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Frei­stätter Weih­nachts­ka­lender 2019
Uchtmanns Moor­be­richt – Teil 5

Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.

      

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Im nassen Moor

Da wir vorher nie längere Regen­pe­ri­oden gehabt hatten, und die Aue einen hohen Wasser­stand aufwies, staute sich das Wasser auch in den Wiesen, dadurch wurde unsere Arbeit gleich zu Anfang sehr erschwert. Um nun vorwärts zu kommen und das Wasser nach Möglich­keit abzu­halten, mussten wir den ersten Stich, gleich einem Wall, von beiden Seiten des Grabens hinlegen. Das ange­sam­melte Wasser wurde dann mit Eimern und Schöpfern ausge­schöpft. Um nicht den ganzen Tag im Wasser stehen zu müssen. Anfäng­lich wurde dieser Kanal nicht so breit und nur 1 m tief angelegt und es war diese nasse Strecke nur etwa 300 m lang.

Von hier an stieg das Terrain im eigent­li­chen Hochmoor und es wurde die Arbeit dadurch wesent­lich erleich­tert. Bei dem Tiefer­legen der Sohle des Grabens gerieten wir aber auf nassen Treibsand, welcher ein nicht zu über­se­hendes Hindernis war. Um nun schnell zur vorge­schrie­benen Tiefe zu gelangen, wurden je zwei Arbeiter neben­ein­ander gestellt, einer links, der andere rechts, um den Sand oben auf die Böschung zu werfen, wo er von einigen Leuten sofort zurück­ge­worfen wurde, um den Graben­rand von dem Druck zu entlasten. Hatte man die rechte Tiefe erreicht, schlugen wir sofort Pfähle ein, verbanden letztere mit heran­ge­schafftem Buschwerk.

unsplash.com - (c) Craig Cameron - Moorbild 9
unsplash.com – © Craig Cameron – Moorbild 9

Hinter diesem, so entstan­denen Zaun stopfte man große Woll­gras­bülte, um das Rutschen des Treib­sandes Einhalt tun. Nach dem Fertig­stellen des soge­nannten Flut­werkes wurde die wieder verschlammte Sohle nochmals ausge­hoben, damit die vorge­schrie­bene Tiefe einge­halten wurde. Begann man am Morgen mit der Arbeit, erhielt jeder Kolonist sein Tages­pensum zugeteilt.

Ob nun Regen, Frost oder Schnee­wetter, dieses Pensum musste im Laufe des Tages oder der Arbeits­zeit fertig­ge­stellt werden, denn am anderen Morgen war an ein Fort­fahren der Arbeit nicht zu denken, da der Wasser­spiegel der Aue bei dem hohen Wasser­stand höher war als die Sohle des Kanals. Infol­ge­dessen drängte sich das Wasser bis zur Arbeits­stelle heran. Die Strecke, die im Sandboden zurück­ge­legt werden musste, betrug 1 km.

In dem Glauben, die schwie­rigste Stelle nun über­wunden zu haben, wurden wir arg enttäuscht. Es sollte noch besser kommen! Am Hochmoor ange­kommen, ging das Rein­rut­schen wieder los. (Um diesem vorzu­beugen, zogen wir seitlich des Kanals in Abständen von 10 m dann 1 m Breite 1,5 m Tiefe und 5 bis 6 m lange Gräben, soge­nannte Eröff­nungs­gräben. – lt. Anmerkung von Herrn von Lepel)

unsplash.com - (c) Nazrin B-va - kurokami04 - Moorbild 10

Diese Eröff­nungs­gräben entwäs­serten auch das Moor­ge­lände auf mehrere Meter seitlich des Grabens, so dass sich der schwam­mige Moortorf dort auch setzte und die Graben­wände nicht auf 2 bis 3 m seitlich abrissen und einstürzten.

