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Frei­stätter Weih­nachts­ka­lender 2019
Uchtmanns Moor­be­richt – Teil 10

Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.

      

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Fort­schritte der Drainagearbeiten

Da in den Ackern und Wiesen eine Drainage zwei Monate(?) entwäs­serte, betrug die Länge der Drainage bei 568 Morgen 56.800 lfd. Meter. In den Torf­fel­dern waren drei Trocken­felder voll­ständig fertig drainiert, in ein Trocken­feld von zwei km Länge sind 50 Gräben a 200 m lang = 150 Gräben x 200 m = 30.000 lfd. Meter, so dass eine Gesamt­länge der Drainage von rund 87.000 lfd. Meter in den bevor­ste­henden Jahren herge­stellt worden sind.

Hierzu kommt noch die Drai­nie­rung der Weide östlich der Moor­grenze (da der Torf nicht tief stand), mit Holz­stangen herge­stellt worden ist. Auch die jetzige Weide an der Bahn für Moorstatt ist mit Röhren ausge­führt worden. Bei der Umla­ge­rung der Moor­klapp­drai­nage ist viel Arbeits­kraft und Kapital für Anschaf­fung der Röhren und Holz­stangen gespart worden. Zum Beispiel brauchte keine Heide abgehauen und heran­ge­fahren werden, sowie auch die Heran­schaf­fung der Röhren vom Bahnhof Varrel bis zur Arbeits­stelle. Auch die Holz­stangen mussten von auswärts bezogen werden. Nur dadurch ist es möglich geworden, dass in der kurzen Zeit so große Flächen zu entwäs­sern und zu drai­nieren waren.

Moorbild 8 - (c) Jan Pojer - unsplash.com
Moorbild 8 – © Jan Pojer – unsplash.com

Von anderer Seite und auch von der Moor­ver­suchs­sta­tion Bremen ist der Moor­klapp­drai­nage mit Miss­trauen begegnet worden, und ich glaube, dass dieses Miss­trauen auch heute noch nicht ganz beseitigt ist. Kamen doch viele Besuche von auswär­tigen Herren, welche unsere Klapp­drai­nage besich­tigten, die sich heute noch nicht erklären können, dass man mit unseren 80 bis 100 Ztr. schweren Motoren darüber hinweg fahren kann, ohne dass diese zusam­men­ge­drückt werden. Und doch ist solches nicht der Fall.

Bei mehreren alten Gräben habe ich in letzter Zeit Unter­su­chungen vorge­nommen, um zu sehen, wie sich die Drainage in den langen Jahren gehalten hat. Die Öffnungen sind wohl etwas kleiner geworden, aber die zusam­men­ge­klappten Wände stehen heute noch ebenso wie vor zwanzig Jahren.

Ausstel­lungs­stück „Moor­ballen einer Klappdrainage“

Um die Art dieser Drainage auch anderen Moor­ge­genden zugäng­lich zu machen, wurde ein großer Moor­ballen in einem Stück von 1 m dick und 1,5 m breit und 1,5 m hoch aus dem Moor gestochen und in diesem Ballen die Drainage voll­ständig ausge­ar­beitet und darge­stellt, um dann auf der großen Land­wirt­schaft­li­chen Ausstel­lung in Berlin, wo als Preis die Anstalt eine bronzene Medaille erhielt und in den späteren Jahren auch in Hannover ausge­stellt wurde. In den ersten Jahren ist auch ein solcher Ballen nach einer Moor­aus­stel­lung nach Schweden gesandt worden. Der einzelne Ballen wog mit Holz­ver­klei­dung 20 bis 23 Zentner.

Moorbild 6 - (c) Marika Vinkmann - unsplash.com

Pioniere der Moorkultivierung

Bei all diesen Arbeiten haben mir in den ersten Jahren der Diakon (jetzige Hausvater) Böningk und die Moor­ar­beiter Langefeld, Herrmann, Grewe, Dörheide, Böcker und Friedel Siebold als Eleven treulich mitge­holfen. Besonders meine Freunde Langefeld und Grewe, die sich keiner Mühe scheuten und die Strapazen sechs und acht Jahre mitge­macht haben. In späteren Jahren kamen dann noch die Vorar­beiter Keller, welcher bis zum Anfang des Krieges hier war, und dann Grothaus hinzu.

Außerdem haben mir noch treulich zur Seite gestanden die Eleven Volland, ein Bruder des Herrn Dr. Volland in Bethel, Meyer aus Karlsruhe, die beiden Gebrüder Petersen aus Hamburg und viele andere, deren Namen mir jetzt unbekannt sind. Nach dem Kriege sind dann an Stelle der alten Mitar­beiter neue getreten, so die Herren Barmhold, Hespen­heide und meine beiden Söhne Fritz und Carl.

