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Frei­stätter Weih­nachts­ka­lender 2019
Uchtmanns Moor­be­richt – Teil 9

Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.

      

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Weitere Drainage-Arbeiten

Die Heide wurde, nachdem der Graben ausge­hoben war, ganz gleich­mäßig auf der Sohle verteilt und fest getreten. Dann wurde eine lange Holz­stange genommen, acht bis zwölf Rohre darauf gesteckt, die Stange mit den Röhren auf die im Graben fest­ge­stampfte Heide gelegt, mit Heide überdeckt und gleich­mäßig fest getreten, darüber etwas Moorboden und nochmals angetreten.

Nun konnte man die Stange aus den sich fest gela­gerten Röhren heraus­nehmen. Das Legen der vier bis sechs langen Holz­stan­gen­bündel ging flotter vonstatten. Man legte diese auf die fest ange­tre­tene Heide, schob die Enden etwas inein­ander, deckte das Ganze nochmals mit Heide ab, und der Graben konnte wieder angefüllt werden. Auf diese Weise ist dann ein kleiner Versuch von vier Morgen gemacht worden.

Moorbild 7- (c) Anne Nygard - unsplash.com
Moorbild 7- © Anne Nygard – unsplash.com

Eine „Schwe­di­sche“ Drainageart

Im Jahre 1905 erklärte uns ein Herr aus Schweden (er war auf seiner Reise auch nach Freistatt gekommen, um die hier bei uns ange­legten Moor­kul­turen zu besich­tigen), die Methode einer Moor­drai­nage, welche derselbe auf seinem in Schweden liegenden land­wirt­schaft­li­chen Moor­be­trieb einge­führt hatte. Diese Drainage wurde folgen­der­maßen ausge­führt, der obere Graben wurde 1 m breit und 0,60 bis 0,70 m tief ausge­hoben. In der Mitte des ausge­ho­benen Grabens wurde noch eine kleine Grügge 0,30 m breit und tief ausge­hoben, so dass man an beiden Seiten des Grabens eine Wand von 0,35 m stehen blieb. Nach etwa acht Tagen, wenn der Graben trocken und fest geworden war, konnte er zugedeckt werden.

Diese wurde in folgender Weise ausge­führt: Es wurden von den Heide­flä­chen, die ja genügend vorhanden waren, 1 m lange, 0,30 m breite und 0,20 m dicke feste Heiderasen losge­sto­chen, mit einer Karre zum Graben geschafft und auf beiden 0,35 m starken Seiten­wände quer über die 30x30 cm Grüggen gelegt. Dadurch entstand unter den über­deckten Heides­oden eine Öffnung von 30x30cm und das sich sammelnde Wasser konnte abfließen und der Graben angelegt werden. Auch hier in Freistatt sind einige Gräben auf diese Weise angelegt worden.

Für diese Art der Drainage habe ich mich nie inter­es­sieren können, denn erstens war es eine schwere mühevolle Arbeit, die kolos­salen langen dicken Heides­oden in den Graben zu legen, denn bei der geringsten Unge­schick­lich­keit des Arbeiters brachen dieselben durch. Wie leicht war es zweitens möglich, dass die über­deckten Soden über der 30x30cm Öffnung durch­bre­chen konnten! Und war es auch nur ein winziger Soden, so war der Graben verstopft. Drittens waren dann die Herstel­lungs­kosten ziemlich hoch, der lfd. m 0,60 bis 0,70 Pfg. Im Frei­stätter Moor war diese Art der Drainage auch nicht von langer Dauer. Und ob in Schweden diese Art sich bewährt hat, entzieht sich meiner Kenntnis.

Moorbild 5 - Sonnenuntergang klein - (c) Jens R., Freistatt - wohnungslos.info

Die Frei­stätter Klappdrainage

Wie ich nun eines Tages bei dieser schwe­di­schen Drainage beschäf­tigt war, und die Arbeiten dabei so langsam fort­schreiten sah, kam mir plötzlich ein Gedanke. Ich hatte früher in meiner Heimat gesehen, wie ein alter prak­ti­scher Bauer sich auf seinem Torf­grund­stück über einen Abzugs­graben eine Brücke baute in der Weise etwa, wie wir jetzt unsere Klapp­gräben herstellten. Wenn man, so dachte ich, den kleinen mittleren Graben noch 30 bis 40 cm vertiefen und dann die beiden noch stehenden Seiten­wände an der Böschung mit einem Torf­messer abschneiden würde, so könnte man die beiden Wände in der Mitte zusammendrücken.

Es müsste dann immer noch ein Abzugs­kanal für das Wasser unten bleiben und die Erdschicht müsste dann auch imstande sein, den Druck schwerer Gespanne auszu­halten. Diesem Gedanken folgte auch gleich die Tat. Und siehe, es glückte! Als Herr von Lepel zur Arbeits­stelle kam und ich ihm die neue Erfindung erklärte, meinte er: „Über solche Gräben wollen sie mit Pferd und Wagen fahren, worüber noch nicht einmal ein Mensch gehen kann?“ So setzte er also zuerst Zweifel an meinen Gedanken.

