titelbild

B. O. Asendorf präsen­tiert Andreas Kümmert

Ich bin nur ein kleiner Sänger“ sagte der Sänger Andreas Kümmert am 5. März 2015. Damit meinte er nicht seine Körper­größe, aber dennoch schlug dieser Satz einst Wellen. Mehr noch, er fühle sich nicht in der Verfas­sung, eine Wahl zu seinen Gunsten anzu­nehmen. Vor laufender Kamera hatte der Unter­franke soeben mit deut­li­chem Vorsprung die nationale Vorent­schei­dung zum Euro­vi­sion Song Contest gewonnen. 78,7 % Stim­men­an­teil im Tele­vo­ting, das Publikum entschied sich für „Heart Of Stone“- und wünschten sich Andreas Kümmert mit diesem Song als deutschen Vertreter für das ESC-Finale in Wien.

Doch der Traum währte nur kurz. Als Mode­ra­torin Barbara Schö­ne­berger zum Gratu­lieren kam, wurden seine Zweifel so groß, dass er unter größter Verwir­rung aller Anwe­senden auf einen Auftritt in Wien verzich­tete und seine Teilnahme der Zweit­plat­zierten Ann Sophie überließ. Buh-Rufe waren dem frisch gekürten „The Voice Of Germany“-Gewinner sicher, und seine gerade steil anstei­gende Karriere stoppte er auf diese Art abrupt. Direkt nach dem Verlassen des Vorent­scheids wurde Andreas Kümmert auch nirgends mehr gesichtet. Logisch, die Boule­vard­presse wartete auf Fotos jeder Art, aber der Künstler wirkte wie vom Erdboden verschwunden.

Später gestand der Mann, der mit seiner sensa­tio­nellen Blues‑, Soul- und Rock­stimme die musi­ka­li­sche Land­schaft hätte beleben können, er leide unter psychi­schen Problemen und sei deswegen auch in ärzt­li­cher Behand­lung. Das konnte an jenem Abend natürlich keiner wissen, zu sauer waren insbe­son­dere die Televoter, die vergeb­lich für die 12-Punkte-Jagd in Wien in Tele­fon­ge­bühren inves­tierten. Verständ­lich waren daher die Reak­tionen auf beiden Seiten.

Was ist eigent­lich seither aus dem einstigen Riesen­ta­lent geworden? Er musiziert immer noch, und er tritt auch weiterhin auf. Unter anderem am vergan­genen Freitag. Wir wollten uns ein Bild machen von seiner Weiter­ent­wick­lung und besuchten sein Open Air Konzert im Kultur­haus B. O. (Break Out), der beliebten Lokalität in Asendorf. Die über­schau­bare Location, die durch ihre maritime Aufma­chung einlädt, bot dem Künstler die Gele­gen­heit, unter anderem seine gesam­melten Songs sowie sein im März erschie­nenes Album "Harlekin Dreams" zu präsentieren.

Um es kurz zu machen – ja, Andreas Kümmert zuzuhören, ist ein Erlebnis.

Es gibt wenige in diesem Land, die mit ihrer Stimme so beein­dru­ckend viel­fältig umgehen können. Sein Umgang mit dem Publikum ist aller­dings nach wie vor ein Balance-Akt auf Stelzen. Zum einen, und das wollen wir zu seinem Gunsten glauben, hinderte der Stra­ßen­ver­kehr ihn daran, pünktlich zu erscheinen. Die Entschul­di­gung kam – vom Moderator. Von Herrn Kümmert kam da wenig bis nichts. Ebenso hielt der geniale Sänger es nicht für nötig, die Zuschauer zu begrüßen oder sich für Beifall zu bedanken. Einen stillen Kritiker im Publikum herrschte er sehr dünn­häutig an.

Wir haben Respekt vor den Veran­stal­tern des B. O. in Asendorf und auch den Mut, einen Künstler auszu­wählen, der vor über fünf Jahren für einen kurzen Moment ein Licht­blick in der deutschen Musik­land­schaft war. Und keiner, der am Abend des 17. Juli vor Ort dabei war, hatte an der künst­le­ri­schen Leistung etwas auszu­setzen. Aber für einen unver­gess­li­chen Auftritt für alle Betei­ligten braucht es schon etwas mehr, als sein vorhan­denes Können abzu­ar­beiten. Es war gut – aber war es auch unterhaltend?

Vermut­lich hat sich Andreas Kümmert direkt nach seinem Auftritt auf den Heimweg nach Lohr am Main gemacht. Schade eigent­lich, er hätte 24 Stunden später das B. O. mal als Zuschauer besuchen können. Die Band 3 Sekunden Safran, die am Sonnabend das Publikum begeis­terte, hätte zum Lehr­meister für den Unter­franken werden können. Die verstanden es nicht nur, musi­ka­lisch zu unter­halten, sondern auch eine Menge von Enter­tain­ment. Der große Unter­schied zwischen den beiden Acts – am Freitag trat jemand auf, aber am Samstag traten welche auf, die auftreten wollten. Zwangs­läufig gab es im Unter­schied zum Freitag auch eine mehr als verdiente Zugabe.

Ob gesund­heit­lich ange­schlagen oder nicht, aber Andreas Kümmert tuen sicher­lich auch mal Berater gut, die ihm sinnvoll zur Seite stehen. Seine musi­ka­li­sche Klasse hätte es mehr als nur verdient.