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GWD – wie ein Karten­haus zusammenfällt

Handball ist immer ein hoch­span­nender Sport. Bekannt­lich dauert ein Spiel 60 Minuten, und schon sehr oft hat es sich gerächt, wenn eine Mann­schaft sich zu früh gefreut hat. Um es mal so zu verglei­chen: Ein Vorsprung von 8 Toren 20 Minuten vor Spielende, das ist fast so, als wenn ein Fußball­team nach 80 Minuten mit 2:0 führt.

Das klingt vorent­schei­dend, aber dass muss es nicht sein. Und wenn genau solche Dinge passieren, dann spricht der Zuschauer schon einmal von einem hoch­span­nenden Spiel­ver­lauf, sogar von Wunder ist dann gele­gent­lich die Rede.

Am 8. Spieltag der laufenden Bundes­liga-Saison 2021/2022 ist genau das passiert. Der Nutz­nießer war in diesem Falle der TBV Lemgo Lippe. Mit 13:21 lag das Team in ihrem Auswärts­spiel am Sonntag nach knapp 40 Minuten zurück, aber am Ende siegten die Ostwest­falen mit 32:19. Dazu kann man dem Team aus der Hoch­schul­stadt gratu­lieren, denn die Spieler bewiesen eine starke Moral.

Doch wo ein Team ist, dass nie aufsteckt, brauchte auch der amtie­rende Pokal­sieger Lemgo einen Gegner, der einen solchen Spiel­ver­lauf zuließ. Dieser Gegner war kein gerin­gerer als die GWD Minden. Der Gastgeber in diesem Ostwest­falen-Derby war eigent­lich schon mit beiden Händen an der ersten Ernte­ein­fuhr zum Abpflü­cken bereit.

Aber der gesamte enttäu­schende Spiel­ver­lauf endete für Dankersen damit, dass die Mann­schaft nach diesem Spiel – und nunmehr 480 Saison­mi­nuten – immer noch mit genau 0 Punkte in der Tabelle steht.

Musste das sein? Aus Sicht der verär­gerten und teilweise auch traurigen Fans waren genau die letzten 20 Minuten total unnötig. Denn der Tabel­len­letzte, der sich mit bislang teilweise erschre­ckenden Auftritten in eine desolate Situation gebracht hatte, trat in diesem Duell zunächst wie verwan­delt auf: Gute Abwehr­ar­beit, sehr konzen­trierte Angriffe – jederzeit hatte die GWD anfangs ihren Gast fest im Griff.

Dann entschied sich die Truppe von Trainer Florian Kehrmann für den Einsatz eines siebten Spielers. Für viele war das die Schlüs­sel­szene. Die Szene, in der das mühsam aufge­baute Karten­haus leider wieder ganz schnell in sich zusammenfiel.

Denn weil diese Taktik für die TBV direkt zum Torerfolg führte, wendeten die Gäste diesen Schachzug in der Folgezeit noch insgesamt 11 mal an, und jedes Mal ging die Rechnung auf. Und die GWD? Sie fing an, nach und nach den Faden zu verlieren, konnte aber zumindest bis zur 55-sten Minute das Rennen noch offen gestalten.

Dennoch wurde mehr und mehr die Hand­schrift, die die GWD schon in den vorigen sieben Spielen gezeigt hatte, leider erneut immer deut­li­cher. Je mehr Lemgo an sich glaubte und von Spielzug zu Spielzug domi­nanter wurde, um so wacher wurden auch die zahl­rei­chen Gästefans unter den 1.351 zahlenden Zuschauern.

Die grün-weiße Flamme hingegen, die anfangs lange sehr stark geleuchtet hatte, wurde kleiner und kleiner, bis sie letzt­end­lich vollends  erlosch. Und mit ihr dann auch die möglichen ersten 2 Punkte der laufenden Spielzeit ausblieben.

Immer mehr macht nun im Umfeld das Schre­ckens­wort 2. Bundes­liga die Runde. Nicht nur beim treuen Publikum vor der Halle, auch in sozialen Netz­werken verlieren immer mehr Fans den Glauben daran, dass die Mann­schaft des GWD das Unheil abwenden kann.

Das ist verständ­lich bei dem, das die Zuschauer besonders im Verlauf der letzten 20 Minuten erleben mussten. So ist es schwierig zu glauben, dass nun noch Punkt­ge­winne in Hannover-Burgdorf und im folgenden Heimspiel gegen FRISCH Auf! Göppingen möglich sind.

Doch ist es für ein Aufgeben nicht doch noch viel zu früh? Endgültig abge­pfiffen wird erst in 26 Spiel­tagen, also Mitte Juni 2022. Damit bleibt noch einige Zeit, um sich an die ersten 40 Minuten dieser Partie gegen Lemgo zu erinnern. Nur mit solcher Leistung über ein ganzes Spiel sind am Ende Punkte möglich, um zuletzt auch in der Bundes­li­ga­saison 2022/2023 erst­klassig zu bleiben.

Wir wünschen Trainer Frank Carstens und seinen GWD-Spielern, dass sie ihren Fans solch eine Leistung künftig etwas konstanter auch wieder über ganze Spiele präsen­tieren können.