(Nachtrag von Herrn Lepel: Hier ist dem guten Uchtmann betreffs Entste­hung der Frei­stätter Klapp­drai­nage ein verständ­li­cher und verzeih­li­cher Erin­ne­rungs­fehler unter­laufen – siehe anl. Ausfüh­rungen von mir (die aber nicht mehr vorhanden sind) – Uchtmann erzählte mir von dem Brückenbau eines Bauern im Moor, mit Abstecken und Zusam­men­klappen der Graben­bö­schungen. Nach Tagen und Wochen fiel mir ein, dass sich auch Drainagen machen lassen mussten: ich zeichnete dies Uchtmann morgens auf mit der Anweisung sofort einen Versuch zu machen)“

Moorbild 5 - Sonnenuntergang - (c) Jens R., Freistatt - wohnungslos.info
Moorbild 5 – Sonnen­un­ter­gang – © Jens R., Freistatt – wohnungslos.info

Nach langen Bera­tungen musste ich ihm noch einen weiteren Versuch vorführen. Zu diesem Zwecke zog ich in einer ganz sumpfigen Stelle einen Graben von etwa 100 m Länge. Gelang es an dieser sumpfigen Stelle die Drainage auszu­führen und bewährte sie sich, so konnte man sicher sein, dass sich die Sache auch dann an jeder anderen Stelle durch­führen ließ.

Diese Arbeiten wurden nun folgen­der­maßen ausge­führt. Der obere Graben wurde 1,20 m breit und 0,60 m tief ausge­hoben, dann in der Mitte des ausge­ho­benen Grabens ein kleiner Graben 0,35 m breit und 0,70 m tief angelegt, so dass die Wände an beiden Seiten je 0,42 m stark blieben. Wegen der Nässe und des Schlamms des Moores konnte der kleinere Graben nicht gleich in seiner ganzen Tiefe ausge­hoben werden. Der erste Stich von 0,30 m wurde beim Ausheben des oberen Grabens gleich mit ausgehoben.

Nach drei bis fünf Tagen, wenn der angelegte Graben entwäs­sert war, konnte an die Tiefer­le­gung des mittleren Grabens auf 0,70 m heran­ge­gangen werden. Nach einer Zeit von etwa acht Tagen, wenn der Graben genügend entwäs­sert und fest geworden war, konnte mit dem Zusam­men­drü­cken der beiden Seiten­wände begonnen werden.

Dies geschah in folgender Weise: Auf die an den Seiten stehen­ge­blie­benen Wände stellten sich zwei kräftige Leute und schnitten mit einem Torf­messer von 0,70 m Länge die Wände in der Dicke von 0,40 m los. Inden so entstan­denen 0,70 m tiefen Schnitt, welcher so tief ausge­führt werden musste, wie der kleine Graben (Grügge genannt) angelegt war, steckte man auf beiden Seiten je ein soge­nanntes Klapp­brett, welches oben mit einem Handgriff versehen war. Es war oben vier cm dick und verjüngte sich nach unten bis auf 0,5 cm Stärke bei 1 m Länge und 0,25 m Breite.

Moorbild 7- (c) Anne Nygard - unsplash.com

Nun wurden die Klapp­bretter an ihren obere Enden zusam­men­ge­drückt, was zur Folge hatte, dass die Wände über der Mitte des kleineren Grabens zusam­men­ge­drückt wurden. Die nun entstan­dene Öffnung hinter der nun zuge­drückten Wand wurde mit Moor ausge­füllt und dieses fest getreten, damit die Wand mehr zusam­men­ge­presst wurde. So entstand dann eine Öffnung in der Form eines Dreiecks in der Größe unten auf der Sohle 35 cm breit und 40 cm hoch. Nachdem schon zwei Meter weiter mit derselben Arbeit von neuem begonnen wurde, bis der ganze Graben geklappt war. Der zuge­klappte Graben wurde hierauf mit der ausge­ho­benen Moorerde zugefüllt und fest getreten, Nach etwa drei Wochen war dieser Versuchs­graben so fest und trocken geworden, dass man ohne weiteres mit Pferden und Wagen darüber­fahren konnte.

Als nun Herr von Lepel sich überzeugt hatte, dass diese Art der Drainage sich bewährte, wurden alle verfüg­baren Arbeits­kräfte zu dieser Arbeit heran­ge­zogen. In den Jahren 1906 bis 1908 sind dann die ganzen kulti­vierten Acker­flä­chen von 568 Morgen und der größte Teil der Torf­tro­cken­felder drainiert worden.
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• Ende Teil 9 • (… der Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.)


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