Erinnerungen des August Uchtmann über die Kultivierung des Freistätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.
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Weitere Drainage-Arbeiten
Die Heide wurde, nachdem der Graben ausgehoben war, ganz gleichmäßig auf der Sohle verteilt und fest getreten. Dann wurde eine lange Holzstange genommen, acht bis zwölf Rohre darauf gesteckt, die Stange mit den Röhren auf die im Graben festgestampfte Heide gelegt, mit Heide überdeckt und gleichmäßig fest getreten, darüber etwas Moorboden und nochmals angetreten.
Nun konnte man die Stange aus den sich fest gelagerten Röhren herausnehmen. Das Legen der vier bis sechs langen Holzstangenbündel ging flotter vonstatten. Man legte diese auf die fest angetretene Heide, schob die Enden etwas ineinander, deckte das Ganze nochmals mit Heide ab, und der Graben konnte wieder angefüllt werden. Auf diese Weise ist dann ein kleiner Versuch von vier Morgen gemacht worden.
Eine „Schwedische“ Drainageart
Im Jahre 1905 erklärte uns ein Herr aus Schweden (er war auf seiner Reise auch nach Freistatt gekommen, um die hier bei uns angelegten Moorkulturen zu besichtigen), die Methode einer Moordrainage, welche derselbe auf seinem in Schweden liegenden landwirtschaftlichen Moorbetrieb eingeführt hatte. Diese Drainage wurde folgendermaßen ausgeführt, der obere Graben wurde 1 m breit und 0,60 bis 0,70 m tief ausgehoben. In der Mitte des ausgehobenen Grabens wurde noch eine kleine Grügge 0,30 m breit und tief ausgehoben, so dass man an beiden Seiten des Grabens eine Wand von 0,35 m stehen blieb. Nach etwa acht Tagen, wenn der Graben trocken und fest geworden war, konnte er zugedeckt werden.
Diese wurde in folgender Weise ausgeführt: Es wurden von den Heideflächen, die ja genügend vorhanden waren, 1 m lange, 0,30 m breite und 0,20 m dicke feste Heiderasen losgestochen, mit einer Karre zum Graben geschafft und auf beiden 0,35 m starken Seitenwände quer über die 30x30 cm Grüggen gelegt. Dadurch entstand unter den überdeckten Heidesoden eine Öffnung von 30x30cm und das sich sammelnde Wasser konnte abfließen und der Graben angelegt werden. Auch hier in Freistatt sind einige Gräben auf diese Weise angelegt worden.
Für diese Art der Drainage habe ich mich nie interessieren können, denn erstens war es eine schwere mühevolle Arbeit, die kolossalen langen dicken Heidesoden in den Graben zu legen, denn bei der geringsten Ungeschicklichkeit des Arbeiters brachen dieselben durch. Wie leicht war es zweitens möglich, dass die überdeckten Soden über der 30x30cm Öffnung durchbrechen konnten! Und war es auch nur ein winziger Soden, so war der Graben verstopft. Drittens waren dann die Herstellungskosten ziemlich hoch, der lfd. m 0,60 bis 0,70 Pfg. Im Freistätter Moor war diese Art der Drainage auch nicht von langer Dauer. Und ob in Schweden diese Art sich bewährt hat, entzieht sich meiner Kenntnis.
Die Freistätter Klappdrainage
Wie ich nun eines Tages bei dieser schwedischen Drainage beschäftigt war, und die Arbeiten dabei so langsam fortschreiten sah, kam mir plötzlich ein Gedanke. Ich hatte früher in meiner Heimat gesehen, wie ein alter praktischer Bauer sich auf seinem Torfgrundstück über einen Abzugsgraben eine Brücke baute in der Weise etwa, wie wir jetzt unsere Klappgräben herstellten. Wenn man, so dachte ich, den kleinen mittleren Graben noch 30 bis 40 cm vertiefen und dann die beiden noch stehenden Seitenwände an der Böschung mit einem Torfmesser abschneiden würde, so könnte man die beiden Wände in der Mitte zusammendrücken.
Es müsste dann immer noch ein Abzugskanal für das Wasser unten bleiben und die Erdschicht müsste dann auch imstande sein, den Druck schwerer Gespanne auszuhalten. Diesem Gedanken folgte auch gleich die Tat. Und siehe, es glückte! Als Herr von Lepel zur Arbeitsstelle kam und ich ihm die neue Erfindung erklärte, meinte er: „Über solche Gräben wollen sie mit Pferd und Wagen fahren, worüber noch nicht einmal ein Mensch gehen kann?“ So setzte er also zuerst Zweifel an meinen Gedanken.
