Titel ZOA 2019

Ziegelei Open Air 2019 in Twist­ringen – Der Samstag

Vom 14. bis zum 15. Juni 2019 fand auf dem Gelände der Alten Ziegelei im nieder­säch­si­schen Twist­ringen am Südost­rand des Natur­parks Wildes­hauser Geest das mitt­ler­weile neunte Ziegelei Open Air (Z.O.A.), veran­staltet vom Verein Freunde der Alten Ziegelei e.V., statt. Bereits am Freitag, dem ersten Tag des Festivals kamen 700 Besucher zur Alten Ziegelei um bei dem ein oder anderen Kalt­ge­tränk den Bands auf den beiden Bühnen zuzu­ju­beln und zu deren Musik zu tanzen und zu feiern.

Und dazu gab es mit den Lokal­ma­ta­doren von PTMS, der Hamburger Band My Little White Rabbit, den Rockern von Hundred Seventy Split aus dem engli­schen Nashville und dem deutschen Rock'n'Roll-Trio Nitrogods aus Hannover/Stuttgart auch reichlich Gele­gen­heit. Und wer nicht genug Musik bekommen konnte, der hatte die Möglich­keit in den Umbau­pausen in der Hot-Oven-Stage mit den Bands Träsh und den Blindflug Piloten weiter zu feiern. Zum Festival-Freitag sowie zum Familien-Sonntag findet ihr einen separaten Bericht in unserem kleinen aber feinen Magazin.

Die aufgrund mangelnden Publikums recht undank­bare Aufgabe des Opening-Acts übernahm die Twist­ringer Nachwuchs-Band Scheiss auf Rotkohl aus der Musiker-Schmiede von Hubert Kramer. Die Band, deren Name auf eine Idee eines Bruders eines der Band­mit­glieder zurück­geht – Rotkohl gehört halt nicht zu den Lieb­lings­speisen eines Teenies, wurde 2018 gegründet. Die Jung­spunde unter­hielten die momentan noch kleine Zuhö­rer­schar mit Cover-Hits aus den letzten beiden Jahr­zehnten. Und das machten sie schon sehr gut. Auf jeden Fall steckt Potential für mehr in dem jungen Quartett. Chapeau!

Weiter im Programm gings mit der Ska-Reggae-Punk-Rock-Band Brenn­holz­ver­leih aus der Hanse­stadt Bremen. Die Hanse­städter begeis­terten die immer größer werdende Publi­kums­schar mit eigenen deutsch­spra­chigen Songs, in denen sie alltäg­liche Bege­ben­heiten aber auch gesell­schafts­kri­ti­sche Themen besingen. Aber egal ob Alltag oder Gesell­schafts­kritik, Brenn­holz­ver­leih brachte mit Songs wie "Werbung, Werbung, Werbung", "Der Apparat", "Sonne und ich" oder "Nimm's leicht" die Festival-Besucher zum Tanzen – und das mühelos. Und wer von ihrer Musik nicht genug bekommen hat, könnte sich ja ihr Debüt-Album "Bin gleich zurück" für's heimiche Wohn­zimmer besorgen.

Den nächsten Act auf der ZOA-Bühne übernahm die Band Soeckers aus Ahaus im west­li­chen Müns­ter­land. Die vier Jungs versorgten das Publikum mit Gara­genpop mit briti­schen Sound und deutschen Texten. Und mit eben dieser Mischung sorgten die Müns­ter­länder dafür, dass vor der Bühne getanzt und gefeiert  wurde. Es war ein über­ra­schend viel­sei­tiger Auftritt mit einem Sound, den man hoffent­lich nie im Aufzug hören wird. Ob das Quartett in Zukunft richtig durch­startet, lässt sich momentan natürlich nicht sagen – aber es scheint, der erste Schritt in eine erfolg­ver­spre­chende Zukunft ist gemacht.

In der Umbau­pause hatte dann das HipHop-Duo Telechi­nese, bestehend aus den HipHop­pern Teleluke und China White, aus der Fahr­rad­stadt Münster im Zentrum des Müns­ter­landes seinen Auftritt auf der kleineren Hot Oven Stage. Leider konnte China White in Twist­ringen nicht an den Start gehen, er musste krank­heits­be­dingt im heimi­schen Münster verbleiben, aber Teleluke hatte mit Silvan einen voll­wer­tigen Ersatz besorgt. Mit HipHop in Reinform vom Album "Telechi­nese" brachten sie das ZOA-Publikum in der kleinen, kusche­ligen Hot Oven Stage weiter in Partylaune.

Nach dem Auftritt von Telechi­nese gings zurück zur Haupt­bühne. Passe­par­tout, die als Heimat die Erde angeben, stehen für deutsch-fran­zö­si­schen HipHop und dyna­mi­sche Tanzmusik. Aber Passe­par­tout präsen­tierte den Zuhörern nicht nur HipHop. Mit Songs aus ihrem Debüt-Album "Kiosque" öffneten sie eine bunte Tüte aus Rap, Soul, Jazz und Rock'n'Roll. Und das bei dieser musi­ka­li­schen Mischung für jeden etwas dabei war, zeigte sich durch ein Publikum, das wie bereits bei den Acts zuvor tanzte, feierte und jubelte.

