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Frei­stätter Weih­nachts­ka­lender 2019
Uchtmanns Moor­be­richt – Teil 3

Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.

      

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Stand­ort­suche für die neue Moorkolonie

Durch die dortigen Einwohner wurden wir nun auf die große Drohner Heide bei Dielingen in Westfalen aufmerksam gemacht. Wir lenkten unsere Schritte sogleich dorthin und bespra­chen mit den dortigen Bauern die Sache. In den nächsten Tagen nahmen wir dann Boden­un­ter­su­chungen vor, welche ergaben, dass der Heide­boden sich sehr gut zur Anlage von Wiesen und Ackerland eignete. Es bestand aus lehmigem Sand mit einer guten Humus­schicht und hatte dazu den Vorzug, dass dieses Gelände eben war. Nach einer abge­hal­tenen Versamm­lung mit der Gemeinde Dielingen wurden jedoch so hohe Preise gefordert, dass unsere Pläne daran scheiterten.

 Moorbild 6 - (c) Marika Vinkmann - unsplash.com

Nun wurde im großen Wieting­s­moor Umschau gehalten, zur gleichen Zeit auch Verhand­lungen mit der Gemeinde Wehrbleck angebahnt, welche Ödlän­de­reien an der Land­straße von Sulingen nach Diepholz liegen hatte. Diese Verhand­lungen führten auch bald zum Ziel, so dass drei Besitzer ihre Grund­stücke verkauften. Wie nun die übrigen Bauern sahen, dass aus diesen unbenutzt liegenden Grund­stü­cken Geld heraus­zu­schlagen war, ging der Ankauf flott vonstatten. So ist im Winter 1898/99 eine große Fläche in Anstalts­be­sitz übergegangen.

Etwas später kam dann noch der Ankauf von Ödlän­de­reien im Hochmoor von den Gemeinden Donstorf, Eydel­stedt und Dörpel hinzu. Nach einer fast zehn­jäh­rigen Dienst­zeit beim Staate, verbunden mit vielen Mühen und Strapazen, kam in mir der Gedanke auf, dem Moor auf immer Valet zu sagen, zu gleicher Zeit mich nach einer anderen Beschäf­ti­gung umzuschauen.

Diese fand ich dann auch bald, indem mir eine Anstel­lung an der Bahn in Aussicht stand. Wie ich dieses Herrn Forstrat Deckert mitteilte, erwiderte er kurzer­hand: „Sie sollen die Arbeiten der bald in Angriff zu nehmenden Kultur­ar­beiten auf den von Bodel­schwingh­schen Anstalten neu einge­kauften Flächen in die Hand nehmen!“ Ich folgte seinem Rate.

August Uchtmanns Dienstbeginn

So wurde ich am 9.März 1899 mit der Entwäs­se­rung dieser Ödlän­de­reien betraut. Doch aller Anfang ist schwer. Die erste schwere Frage, die uns aufkam, bestand darin: Wohin soll entwäs­sert werden? Die Kreis­grenze zwischen Sulingen und Diepholz bildete die Wasser­scheide, das ist dort, wo jetzt das Bahn­ge­leise ins Moor führt. Westlich desselben gehörte das Wasser nach der kleinen Aue bei Barver, östlich nach der acht km entfernten großen Aue bei Barenburg.

Moorbild 5 - Sonnenuntergang - (c) Jens R., Freistatt - wohnungslos.info
Moorbild 5 – Sonnen­un­ter­gang – © Jens R., Freistatt – wohnungslos.info

Diese schwie­rige Aufgabe zu lösen, nach welcher Richtung der Entwäs­se­rungs­kanal anzulegen sei, wurde hierzu vom Bauamt Bethel Bauführer Dreyer bestimmt, welcher seiner Zeit den in Angriff genom­menen Neubau unseres jetzigen Erzie­hungs­hauses Moorstatt leitete, dessen Grund­stein vor einigen Tagen gelegt worden ist. Die Nivel­lier­ar­beiten nahmen etwa fünf Wochen in Anspruch und waren ein Stück schwerer Arbeit der unge­heuren Nässe wegen.

Die bis über die Knie reichenden Stiefel liefen oftmals dabei voll Wasser. Auch kam es vor, dass man auf einem alten, über­wach­senen Graben geriet und bis an den Leib im Schlamm und Morast sank. Bald war dann die Wasser­frage entschieden. Da das Niveau nach der Barver Aue, die ein Gefälle von sieben m auf drei km Länge aufwies, dagegen nach der großen Aue bis Barenburg von sieben m Gefälle auf acht km Länge, wurde natürlich die kürzere Strecke nach der Barver Aue zur Entwäs­se­rung bestimmt.

