Oder anders formuliert, über 20 Teilnehmer trafen sich zu einer kreativen Ausflugsfahrt. Normalerweise tagen die Mitglieder vom Bremer Aktionsbündnis "Menschenrecht Auf Wohnen" einmal im Monat für zwei Stunden gemeinsam. Reicht das? Angesichts zunehmender Krisen, steigende Probleme, Kosten und Sorgen wohl kaum, um die politischen Entscheider im Bund, in den Ländern und in den Kommunen zur sozialen Korrektur in etlichen Bereichen wohl kaum. Ein Vorbereitungsteam vom Bremer Aktionsbündnis "Menschenrecht auf Wohnen" schmiedete daraufhin den Plan, das gemeinschaftliche Plenum auf zwei Tage auszuweiten.
Treffpunkt war aber nich die Friedensgemeinde oder eine Alternative innerhalb der Hansestadt; für gemeinschaftliche Workshops, Austausch von Ideen und Planungen, aber auch kulturellen Spaß wurde dass von Bremen aus circa 50 Kilometer entferntliegende Rotenburg/Wümme besucht. Tagungsort war die dortige Jugendherberge am Stadtrand, das Helmut-Tietje-Haus. Zwar war die Stadt gut zu erreichen, dennoch überzeugte die Unterkunft mit ihrer ruhigen Lage inmitten eine Waldgebiets.
Neben der eigentlich üblichen gemeinschaftlichen Arbeit diente dieses 24-stündige Treffen auch dem persönlichen und privaten Austausch. Alles beide gelang, denn durch die entspannte Atmosphäre war der Umgang untereinander sehr respektvoll. Gestartet wurde mit einem gemeinsamen Mittag essen, anschließend gab es ein Warm-Up-Programm im Tagungsraum. Letzteres bestand aus einer Vorstellungsrunde, sowie das spielerische Versetzen in eine andere Person. Jeder bekam via Los eine neue Identität (Alter, geschlecht, sozialer Status usw.); Organisator und Spielleiter Joachim formulierte dann Lebenswege. Entweder es passte, oder man begab sich einen Schritt nach vorne.
Seit 2012 gibt es das Aktionsbündnis; aufgrund des 10jährigen Bestehens wurde in einem gemeinschaftlichen Workshop Bilanz gezogen. Ohne Blatt vor den Mund sollten Erfolge, Erinnerungen, aber auch kritische Phasen eines jeden Einzelnen genannt werden. Mittlerweile beziehen sich die Forderungen nicht nur nach bezahlbarem Wohnraum. Auch der dabei notwendige Klimaschutz soll finanziert werden. Erinnert wurde aber auch an gemeinsame Kundgebungen gegen weitere Mieterhöhungen. Erst vor wenigen Wochen trafen sich mehrere Teilnehmer zum Mietenstopgipfel in Bochum zu einer Demonstration.
Alle vor Ort waren sich jedoch einig, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage die Situation für die bereits von Armut betroffenen nicht nur weiter erhöhen wird; auch die Zahlen von Menschen, die in die Armut gelangen dürften sich verschärfen. Deswegen wird das erste kleinere Jubiläum – das Aktionsbündnis feiert 2022 sein 10jähriges Bestehen – nicht nur zum Feiern genutzt. Um den offiziellen Tag der Wohnungslosen Menschen, der jedes Jahr am 11. September begangen wird, soll nicht nur Geburtstag gefeiert werden. Da der 11.09. in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt, wollen die Bündnisteilnehmer schon ins Wochenende hinein Kampagnen planen. Eine Organisation hat man hierfür schon fest im Blick: Housing First. Eingebunden in einen deutschlandweiten Fachtag, der am 8. und 9. September erstmals begangen wird, will das Bremer Aktionsbündnis bei diesem Anlaß natürlich nicht außen vor bleiben.
Am Sonntag stand nun ein Workshop in Gruppen statt. Vier Gruppen bildeten sich, um u.a. über ökologischen Wohnungsbau zu diskuttieren, oder über die Möglichkeiten, obachlose Menschen wieder in den Vorzug eines Zuhause zu bringen. Gerade Menschen, die seit Jahren ihr Leben auf der Straße verbracht haben, könnten moralische Probleme bekommen, wenn sie plötzlich auf beengten Raum leben "Dürfen", um endlich eine Privatsphäre für sich und eigene Dokumente zu haben. Und wie sinnvoll ist die Erstellung eines Mietenspiegels?
An diesen zwei Tagen wurde aber nicht nur gearbeitet, ein wenig gefeiert wurde auch. In der gemeinsamen Arbeit wurde des Öfteren auch von sozialer Teilhabe gesprochen. In der Rotenburger Jugendherberge wurde sie beim gemeinsamen Abend gelebt. Mit weiteren Hotelgästen wurde gemeinsam bei einen Fußballspiel im TV mitgefiebert. Junge Mädchen einer Gruppe aus Hagen im Bremischen mischten sich unter die Aktionsteilnehmer, und sangen Karaōke sehr zur Freude aller Anwesenden.
Und genau das muss als Signal rausgehen nach einem erlebnisreichen Wochenende, das einen auch für die Zukunft zuversichtlich stimmt. Bei aller Hochachtung vor der Organuisation der Verantwortlichen und der Umsetzung – das Entscheidende an diesem Wochenende war, von Armut und Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen eine Chance zu geben, sich wieder unter das Volk zu mischen. Den Organisatoren vom Aktionsbündnis sei dafür zu danken, aber auch den Mitarbeitern sowie den weiteren Gästen der Jugendherberge in Rotenburg / Wümme. Das allein sollte anderen Mut geben, dass es sich immer lohnt, NICHT aufzugeben.
Fotos & Text.: Thoams & Hari