Zum nächsten Act ging's wieder Richtung Hot Oven Stage zu Mayomann & Back­fischboy, einem HipHop-Duo, das vornehm­lich in Münster sein Unwesen treibt. Mayomann & Back­fischboy, das sind der Produzent MeraOne und der Rapper Matasten, die seit 2017 am tradi­tio­nellen Geschmack ihrer fang­fri­schen Lyrics in saftigen Beat­bröt­chen arbeiten. Und diese musi­ka­li­schen Fisch­bröt­chen kamen beim Publikum im kleinen Hot Oven bestens an. Auch Mayomann & Back­fischboy blieb vom Jubel ihrer Zuhörer nicht verschont und wirft schon einmal die Netze aus um bei ihren nächsten Auftritten in den verschie­densten Häfen ihre Fisch­bröt­chen an den Mann bezie­hungs­weise die Frau zu bringen.

Der nächste Act fand wieder auf der Haupt­bühne statt. Das Publikum erwartete eine mit rosa­far­benen Blüten im Überfluss geschmückte Bühne und man musste sofort an die Flower-Power-Bewegung der 1960er Jahre denken. Aber mit Flower Power, Hippies oder Woodstock hatte die Musik des weib­li­chen Trios Velvet Volume aus dem dänischen Aarhus wenig gemeinsam. Außer viel­leicht der Power, denn davon hatten die drei Krawall­frauen, die übrigens Geschwister sind, reichlich zu bieten. Die „Riot Grrrls mit Benzin im Blut!“, so nennt sie die dänische Presse, wurden 2018 vom Rolling Stone Magazin zu den heißesten Newcomern gekürt. Noa, Naomi und Nataja ließen es auf der Bühne mal riff­ro­ckig knallen, aber es wurde auch mal waviger. Auf jeden Fall präsen­tierten sie dem Twist­ringer Publikum eine heiße Show und sorgten mit Songs aus ihrem Debüt-Album "Look Look Look!" für beste Unter­hal­tung. Kurz um: Sire­nen­ge­sang, sägende Gitarre, serviert mit Schmackes und Lust am Styling, mal mit bunten Perücken, mal im College-Röckchen – die drei Girls sind ein Traum für jedes Festival.

Wieder einmal wird umgebaut, wieder einmal geht's zur kleinen Hot Oven Stage, wo Markuz Walach seinen ersten Auftritt an diesem Festival-Samstag absol­vierte. Markuz Walach, das heißt: Ein Mann, eine Band! Den Multi-Instru­men­ta­listen gibt es nur solo auf der Bühne zu sehen. Wozu braucht man auch eine Band, wenn man alle Instru­mente wie Gitarre, Mund­har­mo­nika und Schlag­zeug selber spielen kann – und auch gleich­zeitig. Der Musiker aus dem Sauerland über­zeugte mit seinem Boogie-Groove-Sound das anwesende Publikum in der kleinen Location in jeder Weise. Und wer nicht genug bekommen hatte, der hatte zu mitter­nächt­li­cher Stunde noch einmal die Möglich­keit seinen Klängen zu lauschen.

Ein letztes Mal geht's zurück zur Haupt­bühne, denn dort wartete der Headliner des Samstags. Hayseed Dixie, eine US-Band, deren erfundene Band-Biografie auf ihrer Webseite von Einfalls­reichtum zeugt: Eines Tages verirrt sich ein Auto­fahrer im Deer Lick Holler Valley, was so etwas wie "Tal des Hirsch­röh­rens" bedeutet, in den tiefsten Appa­la­chen und knallt gegen einen Baum. Schlecht für ihn, gut für die Mannen um Barley Scotch, die einige Schall­platten im Koffer­raum finden und so Bekannt­schaft mit AC/DC machen. Sie sind so begeis­tert, dass sie die Lieder gleich nach­spielen – mit Banjo, Fiddle und Akus­tik­gi­tarre. Viel­leicht ist ihre Biografie aber auch wahr, wer weiß es schon wirklich. Den so entstan­denen Musikstil nannten und nennen die Jungs von Hayseed Dixie Rockgrass, eine musi­ka­li­schen Mischung aus Bluegrass und Rock. Mit auf Rockgrass gebürs­teten Coversong namhafter Rockbands, aber auch eigenen Stücken, aus ihren bishe­rigen vom Debüt-Album "A Hillbilly Tribute to AC/DC" aus dem Jahr 2001 bis zum neuesten Album "Free Your Mind and Your Grass Will Follow" aus dem Jahr 2017 erschie­nenen elf Alben,  brachten sie die Stimmung auf dem Ziegelei-Gelände zum Höhepunkt und sorgten für einen absolut gelun­genen Abschluss des Z.O.A.-Samstags.

Die Redaktion der Frei­stätter Online Zeitung bedankt sich beim Orga­ni­sator, bei allen Z.O.A.-Helfern und allen Musikern für ein rundum gelun­genes Event. Wir freuen uns schon auf den runden Geburtstag im nächsten Jahr.

Text und Fotos: Stefan