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Akti­ons­bündnis tagte erstmals nach dem 10jährigen

Hinein ins 11. Jahr – so könnte man die Devise bezeichnen, die sich am 10.10. in der Bremer Frie­dens­ge­meinde auftat. Das Bremer Akti­ons­bündnis "Menschen­recht auf Wohnen" traf an jenem zweiten Okto­ber­montag zusammen, um knapp ein Monat nach dem runden Geburtstag zu tagen. Sie erinnern sich, am 9. September beging die erste größere Zahl. Auch wenn die erste zwei­stel­lige Zahl gerundet wurde, die Begriffe Jubiläum und Feier gehen kaum jemand über die Lippen.

Verständ­lich, denn der Back­ground, weshalb es das Akti­ons­bündnis gibt, ist eher ein Anlaß, weiter anzu­pa­cken, statt die weiterhin  bestehenden Sorgen um Armut und Wohnungs­lo­sig­keit in entspre­chender Laune zu gebühren. Eine spannende Frage wurde beim Start in die zweite Dekade des Bestehens des Bünd­nisses gestellt? Werden die nächsten zehn Jahre überhaupt komplett durch­ge­zogen werden können? Ange­sichts des Verspre­chens der Euro­päi­schen Union, die Wohnungs­lo­sig­keit in sämt­li­chen 27 EU-Staaten im 2030 als beendet zu erklären, schauen die Bremer Argus­augen die nächsten sechs Jahre verschärft nach Brüssel.

Neu ist das Bündnis nicht mehr, neu ist aber das Logo, das endlich vorge­stellt wurde. Diplom-Volks­wirtin Hannah Beering war dieses Mal nicht vor Ort, ließ aber ausrichten, dass die bisher gdruckten T‑Shirts mit dem ursprüng­li­chen Logo weiterhin werbe­wirksam getragen werden dürfen. Insgesamt kommt das entwor­fene Emblem bei allen Bünd­nis­teil­neh­mern sehr gut an. Aber in Zukunft werden neue Entwürfe mit dem neuen Schriftzug ausgegeben.

Ins Schwitzen kam in der Humboldt­starße dieses Mal keiner, ganz anders als am 9.9.22, als es galt, das 10-jährige Bestehen asuzu­richten. Bis drei Stunden vor Beginn im DGB-Haus wurde vorbe­reitet. Dennoch waren sich alle in der Bilanz darin einig, dass die medi­en­wirk­same Effizienz diese Veran­stal­tung ein Erfolg war. Denn nicht nur unser Magazin war vor Ort, auch die Kollegen des Nord­deut­schen Rundfunks berich­teten in ihrem TV-Magazin "buten&binnen" sowohl von der Präsen­ta­tion im Gewerk­schafts­haus, als auch von der Kund­ge­bung vor dem Hauptbahnhof.

Das zweite Resumee des Tages gab es von Anne Blan­ke­meyer, eine der Team­lei­te­rinnen des Projektes Housing First, deren Fach­ta­gung ziemlich zeit­gleich mit dem runden Akti­ons­bündnis-Geburtstag zusam­mel­fiel. Frau Blan­ke­meyer sowie die Projekt­kol­legen sind zumindest darpber erleich­tert, dass die Finan­zie­rung des Models bis zum 31–12.2023 gesichert ist. Klingt lange, aber 14 Monate dürften nicht reichen, um die Probleme der Hanse­stadt gelöst zu bekommen. Wir wünschen dem enga­gierten Team, dass sie auch ab 2024 weiterhin wohnungs­lose Menschen ohne große Auflagen zu einem neuen Obdach verhelfen. Damit für die Zukunft nicht nur Bremen davon profi­tiert, soll das Projekt auch in Berlin vorge­stellt werden, um damit mögli­cher­weise eine Ketten­re­ak­tion im gesamten Land auszulösen.

Kann Bremen weiterhin Menschen auf der Flucht zu einem sicheren Aufent­halt verhelfen? Rund 7000 Menschen, viele natürlich aus der Ukraine, fanden in der Hanse­stadt Zuflucht. Auf das gesamte Stadt­ge­biet verteilt sind vor allem seit Februar rund zwei­ein­halb Tausen Bauhallen entstanden. Auch eine Halle der ÖVB-Arena dient als vorrü­ber­ge­hendes Obdach. Sie dient auch weiterhin als Obdach, trotz des zeit­gleich statt­fin­denden Freimarktes.

Weitere Tagungs­punkte befassten sich ebenfalls mit der Notlage der Stadt Bremen. U.a. will man die recht­liche Situation erklärt bekommen, weshalb wohnungs­lo­sende Menschen in jüngerer Zeit ständig von der Polizei vor und im Gebäude des Haupt­bahn­hofs vertrieben werden. Alter­nativ, sovviel wurde mitt­ler­weile fest­ge­stellt, werden die Menschen für den Aufent­halt auf dem Nelson-Mandela-Platz verwiesen. Die Schaffung von sog. Tole­ranz­räumen soll die Situation entkräften. Das Enga­ge­ment des Bünd­nisses trägt mitt­ler­weile auch Früchte, so wurden in Bremen 5 neue Trink­was­ser­brunnen fertig­ge­stellt. So haben insbe­son­dere Menschen, die ansonsten stets Zugangs­schwie­rig­keiten zu sauberem Trink­wasser haben, vor allem in heißen Monaten ein wenig mehr profi­tieren. Aber reicht das?

In Bremen tut sich viel, aber ange­sichts einer Armuts­quote von 28,4% in der Stadt (sowie über 30% betrof­fene Kinder) ist es auch gut, dass Menschen weiterhin die Ärmel hoch­krem­peln, uind den Verant­wort­li­chen und Entschei­dern in der Hanse­stadt auf die Füße treten. Die aktuelle Infla­ti­ons­si­tua­tion verheißt für den anste­henden Winter wenig Hoffnung – aber letztere stirbt bekannt­lich zuletzt.

Fotos & Text.: Hari Januschke