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Kein schwä­bi­scher Geiz in der Wilhelma…

…sondern das volle Programm. Unsere Redaktion hat sich vergan­gene Woche über den Landkreis hinaus gewagt, der nach­ös­ter­liche Spazier­gang führte uns fast ans andere Ende der Republik. Wir waren zu Gast in Stuttgart, und wollten für Sie eine touris­ti­sche Attrak­tion ans Herz legen. Das Ziel war der Zoolo­gisch-Bota­ni­schen Garten, den nicht nur die einhei­mi­schen Schwaben unter Wilhelma viel besser kennen.

Zunächst – dass ein Ausflugs­ziel sich permanent zu seinem Vorteil ändert, liegt wohl in der Sache der Natur. Die Verant­wort­li­chen der Wilhelma würden sich dabei sicher­lich wünschen, dass sich die die Verän­de­rungen auf den Zoolo­gi­schen Garten beschränken. Fakt ist aber auch, dass sich Stuttgart gehörig verändert. Die Touristen, die am Haupt­bahnhof eintreffen, werden auf dem Weg nach Bad Cannstatt förm­lichst zum Bauar­beiter. Baden-Würt­tem­bergs Landes­haupt­stadt ist mitt­ler­weile nicht nur rund um den Bahn­ver­kehr zu einer Baustelle geworden.

Doch davon merkt man, wenn man die Wilhelma erreicht hat, auf der 30 Hektar großen Fläche nichts mehr. Nun, liebe Leser, Sie werden zu Recht behaupten, Zoolo­gi­sche Gärten haben wir hier in den nordi­schen Bundes­län­dern auch einige im Angebot. Aber nur wenige können mit der Vielfalt, die unsere süddeut­schen Freunde in ihren Gehegen haben, mithalten. Nicht nur, dass so ziemlich jedes Spektrum der Tierwelt vertreten ist; auch die Liebhaber der blühenden Botanik kommen hier  voll auf ihre Kosten.

Natürlich – um die gesamte Auswahl zu begut­achten, sollte der Besucher Zeit mitbringen. Und wird die Kondition knapper als die Strecke, können Sie die Garten- und Park­an­lagen auch zum Ausruhen und Kraft tanken nutzen; sogar ein Picknick ist hier möglich. In der nach­ös­ter­li­chen Woche, in der wir uns in Baden-Würt­tem­berg aufge­halten haben, hatten sowohl die Einhei­mi­schen wie Ange­reisten zudem auch großes Glück mit dem Wetter gehabt. Die Früh­lings­sonne erwärmte Stuttgart sowie das Gemüt auf 20 Grad und mehr. Nach zwei harten Pande­mie­jahren, als nicht alle, die in den Zoo wollten, auch in den Zoo kamen, tut dass der Wilhelma wirt­schaft­lich auch sehr gut. Lediglich die Türe dürfen sich wieder auf mehr Menschen einstellen, so wie es bis Ende 2019 üblich war.

Die Wilelma kann auf eine knapp 200jährige Geschichte zurück­bli­cken. Den Namen verdankt der Garten dem König Wilhelm I. von Baden-Würt­tem­berg. Das heutige Ausflugs­ziel war in den 1840er Jahren der Privat­be­sitz des damaligen Monarchen. Besucher waren lediglich enge Vetraute des Regenten. Das Gelände beher­bergte aller­dings noch keinen Zoo. Aus dieser Zeit ist jedoch die maurische Bauweise entstanden, viele Gebäude der Wilhelma wurden nach diesem Stil errichtet. Die offi­zi­elle Eröffnung der Wilhelma war am 30. September 1846, als ein Kronprinz und eine Zaren­tochter sich das eheliche Ja-Wort gaben. Publi­kums­ver­kehr gab es immer noch nicht.

Besucher, die nicht dem Adel ange­hörten, mussten sich bis zum Jahr 1919 gedulden, ehe allen Inter­es­sierten Eintritt gewährt wurde. Aber – auch da war die Wilhelma immer noch ein Bota­ni­scher Garten. Das war sie auch bis zum Ausbruch des Zweten Welt­krieges, in dessen Verlauf selbst die Anlage durch Luft­an­griffe Zerstö­rungen erleiden musste. Mit Kriegs­ende griffen Verant­wort­liche, die den Wieder­aufbau und die Sanierung der Wilhelma voran­trieben, eine Geschäfts­idee aus der Vorkriegs­zeit erneut auf; den Besuchern zusätz­lich zum bota­ni­schen Angebot eine Art Minizoo zu organisieren.

Es begann zunächst mit Aquarien, als erstmals Tiere auf  dem Gelände der Wilhelma zu sehen waren. Kurze Zeit später wurden bereits Vögel präsen­tiert, und nach und nach wurde die gezeigte Tierwelt nicht nur größer, sondern immer exoti­scher. Und 1953 war es soweit – der einstige Bota­ni­sche Garten Wilhelma wurde in einer offi­zi­ellen Eröffnung zum Zoolo­gisch-Bota­ni­schen Garten der Stadt Stuttgart. In knapp 8 Monaten darf der Park unter diesem Namen sein 70jähriges Bestehen feiern. 70 Jahre, in denen die Fauna und Flora immer größer und viel­fäl­tiger wurde.

Wer heute durch die Wilhelma flaniert, wird so ziemlich alles vorfinden, was die Ökologie zu bieten hat. Tier­freunde, egal ob Liebhaber der Reptilien, Wasser­tiere, Raub­katzen, Dick­häuter, heimi­schen Tieren, Vögel und Insekten kommen auf ihre Kosten. Und auch die Botanik geizt nicht mit Vielfalt. Ob unter freiem Himmel oder in entspre­chenden Häusern, ob vertraute Pflan­zen­welt oder Exponate, die man eher in tropi­schen bzw. subtro­pi­schen Gegenden dieser Welt vermuten würde – die 20 €uro, die ein Erwach­sener am Eingang als Eintritt entrichtet, sind es allemal wert.

Auch wenn Stuttgart, dass sich bautech­nisch aktuell verändert, und auf den ersten Blick im Moment nicht jeden Touristen in den Bann zieht – sollten Sie auch mal in der Nähe der süddeut­schen Großstadt sein, wir kennen da einen Ort, der Wissen, Ruhe und Erholung verspricht. Die Wilhelma ist der etwas andere Urlaub.

 

Fotos.: H. Januschke, R. & D. Schöffler / Text.: Hari Januschke