Tizelbild

Haus Moorhort – Alles Wahrheit oder nur Gerüchte?

Am Freitag, den 05. April 2019 fand unter der Leitung von Frank Kruse, dem Bereichs­leiter der Wohnungs­lo­sen­hilfe Freistatt, eine Führung durch das Frei­stätter Haus Moorhort und die Ausstel­lung „Freistatt – Fürsorge“ statt. Das erste Mal, dass das Haus Moorhort in Freistatt nament­lich erwähnt wurde, war Anfang des 19. Jahr­hun­derts. Es war eines von ehemals fünf Wohn­heimen der Diakonie Freistatt, die zum Frei­stätter Arbeits­lager gehörten. Mitar­beiter waren Diakone und Ange­stellte der Evan­ge­li­schen Kirche. Zu ihren Aufgaben gehörte  die Umer­zie­hung der soge­nannten „schwie­rigen“ oder „schwer­erzieh­baren“ Jugend­li­chen. Diese jungen Menschen im Alter von 14 bis 21 Jahren sollten hier im Arbeits- und Erzie­hungs­lager auf das „normale“ Erwach­se­nen­leben vorbe­reitet werden.

Die Realität sah aber ganz anders aus. Die Jugend­li­chen wurden syste­ma­tisch getrimmt und auf das Schlimmste miss­han­delt. Und das nicht nur während der Arbeit, nein, auch nach dem soge­nannten „Feier­abend“. Während dieser Zeit drang von den Machen­schaften in den Häusern nichts nach draußen.

Im Haus gab es einen Dusch- und Waschraum für alle Jugend­li­chen im Keller und zum Essen mussten sie ins Erdge­schoss, wo der Spei­se­saal unter­ge­bracht war. Die Schlaf­räume befanden sich im ersten Stock. Dort waren die Betten so eng zusam­men­ge­stellt, dass man kaum zwischen ihnen durch­gehen konnte. In einer Zwischen­wand war ein großes Fenster einge­lassen. Dahinter lag ein recht komfor­ta­bles Zimmer, das ein Erzieher sein Eigen nennen konnte. Auf dieser Etage gab es sogar einen Aufent­halts­raum wo die Jungs ihre „Freizeit“ verbringen konnten.

Im dritten Stock des Hauses war der soge­nannte Zellen­trakt unter­ge­bracht. Er bestand aus zwei „Besin­nungs-Zellen“ mit einer Größe von etwa 2 mal 3,5 Meter und darin stand nur ein Bett – das war alles. Die Türen waren aus massiven Metall und hatten wie in jedem Gefängnis zwei schwere Riegel.

Ausstellung „Freistatt – Fürsorge“
Freistatt – Fürsorge“

Das Haus Moorhort ist das letzte „Erzie­hungs­heim“, das noch nahezu origi­nal­ge­treu in Freistatt steht und kann auch besich­tigt werden. Zu einer solchen Führung sollten sich aber mindes­tens 10 Personen zusam­men­finden. Eine vorherige Termin­ab­sprache ist hierzu jedoch erfor­der­lich (unter Tele­fon­nummer 05448/8–8250). Frank Kruse kann bei einer solchen Führung durch sein umfang­rei­ches Wissen zum Thema die damaligen Zeiten wieder sehr lebendig werden lassen – und damit zumindest versuchen, die Frage(n) unserer Über­schrift viel­leicht nicht endgültig zu beant­worten, aber doch in den Kontext der damaligen „Jugend­er­zie­hung“ zu stellen.

Das Haus Moorhort ist damit ein erhal­tenes Stück Geschichte der „Fürsorge – Jugend­er­zie­hung“, deren Spuren an den meisten anderen bundes­deut­schen Stand­orten längst beseitigt worden sind.

Das Haus Moorhort … Es ist die Wahrheit !!!