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Frei­stätter Weih­nachts­ka­lender 2019
Uchtmanns Moor­be­richt – Teil 8

Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.

      

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Das Ausstreuen des Kunst­dün­gers wurde im Laufe des Winters ausge­führt, in den Monaten Dezember und Januar. Wenn dann das Moor vom Frost aufgetaut und sich das Schnee­wasser sich verzogen hatte (Ende Februar bis Anfang März) konnte man mit der Bear­bei­tung anfangen.

Erschwerte Arbeit mit Pferdegespannen

Die Bear­bei­tung der Heukul­turen mit den Gespannen gestal­tete sich oft schwierig, da die Pferde an die Holz­schuhe, welche mit Holz­keilen an Hufeisen fest­ge­keilt wurden, nicht gewöhnt waren, wurden sie unruhig, tram­pelten von einem Bein auf das andere und traten sich die Holz­schuhe aus. Oder war der Gaul ganz verbiert, schlug er wenn sie Holz­schuhe angezogen hatten, hinten aus, so dass die Schuhe hoch in die Luft herum­flogen. Hatte nun auf diese Weise so ein Gaul es fertig gebracht, die Schuhe loszu­be­kommen, so versank er auch sofort bis an den Leib im Moor.

Moorbild 2 - (c) Elvis Bekmanis - unsplash.com
Moorbild 2 – © Elvis Bekmanis – unsplash.com

Aber das war noch nicht das Schlimmste. Wurden die Gespanne vor die Scheiben- oder Flügel­egge gespannt, so dass sie schwerer gehen mussten, so versanken dieselben oft mit den Holz­schuhen. Oder kam mit den Pferden (da überall die kleinen offenen Abzugs­gräben zwischen den 14 m breiten Stücken angelegt waren) nahe an die Graben­bö­schung, so dass diese rutschten. Dann lag das Pferd in den schmalen 0,70 m tiefen Graben und zog das oben stehen­ge­blie­bene Pferd mit hinein. Bei solchen Attacken blieben meistens keine Holz­schuhe an den Hufen sitzen.

War nun das Pferd ruhig und blieb liegen, war die Sache nicht weiter schlimm, man half ihm bald auf die Beine, indem man im Liegen die Holz­schuhe auszog und fest­machte. Wenn das Pferd aber störrisch war und nicht liegen­bleiben wollte, was bei den meisten der Fall war, kostete es viel Mühe und Arbeit, die Schuhe wieder anzu­ziehen. In dem Bestreben wieder auf die Beine zu kommen, war ein solches Pferd oft nicht zu beruhigen und fest­zu­halten, trotzdem dasselbe bei jedem Sprung vorwärts wieder bis an den Bauch einsank.

Glückte es, dass man den Kopf und Hals auf dem Boden drücken konnte, dann musste das Pferd ruhig liegen bleiben, versuchte aber auch dann wider fort­zu­kommen, so dass oft der, den Kopf fest­hal­tende Mann im Bogen in das weiche Moor lang hinfiel.

Moorbild 4 - (c) Djalu A. P. - unsplash.com

In einem solchen Falle hätte ich bald mein Leben eingebüßt. Die Pferde, ein paar junge kräf­ti­gere Tiere, seit ein paar Tagen im Moor vor die Egge gespannt, versanken in einer weichen Stelle. Während das eine Pferd fest saß und nicht vorwärts konnte, versuchte das andere weiter­zu­kommen und zog die noch hinter demselben hängende Schei­ben­egge dem fest­lie­genden Pferde auf den Leib.

In dem Bestreben, das vorwärts strebende Pferd so lange fest­zu­halten bis es abge­drängt war, kam ich in dem weichen Moor zu Fall und geriet dabei auf dem Rücken liegend direkt unter das Pferd, welches mich tief in das Moor eindrückte, so dass ich nur noch den Kopf frei hatte. Nur noch eine Bewegung des Pferdes um hoch zu kommen, so hätte mich dasselbe mit seinen
Hinter­füßen zerstampft, oder mir noch den Kopf tiefer ins Moor gedrückt, denn es lag quer über meinem Körper. Aber es war eine Fügung Gottes, das Pferd lag ruhig und still, aber die umste­henden Leute musste ich erst bitten, mich aus meiner Lage zu befreien (denn sie schienen voll­ständig bei dem Anblick den Kopf verloren zu haben) was dann auch glücklich gelang.

