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ESC and Eat Nr. 4

Ευχαριστώ πολύ τον δρ. ευρώ όραμα

Falls Sie perfekt grie­chisch sprechen, so werden Sie wissen, dass das hier beschrie­bene Danke­schön dem Doktor Euro­vi­sion gilt. Wenn Sie erst spätes­tens jetzt erfahren haben, so werden Sie viel­leicht denken, dass eine Dankens­formel bezüglich der Veran­stal­tung ESC and Eat an den Veran­stalter Dr. Irving Wolther auch zum Ritual geworden. Aber – auch dieses Mal ist es ein ehrliches und vor allem herz­li­ches Danke­schön für einen gefühlten medi­te­ranen Abend in Hannover. Denn das Thema der vierten Auflage des gemein­samen Huldigens einer Nation, die regel­mäßig am Euro­vi­sion Song Contest teilnimmt, führte die hungrigen Musik­freunde nach Grie­chen­land.

Und wer inmitten der ange­lau­fenen Saison der natio­nalen Vorent­schei­dungen zum größten Musik­wett­be­werb ESC-Liebhaber einlädt, kann sich natürlich ausmalen, dass es bei der Begrüßung nicht direkt zum eigent­li­chen Thema ging; erst recht nicht einen Tag nach der Bakannt­gabe der Teil­nehmer zum deutschen Vorent­scheid. Es ist gefühlt Ewig­keiten her, dass selbst unter ESC-Hardcore-Fans soviel Vorfreude und Erleich­te­rung zu spüren war. "Einige Kandi­daten machen wirklich Mut für das Finale in Liverpool am 13. Mai", war als Fazit aller Anwe­senden zu vernehmen. Wer aller­dings am 3. März in Köln das Ticket als deutscher Vertreter bekommt, werden wir hier nicht beein­flußen, aber drei Kandi­daten kris­tal­li­sierten sich als even­tu­elle Punk­te­sammler heraus.

Kein Thema war, wer – obwohl es passend gewesen wäre – im Wonnen­monat der grie­chi­sche Heraus­for­derer sein könnte. Hier hält sich der ERT, der verant­wort­liche TV-Sender des Landes, noch bis gestern zurück, ehe die Verant­wort­li­chen bekannt gaben, dass der erst 16jährige Victor Vernicos ausge­wählt wurde, um die Helenen 2023 mit "What They Say" in Liverpool zu vertreten, viel­leicht am Ende mit einer erneuten Top Ten-Plat­zie­rung, die in den letzten beiden Jahren Stefania und Amanda Tenfjord erreciht haben.

Wenn ich mich mal kurz vorstellen darf, ich bin Ο Χάρολντ. Damit ging es nach einer kurzen Begrüßung los, denn jeder der Anwe­senden bekam ein Namens­schild in grie­chi­scher Schrift. Da die Namen jedoch allesamt bunt durch­ein­an­der­ge­wür­felt auf einer Wand auftauchten, wurde es zunächst ein Ratespaß. Wer spricht hier­zu­lande bzw. wer schreibt hier­zu­lande in dieser spezi­ellen Schrift. Die darauf­fol­genden sechs Stunden waren, wie schon bei den Themen­abenden über Portugal, Finnland und der Schweiz, ein bunter Mix aus der Geschichte des Landes, gemein­schaft­li­ches Kochen passend zur grie­chi­schen  Küche, gemein­sames Dinieren, und natürlich das Begeis­tern an grie­chi­schen Songs aus deren Geschichte beim Euro­vi­sion Song Contest.

Der Einstiegs­song des Abends war der, der den grie­chi­schen Stolz sowie deren Historie am besten verkör­perte. Keti Garbi brachte es 1993 mit "Ellada, Hora Tu Fotos" im irischen Mill­street auf Platz 9. "Grie­chen­land, Land des Lichts, der Welt, Anfang und Wieder­kehr Ein von Gott auser­wählter Ort, etwas passiert, es regnet Eine schwie­rige Zeit kommt und der Himmel ruft dich Hinsetzen, nach­denken, argu­men­tieren" sang die aus der Nähe von Athen stammende Musikerin. Die damals 32-jährige erinnerte in ihrem Text, dass alle Griechen Kinder von Platon und Aris­to­teles sind.

Nach einem ersten grie­chi­schen Gram­ma­tik­kurs, in dem auch die nicht­wis­senden erfahren haben, dass das Alphabet der Helenen ohne ein B, J und Y auskommt, und in dem jedem Vornamen ein Artikel voran­ge­stellt wurde, galt es, das hanno­ver­sche Phonos-Büro in einen medi­ter­ranen Glanz zu verwan­deln. Das bedeutete jede Menge Dipps herzu­stellen, viele Teig­ta­schen für Vorspeise, Hauptgang und Dessert zu füllen, und ein aufwen­diges Gericht mit über­di­men­sio­nalen Bohnen zuzu­be­reiten. Zu den Menüs trinken die Griechen bekann­ter­weise zwar auch mal ein Wasser, aber nicht nur. Selbst­ver­ständ­lich gab es fast schon erwar­tungs­gemäß Wein in geharzter Form, sowie den über Grie­chen­land hinaus bekannten Ouzo als Absacker. Aber auch der Helene greift beim leib­li­chen Wohl schon mal gerne zum Rotwein, selbiges taten die ESC-Fans auch am Sonnabend.

Natürlich waren die über 6 Stunden viel zu wenig, um sich mit einem Land, dessen Geschichte über drei Jahr­tau­sende umfasst, sich zu intensiv damit zu beschäf­tigen, Aber zumindest reichte die Zeit, um kurz die Phase der soge­nannten Neugrün­dung zu erwähnen, als sich das Land durch eine Revo­lu­tion im 19. Jahr­hun­dert als Teil des damaligen Osma­ni­schen Reiches in seiner jetzigen Form gestal­tete. Und trotz des umfas­senden Themas konnten fast alle bishe­rigen grie­chi­schen Song Contest Beiträge gehört werden.

Beim ESC ans Eat im vergan­genen November, als sich die ESC-Fan-Community mit der Schweiz befasste, ging der ein oder andere viel­leicht etwas sorgen­voller ins Bett, um zu hoffen, dass sich das Käse­fondue sich über Nacht nicht zu sehr im Magen ausweitet. Nachdem aber alle problemlos am Sonntag danach aus dem Bett fanden, waren die Befürch­tungen dieses Mal kleiner, denn die grie­chi­sche Küche gilt als eine der gesün­desten überhaupt. Kombi­niert mit Einbli­cken in das Land, sowie mit wunder­baren Songs, die das Land seit 1974 zum Wett­be­werb einreicht, blieb am Ende zumindest die Vorfreude auf ein nächstes Mal. Das Rätsel­raten hat erneut begonnen, welches Land wird es dann sein. Noch hüllt sich der Herr Doktor Euro­vi­sion in Schweigen.

 

Fotos: Dr. Irving Wolther & Hari Januschke / Text.: Hari Januschke