand kein Stallmist vorhanden war. Es wurden Erträge von 80 bis 100 Zentner pro Morgen, je nach Sorte, erzielt. Die höchsten Erträge lieferte der Bruce zu der Zeit. Als dann später der Rinder-und Schweinebestand sich vermehrte, wurden die Kartoffeln mit Stallung und Kunstdünger gedüngt und die Erträge steigerten sich auf 100 bis 150 Zentner je nach Sorte der Kartoffeln.
Die Fruchtfolge gestaltete sich folgendermaßen: Nach der Kultivierung erstens Hafer mit Seradella, zweitens Kartoffeln, drittens Roggen und im vierten Jahr wieder Hafer. Und so vollzog sich die Fruchtfolge wieder in derselben Weise, so dass alle drei Jahre zu den Kartoffeln Stallmist gegeben wurde.
Wiesen und Weiden
Die Anlegung der Wiesen und Weiden gestaltete sich wie beim Ackerland. Das Moor wurde geharkt und gut durchplaniert und drainiert, im Frühjahr gedüngt und bearbeitet, dann 25 bis 30 Pfund Hafer pro Morgen als Überfrucht gesät, eingeeggt und
damit der Boden fest wurde, mit einer schweren Walze gewalzt, dann Klee und Gräser ausgesät und nochmals festgewalzt, dann gab es im zweiten Jahr zwei gut Schnitt Gras zu Heu.
Da das Moor bekanntlich im Winter durch den Frost hochfriert, lose und locker wird, müssen die Wiesen und Weiden jedes Frühjahr, um den Boden und Pflanzen die nötige Festigkeit zu geben, mit einer schweren Walze dichtgewalzt werden. Da in den Sommermonaten bei mangelnden Regen das Moor sehr leicht trocken wird, müssen um den Pflanzen die nötige Feuchtigkeit zuzuführen, im Frühjahr, Ende März oder Anfang April, je nach Feuchtigkeit des Bodens, die Abzugsgräben gestaut werden, um damit zu erreichen, dass die Feuchtigkeit in dem Boden gehalten und auch die Höhe des Wasserstandes genau geregelt werden konnte.
Arbeitsbedingungen
Nun möchte ich einen kurzen Überblick über unsere Unterkunftsmöglichkeiten in den ersten Jahren draußen im Moor geben, Weil noch keine Unterkunftsbuden, oder dergleichen vorhanden waren, mussten wir vier Jahre lang mit den Leuten auf freiem Feld kampieren. Den einzigen Schutz gegen Wind und Wetter boten uns, wenn welche da waren, höchstens nur die großen Torfmieten. Ob das Wetter nun gut, regnerisch und kalt, bei Frost und Hitze, im Sommer und im Winter, es wurde in Gottes freier Natur gearbeitet und auch gegessen. Manchmal gab es dann auch eine kleine Zugabe in den Teller in der Form von Regen oder auch Schnee.
Im Winter wurden oft die Finger beim Essen so steif, dass man den Löffel kaum noch halten konnte. Es wurden dann zwei große Zelte für je 40 Mann Unterkunft gekauft, wie waren wir damals froh und glücklich, wenigstens ein Dach über dem Kopf zu haben, um vor den Unbilden des Wetters geschützt zu sein. Bis die Zelte dann auch den Weg alles Irdischen gegangen sind. Es wurden nun Versuche mit dem Bau von transportablen Holzbuden abgestellt.
Diese Buden waren acht m lang und 4 m breit und zerlegbar und hatten den Vorzug, durch Abnehmen des Daches und Auseinandernehmen der Wände, die einzelnen Teile leicht von einer fertigen Arbeitsstelle auf die neue zu schaffen und dort wiederaufzubauen. Am Anfang wurden zwei solcher fertiggestellt, reichten aber bei weitem für eine Unterkunft nicht aus, mussten doch auch die Gespanne in der Mittagspause darin untergebracht werden. Und so suchten Menschen und Pferde bei schlechtem Wetter und auch in der Mittagspause soweit wie möglich zusammen Unterkunft.
Nachdem sich diese Holzbuden bewährten, wurde mit dem Bau mehrerer solcher Buden fortgefahren und überall in den Torf-und Ackerfeldern hingestellt. Ich sehe heute noch die Freude der Leute, als so viele Buden vorhanden waren, dass Menschen und Pferde, jeder für sich, eine Unterkunftsstelle hatte und der erste Ofen aufgestellt wurde, damit wir uns den Kaffee warm machen konnten. Im Jahre 1916 wurde dann der jetzige Aufenthaltsraum und Speisesaal der Acker- und Wiesenfelder gebaut.
Kriegsjahre
Nun möchte ich noch einen kleinen Überblick über unsere Arbeit in den Kriegsjahren geben. Wir waren ein paar Tage vor der Mobilmachung mit dem Schneiden des Roggens fertig geworden und mit Haferschneiden angefangen, als die Mobilmachung bekannt wurde. Ratlos stand ich mit einem Moorarbeiter und etwa 20 bis 25 Kolonisten am Morgen des zweiten Mobilmachungstages bei der Arbeit.
Die anderen Moorarbeiter waren, oder wurden eingezogen, die Pferde, die sonst im Moor eingesetzt waren, waren zum Teil fort und durch andere ersetzt, ein Durcheinander, wie es sonst nicht zu beschreiben ist. Dabei die große Ernte und viel Arbeit vor Augen. Der Hafer musste geschnitten werden, Roggen eingefahren werden usw. Hinzu kamen auch die Arbeiten in den Torffeldern und an den Torfmaschinen. Und so mussten zu allen vorkommenden Arbeiten die Zöglinge mit herangezogen werden.
Die Diakone, welche mit den Zöglingen und den Arbeiten vertraut, wurde auch eingezogen und durch neue ersetzt. Die Zöglinge, durch den Krieg rabiater geworden, machten uns oft schwere Sorgen bei der Arbeit. Es kam einmal vor, dass die Zöglinge, die Garben aufladen mussten, die Brüder mit der Forke bedrohten und ich nur mit Unterstützung meines schwarzen bissigen Hundes, denselben die gefährlichen Werkzeuge abnehmen konnte. Zur Strafe mussten die Zöglinge die Garben mit den Händen zureichen.
• • •
• Ende Teil 11 • (… der Erinnerungen des August Uchtmann über die Kultivierung des Freistätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.)