Mehrere Reser­ve­holz­schuhe mussten für die Pferde bereit­ge­halten immer auf den Acker­ge­räten mitge­führt werden, um jederzeit bei der Hand zu sein. Denn meistens steckten die Pfer­de­schuhe, wenn die Pferde einsanken, 0,80 bis 1,00 m tief im Moor und mussten dann später gesucht und ausge­graben werden. Dann wurden den Pferden die Reser­ve­schuhe angezogen, um dieselben nicht so lange auf dem Boden liegen zu lassen, denn ohne Schuhe waren sie nicht auf die Beine zu bringen.

Moorbild 4 - (c) Djalu A. P. - unsplash.com
Moorbild 4 – © Djalu A. P. – unsplash.com

Es ist vorge­kommen, dass die Hufeisen, welche die Schuhe fest­hielten, losrissen und so Eisen und Hufe im Moor stecken geblieben sind. Kam ein solcher Fall vor, dann hatten wir besonders konstru­ierte Schuhe, welche mit Leder­riemen um die Fessel der Pferde fest­ge­schnallt wurden. Dieselben hatten den Nachteil, dass beim langen Gehen und Arbeiten der Riemen die Fessel wund scheuerte.

In den ersten zwei Jahren, als die bear­bei­tende Fläche noch kleiner war, wurde man bald mit der Bestel­lung fertig. Später jedoch, als mehrere Gespanne heran­ge­zogen werden mussten (denn im Jahre 1905 waren 132, 1906: 352 und 1908 sogar 568 Morgen kulti­viert worden), wurde die Sache noch etwas schwie­riger. Und so arbei­teten im Frühjahr meistens vier bis fünf Gespanne auf dem Moor.

Es ist vorge­kommen, dass ich und der Vorar­beiter Langefeld mehrere Tage nichts tun konnten, als nur Pferden, welche einge­sunken waren, heraus zu helfen. Bei diesen Arbeiten sehen Menschen und Tiere aus, als wenn sie sich im Moordreck herum­ge­wälzt hätten. Hatte man zum Beispiel hier ein Gespann glücklich aus dem Moor heraus und sah sich nach dem anderen Gespann um, lagen dort schon ein oder wenn es gut ging, auch zwei Gespanne fest.

Moorbild 2 - (c) Elvis Bekmanis - unsplash.com

Am schlimmsten war es im Frühjahr, wenn es noch nasse uns kalte Tage gab. Lagen dann die Pferde fest, wurden dieselben steif und froren und waren dann schwer wieder auf die Beine zu bringen. Bei den älteren Kulturen, die ein paar Jahre entwäs­sert waren, boten sich keine Schwie­rig­keiten in der vorher geschil­derten Weise dar.

Drai­na­ge­ar­beiten

Manchen Kummer verur­sachten noch immer die zwischen den einzelnen Stücken liegenden offenen kleinen Abzugs­gräben, nicht nur, dass die Pferde hinfielen, sondern dieselben mussten jedes Jahr von dem Moor­schlamm gereinigt werden. Und es wurde in Erwägung gezogen, ob man mit der Drai­nie­rung beginnen sollte. Es kamen dabei zwei Fragen in Betracht: Röhren oder Holz­stan­gen­drai­nage. Welche von den beiden den Vorzug hatte, musste der Zukunft über­lassen bleiben, da bis zu dieser Zeit von der Moor­sta­tion Bremen nur kleinere Versuche damit ausge­führt waren.

Diese Drai­na­ge­ar­beiten waren nicht so einfach in dem weichen Moor auszu­führen. Mussten doch Rohre und Kiefern­holz­stangen (letztere wurden etwa 5 bis 7 armdicken Holz­stangen in ein Bündel mit Draht zusam­men­ge­bunden) in Heide einge­bettet werden, um das Tiefer sinken in dem weichen Moor zu verhin­dern.
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• Ende Teil 8 • (… der Erin­ne­rungen des August Uchtmann über die Kulti­vie­rung des Frei­stätter- und des Wietings-Moors rund um Freistatt. Abschrift von seinem Text aus dem Jahre 1926.)


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