Fort­schrei­tende Kulti­vie­rung der ehema­ligen Moorflächen

Die Bear­bei­tung der Acker­flä­chen wurde nach dem Drai­nieren ganz bedeutend erleich­tert, man konnte mit den Gespannen überall hinkommen, denn die kleineren offenen Gräben waren verschwunden und zuge­pflügt worden und boten nun kein Hindernis mehr. Auch die Entwäs­se­rung und Festig­keit des Moores wurde durch die Tiefer­le­gung der Drainage (1,30 m tief) eine ganz andere, als bei den nur 0,70 m tiefen offenen Gräben. Es gab immer noch weiche Stellen – und gibt sie heute noch wo die Pferde einsanken, aber doch nicht in dem Maße wie in den ersten Jahren.

Moorbild 6 - (c) Marika Vinkmann - unsplash.com
Moorbild 6 – © Marika Vinkmann – unsplash.com

Wenn ich in stillen Stunden an die ersten Arbeits­jahre zurück­denke – wo man Tag für Tag mit Schwie­rig­keiten zu kämpfen hatte, wo ich damals kaum mit langen Wasser­stie­feln gehen konnte und in dieser stillen Einöde kaum ein lebendes Wesen zu sehen war, als wenn eine Heide­lerche zum Himmel empor­stieg und ihr Lied erschallen ließ – jetzt die großen Acker-und Wiesen­flä­chen über­blicke, wo heut­zu­tage die Motoren knattern, welche die Flächen bear­beiten und die großen Rinder­herden weiden, oder sich behaglich im Grase liegen sehe, kommt mir oft der Gedanke, wie war es möglich, dass alles in so kurzer Zeit aus dieser Einöde und unfrucht­baren Moor grünende Wiesen und Äcker herge­stellt werden konnten.

Und wie viele Anlegung und Über­san­dung der Zufuhr­wege zu den Acker­flä­chen in den Torf­tro­cken­fel­dern. War doch bis 1909 der fünf km lange Hauptweg mit Gleisen bis Heimstatt bereits fertig geworden und über­sandet. Die Abfüh­rungen in den Trocken­fel­dern in den ersten bis drei Jahren wurden nach dem Ausheben der Gräben und Planieren mit dem, in den Torf­fel­dern abge­hauenen Heide­kraut überdeckt, und darauf die Gleise gelegt um eine feste Unterlage herzu­stellen, um so das Einsinken der Gleise zu verhin­dern. Nur auf diese Weise war es möglich, ohne Über­san­dung mit Pferden den Torf abzu­fahren. Später wurden auch diese Wege übersandet.

Der zu verwen­dende Kunst­dünger und Mergel mussten in den ersten Jahren mit der Hand ausge­streut werden, denn in dem weichen Moor war es nicht möglich dazu eine Kunst­dün­ger­streu­ma­schine zu verwenden. Auch diese Arbeiten will ich noch ganz kurz schildern und mit welchen Schwie­rig­keiten auch hier zu kämpfen war. Sanken doch die Arbeiter, welche die 1 Zentner schweren Tüten auf die Acker­flä­chen trugen, bei jedem Schritt bis an die Waden ein, auch bei denen, welche den Dünger oder Mergel ausstreuten, ging es nicht besser, mussten doch die mit ihrem, vor dem Leib hängenden Sähkästen den ganzen Tag in dem weichen Moor gehen.

Moorbild 8 - (c) Jan Pojer - unsplash.com

Bei Frost­wetter aber, wenn das Moor gefroren war, war es so glatt und rutschig, dass die Leute oft mit Säcken und Sähkästen hinfielen. Mit diesen 10 Männern wurden trotzdem noch 35 bis 40 Mrg. oder 200 Zentner Dünger täglich ausge­streut. Da das Hochmoor arm an Nähr­stoffen ist, so musste dem Boden, da in den ersten Jahren kein Stallmist vorhanden war, zum Wachstum der Pflanzen genügend künst­li­cher Dünger zugeführt werden.

An Dünger ist in den ersten Jahren gegeben worden pro Morgen zwei Zentner 40% Kalisalz und drei Zentner Thomas­mehl, dann als Stick­stoff­zu­gabe in Form von ½ bis ¾ Zentner Chile­sal­peter und im ersten Jahr nach der Kulti­vie­rung 20 Zentner Mergel. Herr von Lepel ging von dem Stand­punkt aus, dass, wenn gut gedüngt, auch eine gute Ernte zu erzielen war. Viele Versuche mit Kunst­dünger haben uns gezeigt, dass die Renta­bi­lität bei einer guten Düngung höher war, als bei einer schwachen.

In den ersten zwei oder drei Jahren bauten wir soge­nannten Moor­roggen, welcher einen Ertrag von acht Zentnern pro Morgen brachte, gingen aber zu Pethu­ser­roggen über, denn der Körne­r­er­trag war höher und das Stroh fester, so dass nicht so leicht Lager­stellen entstanden und 10 bis 12 Zentner Körner pro Morgen brachten.
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• Ende Teil 10 • (… der Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.)


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