Erinnerungen des August Uchtmann über die Kultivierung des Freistätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.
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Im nassen Moor
Da wir vorher nie längere Regenperioden gehabt hatten, und die Aue einen hohen Wasserstand aufwies, staute sich das Wasser auch in den Wiesen, dadurch wurde unsere Arbeit gleich zu Anfang sehr erschwert. Um nun vorwärts zu kommen und das Wasser nach Möglichkeit abzuhalten, mussten wir den ersten Stich, gleich einem Wall, von beiden Seiten des Grabens hinlegen. Das angesammelte Wasser wurde dann mit Eimern und Schöpfern ausgeschöpft. Um nicht den ganzen Tag im Wasser stehen zu müssen. Anfänglich wurde dieser Kanal nicht so breit und nur 1 m tief angelegt und es war diese nasse Strecke nur etwa 300 m lang.
Von hier an stieg das Terrain im eigentlichen Hochmoor und es wurde die Arbeit dadurch wesentlich erleichtert. Bei dem Tieferlegen der Sohle des Grabens gerieten wir aber auf nassen Treibsand, welcher ein nicht zu übersehendes Hindernis war. Um nun schnell zur vorgeschriebenen Tiefe zu gelangen, wurden je zwei Arbeiter nebeneinander gestellt, einer links, der andere rechts, um den Sand oben auf die Böschung zu werfen, wo er von einigen Leuten sofort zurückgeworfen wurde, um den Grabenrand von dem Druck zu entlasten. Hatte man die rechte Tiefe erreicht, schlugen wir sofort Pfähle ein, verbanden letztere mit herangeschafftem Buschwerk.
Hinter diesem, so entstandenen Zaun stopfte man große Wollgrasbülte, um das Rutschen des Treibsandes Einhalt tun. Nach dem Fertigstellen des sogenannten Flutwerkes wurde die wieder verschlammte Sohle nochmals ausgehoben, damit die vorgeschriebene Tiefe eingehalten wurde. Begann man am Morgen mit der Arbeit, erhielt jeder Kolonist sein Tagespensum zugeteilt.
Ob nun Regen, Frost oder Schneewetter, dieses Pensum musste im Laufe des Tages oder der Arbeitszeit fertiggestellt werden, denn am anderen Morgen war an ein Fortfahren der Arbeit nicht zu denken, da der Wasserspiegel der Aue bei dem hohen Wasserstand höher war als die Sohle des Kanals. Infolgedessen drängte sich das Wasser bis zur Arbeitsstelle heran. Die Strecke, die im Sandboden zurückgelegt werden musste, betrug 1 km.
In dem Glauben, die schwierigste Stelle nun überwunden zu haben, wurden wir arg enttäuscht. Es sollte noch besser kommen! Am Hochmoor angekommen, ging das Reinrutschen wieder los. (Um diesem vorzubeugen, zogen wir seitlich des Kanals in Abständen von 10 m dann 1 m Breite 1,5 m Tiefe und 5 bis 6 m lange Gräben, sogenannte Eröffnungsgräben. – lt. Anmerkung von Herrn von Lepel)
Diese Eröffnungsgräben entwässerten auch das Moorgelände auf mehrere Meter seitlich des Grabens, so dass sich der schwammige Moortorf dort auch setzte und die Grabenwände nicht auf 2 bis 3 m seitlich abrissen und einstürzten.
Diese Beschäftigung bei der Anlegung des Kanals sind wir 4 Monate lang, Tag für Tag mit nur halbstündiger Mittagspause ohne jeglichen Schutz gegen Wind und Wetter nachgegangen. Ein interessantes Bild steht mir beim Schlusse dieser Arbeit noch heute vor Augen: Als nach Entfernung des letzten hemmenden Dammes, der zwischen Kanal und dem Torfdurchstich wie eine feste Mauer stand, hinter der das Wasser lief, bis oben an den Rand gesammelt hatte, dieses seiner Fessel entledigt, polternd und donnernd in großen Massen aus den 2 km langen, 5 m breiten und 2 m tiefen Torfstich in sein ihm neu bereitetes Bett stürzte.
Beginn der Graben-Arbeiten
Nach Fertigstellung des Kanals wurde dann die Trockenlegung der Torffelder in Angriff genommen. Zu diesem Zwecke wurden in Abständen von 200 m Entfernung Gräben gezogen und die Flächen geebnet und planiert. Auch mit dem Torfstechen wurde wieder begonnen. In diesem Jahre sind die Torfarbeiten größtenteils von unseren Kolonisten ausgeführt worden, mit Ausnahme von 30 russisch-polnischen Arbeitern, die in der Hauptsache mit Torfstechen beschäftigt wurden. Im Frühjahr 1902 wurde dann auch mit der Gewinnung des schwarzen Pechtorfes begonnen und zwar mit der sog. Maschine und Presse.
Unsere Hauptsorge war nun das Transportieren der 80 Ztr. schweren Lokomobile zur Arbeitsstelle, welches auch mit großen Schwierigkeiten verbunden war. Bis an das Moor heran konnte sie wohl mittels Pferden gebracht werden, doch die längste Strecke hatten wir auf dem Moor zurückzulegen. Um nun dem Versinken und evtl. dem Umkippen vorzubeugen, wurde unter die Räder derselben, dreizöllige Bohlen gelegt und auf dieser so entstandenen festen Unterlage die Lokomobile durch Arbeiter auf Vorlagegleisen fortbewegt bis zu den Trockenfeldern. Dort wurde dann ein flacher Bohlenbelag hergestellt, um das Einsinken der Lokomobile zu verhindern.
Erschwerte Torfförderung
Die Maschine wurde dann hoch gewunden, mit Holzklötzen unterbaut, die Räder abmontiert und auf einen eisernen Rahmen gesetzt, welcher auf seine Vorlagegleise weiterbewegt wurde. Zugleich wurde auch die 20 Ztr. Schwere Torfpresse auf den Rahmen gesetzt und das Ganze mit fortschreitender Torfförderung auf den Schienen noch zwei km bis zur Grenze mittels Hebel durch Arbeiter fortbewegt.
Nun wird sich mancher sagen, das ist doch kein Kunststück, so die Maschine fortzubringen. Aber das Moor war zu der Zeit noch nicht so trocken wie heutzutage, es war damals noch sehr nass, und stellenweise noch so sumpfig, dass die 45 cm breiten und 6 cm dicken Bohlen, welche auf dem Moore unter die Gleisschwellen gelegt werden mussten, den schweren Druck nicht aushalten und tief in das Moor eindrückten.
Ja es kam oft vor, dass die Bohlen und Schienen auf der einen Seite tief ins Moor einsanken, während die anderen obenauf liegen blieb und die Maschine in Gefahr kam umzustürzen. In den weichen Sumpfstellen mussten oft lange dicke Hölzer oder Telegrafenstangen gelegt werden, darauf die Bohlen und Schienen, um so über diese Stellen hinwegzukommen.
Die Arbeiter, welche die Bohlen und Schienen hinter der Maschine aufnahmen und vorstreckten, gingen dabei oft bei jedem Schritt bis an die Waden im Morast und Schlamm und konnten oftmals nicht weiterkommen. Nach drei Tagen war dann endlich der schwierige Teil beendet und nun konnte mit dem Ausbaggern begonnen werden. Aber auch hier gab es zunächst Schwierigkeiten.
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• Ende Teil 5 • (… der Erinnerungen des August Uchtmann über die Kultivierung des Freistätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.)