(Nachtrag von Herrn Lepel: Hier ist dem guten Uchtmann betreffs Entstehung der Freistätter Klappdrainage ein verständlicher und verzeihlicher Erinnerungsfehler unterlaufen – siehe anl. Ausführungen von mir (die aber nicht mehr vorhanden sind) – Uchtmann erzählte mir von dem Brückenbau eines Bauern im Moor, mit Abstecken und Zusammenklappen der Grabenböschungen. Nach Tagen und Wochen fiel mir ein, dass sich auch Drainagen machen lassen mussten: ich zeichnete dies Uchtmann morgens auf mit der Anweisung sofort einen Versuch zu machen)“
Nach langen Beratungen musste ich ihm noch einen weiteren Versuch vorführen. Zu diesem Zwecke zog ich in einer ganz sumpfigen Stelle einen Graben von etwa 100 m Länge. Gelang es an dieser sumpfigen Stelle die Drainage auszuführen und bewährte sie sich, so konnte man sicher sein, dass sich die Sache auch dann an jeder anderen Stelle durchführen ließ.
Diese Arbeiten wurden nun folgendermaßen ausgeführt. Der obere Graben wurde 1,20 m breit und 0,60 m tief ausgehoben, dann in der Mitte des ausgehobenen Grabens ein kleiner Graben 0,35 m breit und 0,70 m tief angelegt, so dass die Wände an beiden Seiten je 0,42 m stark blieben. Wegen der Nässe und des Schlamms des Moores konnte der kleinere Graben nicht gleich in seiner ganzen Tiefe ausgehoben werden. Der erste Stich von 0,30 m wurde beim Ausheben des oberen Grabens gleich mit ausgehoben.
Nach drei bis fünf Tagen, wenn der angelegte Graben entwässert war, konnte an die Tieferlegung des mittleren Grabens auf 0,70 m herangegangen werden. Nach einer Zeit von etwa acht Tagen, wenn der Graben genügend entwässert und fest geworden war, konnte mit dem Zusammendrücken der beiden Seitenwände begonnen werden.
Dies geschah in folgender Weise: Auf die an den Seiten stehengebliebenen Wände stellten sich zwei kräftige Leute und schnitten mit einem Torfmesser von 0,70 m Länge die Wände in der Dicke von 0,40 m los. Inden so entstandenen 0,70 m tiefen Schnitt, welcher so tief ausgeführt werden musste, wie der kleine Graben (Grügge genannt) angelegt war, steckte man auf beiden Seiten je ein sogenanntes Klappbrett, welches oben mit einem Handgriff versehen war. Es war oben vier cm dick und verjüngte sich nach unten bis auf 0,5 cm Stärke bei 1 m Länge und 0,25 m Breite.
Nun wurden die Klappbretter an ihren obere Enden zusammengedrückt, was zur Folge hatte, dass die Wände über der Mitte des kleineren Grabens zusammengedrückt wurden. Die nun entstandene Öffnung hinter der nun zugedrückten Wand wurde mit Moor ausgefüllt und dieses fest getreten, damit die Wand mehr zusammengepresst wurde. So entstand dann eine Öffnung in der Form eines Dreiecks in der Größe unten auf der Sohle 35 cm breit und 40 cm hoch. Nachdem schon zwei Meter weiter mit derselben Arbeit von neuem begonnen wurde, bis der ganze Graben geklappt war. Der zugeklappte Graben wurde hierauf mit der ausgehobenen Moorerde zugefüllt und fest getreten, Nach etwa drei Wochen war dieser Versuchsgraben so fest und trocken geworden, dass man ohne weiteres mit Pferden und Wagen darüberfahren konnte.
Als nun Herr von Lepel sich überzeugt hatte, dass diese Art der Drainage sich bewährte, wurden alle verfügbaren Arbeitskräfte zu dieser Arbeit herangezogen. In den Jahren 1906 bis 1908 sind dann die ganzen kultivierten Ackerflächen von 568 Morgen und der größte Teil der Torftrockenfelder drainiert worden.
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• Ende Teil 9 • (… der Erinnerungen des August Uchtmann über die Kultivierung des Freistätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.)