Doch es wurden uns wiederum dadurch Schwie­rig­keiten in den Weg gelegt, da die Gemeinde Barver östlich der Kreis­grenze Diepholz-Sulingen nicht aufzu­nehmen brauchte. Nach langen Verhand­lungen, die Herr Forstrat Deckert mit Barver unternahm, führten schließ­lich zum erwünschten Ziel, dass wir unser Wasser zur Barver Aue hinleiten konnten. Daraufhin wurden nun die Kulti­vie­rungs­ar­beiten im jetzigen Freistatt in Angriff genommen.

Moorbild 6 - (c) Marika Vinkmann - unsplash.com
Moorbild 6 – © Marika Vinkmann – unsplash.com

Erste Kulti­vie­rungen im Moor

Mit drei Gespannen Pferden und Arbeitern aus Wehrbleck und Barver wurde die Heide umge­pflügt, planiert, Kalk- und Kunst­dünger gestreut und mit Erbsen und Kartof­feln bestellt, um für den ersten Anfang etwas Lebens­mittel zu gewinnen. Diese Fläche lag westlich des Kirch­an­gers. Nun weiter vorwärts! Von Moorstatt aus zog sich ein großes, tiefes Sumpf­ge­lände bis zur Moor­pen­sion, die Breite erstreckte sich vom hiesigen Torfwerk bis zum Bahndamm.

Dieses Sumpf­ge­lände wurde auch in dem heißesten Sommer nicht trocken. Wollte man ins Moor gelangen, musste man seinen Weg über die heutige Moorburg nehmen. Vom heutigen Bahnhof aus wurde nun, um dieses Terrain trocken zu legen, ein drei mtr. breiter und viel­leicht zwei bis drei mtr. tiefer Abzugs­graben ausge­hoben und nach der Barver Aue hinge­zogen, nach Anlegen dieses Grabens konnte mit dem Kulti­vieren begonnen werden, um für Moorstatt eine Wiese fertig zu stellen. So wurde im Jahr 1900 schon ein gutes Teil fertig.

Anfänge der Gemeinde Freistatt

Auch in Freistatt wurde tüchtig gear­beitet. Die Anlage des Gartens kostete viel Mühe und Arbeit, mussten doch die tiefen Lehm­kuhlen, welche sich zur der Zeit dort befanden, mit der Schub­karre voll gekarrt werden, um eine glatte Ober­fläche zu erhalten. Freistatt war selbst­ver­ständ­lich am Anfang noch klein und bestand aus einer Haus­meis­ter­woh­nung, einer kleinen Küche, Spei­se­saal und Aufent­halts­raum für die Brüder von der Land­straße, von denen wir im ersten Winter 20 bis 30 beherbergten.

wohnungslos.info - (c) Jens R. - Freistatt Sonnenuntergang klein

Im Herbst 1900 wurde dann auch mit dem Bau des Torf­werkes begonnen, um die großen Flächen des Hoch­moores nutzbar zu machen. Im Frühling 1901 war unser Torfwerk bereits fertig. Nach Einrich­tung desselben aber kam ein starker Sturm, wie es in den großen, kahlen Mooren ja heute noch vorkommt und erfasste den frei­ste­henden Schuppen.

Dieser, einem solchem Element nicht gewachsen, stürzte voll­ständig in sich zusammen. Natürlich blieb uns nichts Anderes übrig, als nochmals von neuem anzu­fangen, was sehr viel Zeit erfor­derte. Zu gleicher Zeit legten wir dann auch einen Weg ins Moor an, unseren jetzigen Schie­nen­strang. Solange man Sandboden unter sich hatte, ging die Arbeit flott vorwärts. Im nassen, sumpfigen Moor dagegen stellten sich uns bald allerhand Schwie­rig­keiten in den Weg. 

So kam es beim Graben­ziehen oft vor, dass, was wir am vorher­ge­henden Tag geleistet und fertig bekommen hatten, am anderen Morgen durch das Zusam­men­rut­schen der Graben­wände wieder zerstört war. Um diesem Übelstand abzu­helfen, wurden die Gräben ganz flach, etwa 75 cm, ausge­hoben und erst nach 3 Wochen die weitere Vertie­fung vorge­nommen. Auch diese Arbeit war kein beson­deres Vergnügen, musste doch, hervor­ge­rufen durch die untere weiche Masse, die Arbeiter und Kolo­nisten oft bis an die Knie im Schlamm stehen.
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• Ende Teil 3 • (… der Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.)


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