Diese Beschäf­ti­gung bei der Anlegung des Kanals sind wir 4 Monate lang, Tag für Tag mit nur halb­stün­diger Mittags­pause ohne jeglichen Schutz gegen Wind und Wetter nach­ge­gangen. Ein inter­es­santes Bild steht mir beim Schlusse dieser Arbeit noch heute vor Augen: Als nach Entfer­nung des letzten hemmenden Dammes, der zwischen Kanal und dem Torf­durch­stich wie eine feste Mauer stand, hinter der das Wasser lief, bis oben an den Rand gesammelt hatte, dieses seiner Fessel entledigt, polternd und donnernd in großen Massen aus den 2 km langen, 5 m breiten und 2 m tiefen Torfstich in sein ihm neu berei­tetes Bett stürzte.

Beginn der Graben-Arbeiten

Nach Fertig­stel­lung des Kanals wurde dann die Trocken­le­gung der Torf­felder in Angriff genommen. Zu diesem Zwecke wurden in Abständen von 200 m Entfer­nung Gräben gezogen und die Flächen geebnet und planiert. Auch mit dem Torf­ste­chen wurde wieder begonnen. In diesem Jahre sind die Torf­ar­beiten größ­ten­teils von unseren Kolo­nisten ausge­führt worden, mit Ausnahme von 30 russisch-polni­schen Arbeitern, die in der Haupt­sache mit Torf­ste­chen beschäf­tigt wurden. Im Frühjahr 1902 wurde dann auch mit der Gewinnung des schwarzen Pech­torfes begonnen und zwar mit der sog. Maschine und Presse.

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unsplash.com – © Nazrin B‑va – kurokami04 – Moorbild 10

Unsere Haupt­sorge war nun das Trans­por­tieren der 80 Ztr. schweren Loko­mo­bile zur Arbeits­stelle, welches auch mit großen Schwie­rig­keiten verbunden war. Bis an das Moor heran konnte sie wohl mittels Pferden gebracht werden, doch die längste Strecke hatten wir auf dem Moor zurück­zu­legen. Um nun dem Versinken und evtl. dem Umkippen vorzu­beugen, wurde unter die Räder derselben, dreizöl­lige Bohlen gelegt und auf dieser so entstan­denen festen Unterlage die Loko­mo­bile durch Arbeiter auf Vorla­ge­gleisen fort­be­wegt bis zu den Trocken­fel­dern. Dort wurde dann ein flacher Bohlen­belag herge­stellt, um das Einsinken der Loko­mo­bile zu verhindern.

Erschwerte Torf­för­de­rung

Die Maschine wurde dann hoch gewunden, mit Holz­klötzen unterbaut, die Räder abmon­tiert und auf einen eisernen Rahmen gesetzt, welcher auf seine Vorla­ge­gleise weiter­be­wegt wurde. Zugleich wurde auch die 20 Ztr. Schwere Torf­presse auf den Rahmen gesetzt und das Ganze mit fort­schrei­tender Torf­för­de­rung auf den Schienen noch zwei km bis zur Grenze mittels Hebel durch Arbeiter fortbewegt.

Nun wird sich mancher sagen, das ist doch kein Kunst­stück, so die Maschine fort­zu­bringen. Aber das Moor war zu der Zeit noch nicht so trocken wie heut­zu­tage, es war damals noch sehr nass, und stel­len­weise noch so sumpfig, dass die 45 cm breiten und 6 cm dicken Bohlen, welche auf dem Moore unter die Gleis­schwellen gelegt werden mussten, den schweren Druck nicht aushalten und tief in das Moor eindrückten.

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Ja es kam oft vor, dass die Bohlen und Schienen auf der einen Seite tief ins Moor einsanken, während die anderen obenauf liegen blieb und die Maschine in Gefahr kam umzu­stürzen. In den weichen Sumpf­stellen mussten oft lange dicke Hölzer oder Tele­gra­fen­stangen gelegt werden, darauf die Bohlen und Schienen, um so über diese Stellen hinwegzukommen.

Die Arbeiter, welche die Bohlen und Schienen hinter der Maschine aufnahmen und vorstreckten, gingen dabei oft bei jedem Schritt bis an die Waden im Morast und Schlamm und konnten oftmals nicht weiter­kommen. Nach drei Tagen war dann endlich der schwie­rige Teil beendet und nun konnte mit dem Ausbag­gern begonnen werden. Aber auch hier gab es zunächst Schwie­rig­keiten.
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• Ende Teil 5 • (… der Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.)


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