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GWD – wo der Sport noch Bedeutung hat

"Das ist eine ganz schlechte Leistung" – "Ich fahre jetzt schon nach Hause, ich kann mir dass nicht länger anschauen" – "Unser Team ist total über­for­dert". Sätze, die in der Mindener KAMPA-Halle gefallen sind. Nun werden Sie viel­leicht sagen, dass ist ja gerade in dieser Location in dieser Handball-Bundes­liga-Saison nichts Neues. Das stimmt natürlich auch, aller­dings kamen diese Sätze von unseren Pres­se­kol­legen, die für den Gegner ASV Hamm-Westfalen über ihr Team berichten.

Ja, und auch dass tun wir Ihnen an – wir berichten doch tatsäch­lich über das Spiel des Tabel­len­vor­letzten gegen den Tabel­len­letzten. Aller­dings, so richtig dieser Zustand auch schwarz auf weiß aktuell (noch) stimmen mag, so sprachen unsere Gäste aus der Nähe des Sauer­landes bereits in der 1. Halbzeit von einem Klas­sen­un­ter­schied. Sie haben dieses Spiel nicht falsch analy­siert, und sie hatten unseren vollen Respekt und unser Verständnis. Denn in den Monaten September und Oktober des laufenden Kalen­der­jahres lauteten unsere Urteile über die GWD Minden fast identisch.

Party­szenen zum Beginn der Advents­zeit in Ostwest­falen – die GWD Minden bewingt die ASV Hamm-Westfalen mit 32:23. Strah­lende Gesichter in Grün-Weiß, Stim­mungs­lieder – all das hätte es nicht gegeben, wenn es der Spieltag Nr. 34 gewesen wäre. Denn tabel­la­risch hat sich auch nach diesem Triumph auf den ersten Blick nichts geändert, beide Teams belegen nach wie vor die Plätze auf dem Weg in die Zweit­klas­sig­keit. Während aber beim über­for­derten Aufsteiger die Lage anfängt, aussichts­loser zu werden, verkürzten die Haus­herren ihren einst großen Abstand zum rettenden Platz 16 um nur noch 1 Punkt. Und um diesen auszu­merzen, bleiben bis Mitte Juni noch 20x60 Minuten Zeit.

Sieg gegen das Schluss­licht, Party­stim­mung in KAMPA – ist das nicht ein wenig über­trieben? Wenn Sie am Donners­tag­abend nicht unter den 2025 Zuschauern waren, so haben Sie mögli­cher­weise auch nicht die Vorstel­lung darüber, was sich in den 2x30 Minuten Spielzeit getan hat. Denn die Urteile, die wir vor noch nicht allzu  langer Zeit über die Grün-Weißen gefällt haben, und mitt­ler­weile nach Hamm weiter­ge­reicht haben, sehen mitt­ler­weile ganz aus. Vor unseren Augen präsen­tierte sich eine Vertre­tung aus Dankersen, die eine Mann­schaft ist. Und das fast durch­ge­hend durch das gesamte Spiel. Und wer sich an die desolaten Auftritte zu Beginn der Saison erinnert, der erkennt die Grün-Weißen Männer nicht wieder.

Nach dem Sie in Göppingen letzte Woche, jetzt gegen Hamm-Westfalen geht es kommende Woche nach Stuttgart, bevor in 14 Tagen der DHfK Leipzig in Minden gastiert. Alles Teams, die ebenfalls den Duft der Abstiegs­ge­fahr aktuell kennen. Die Ostwest­falen haben es also faktisch selbst in der Hand, vom Jäger zum Gejagten um Platz 16 zu werden. Mit dieser mann­schaft­li­chen Geschlos­sen­heit werden zudem auch Teams auf den höheren Plätzen Schwie­rig­keiten bekommen. Nachdem viele Fans aber bereits voreilig die 2. Bundes­liga als besiegelt sahen, sollte nun keiner beginnen, sich zu früh zu freuen. Es galt, eine tolle Leistung zu feiern, die einfach Lust macht auf mehr.

Und es galt den Sport zu feiern. Das gilt erst recht in diesen Wochen, wo uns täglich Meldungen aus dem fernen Katar erreichen. Von einem sport­li­chen Event, bei deren Nach­richten es sich nicht immer nur um Sport handelt. Die Leis­tungen auf den Fußball-Plätzen werden mitunter zur Neben­sache, wenn die Kritiker ebenso mitur­teilen. Dann haben nicht nur Fußball-Fans eine Meinung zu Menschen­rechten, Unter­drü­ckung, LGBTQ-Debatten und Haupt­sache Kommerz.

Gerade jetzt tut es gut, sich mit der GWD Minden zu befassen. Einem Verein, der vom Vorstand bis zum Ordner über den Fan bis hin zur Jugend­ar­beit sich zu einer großen Familie geworden ist. Denn gerade die Diskus­sionen zum Turnier im Emirat am Persi­schen Golf beweisen, das wahre Liebe niemals käuflich sein kann. Die Liebe zu Menschen sowieso nicht genauso wenig wie die Liebe zur sozialen Gerech­tig­keit. Und auch die Liebe zum Sport­verein nicht. Wenn das andere Verbände irgend­wann auch begriffen haben, ist auch deren Verant­wort­li­chen nicht wichtig, wie das Herz eines wahren Sport­lieb­ha­bers schlägt – ob in Grün-Weiß, oder auch in Regenbogenfarben.

Fotos & Text.: Thomas Müller-Risse & Hari Januschke