Sonntag, 14. Mai 2023 – die deutsche ESC-Bubble wacht sprachlos und irgendwie verkatert (dessen Hintergrund in den meisten Fällen ein anderer war) auf. Fast noch unter Schock stehend über das Ergebnis aus Liverpool, weil wohl die allerwenigsten hätten einen letzten Platz im ESC-Finale für Lord Of The Losts erwartet. Auch die Tatsache, dass im Televoting sich der Publikumsfavorit aus Finnland nicht gegen den Sieger der Internationalen Jurys durchsetzen konnte, ließ bei manch einem die Milch zum Kaffee etwaas sauer wirken.
Sonntag, 21. Mai 203 – also genau eine Woche später, und auf dem Programm steht "Ich höre was, dass du nicht siehst". Gastgeber, wie immer, die bekannte Pianistin Marina Baranova, und natürlich Doktor Eurovision, alias Irving Wolther, der selbst bei der weltweit größten Musikshow in UK vor Ort war. Logisch, dass die frischen Eindrücke der jüngsten Ergebnisse des ESC während der wenigen Unterbrechungen unter den glühensten Fans ein Thema war. Und im Unterschied zu vielen Lautsprechern der Nation, die u.a. einen Rückzug Deutschlands vom Event fordern, stellte sich hier nicht die Frage ob, sondern was 2024 zum 68. ESC in Schweden verbessert werden könnte.
Aber auch der eigentliche Grund für das Treffen in den Phonos-Büros hatte eine wohltuende Wirkung mit Beginn der PED-Phase. Zum 5. Mal, aber zum ersten Mal an einem Sonntag, luden beide Gastgeber nach Hannover zum musikalischen Brunch ein. Dieses Mal taten sich die Rater besonders schwer, und ernsthaft die Lösung gefunden hat so wirklich keiner. Zur Einstimmung galt es anhand nur vom Gehörten, ohne dass Instrument geschweige Künstler zu sehen sind, wer sich hinter dem Musizierenden verbirgt. Als alle aufgaben, kam er – Murat Coskun; mit dabei hatte er eine Tasche, sowie eine Rahmentrommel.
Über die Herkunft des ungewöhnlichen Instruments gibt es viele Interpretationen, auch was die Anfänge angeht. Vermutet wird jedoch, als man das einstige Verständigungsinstrument mit einer Tierhaut, vermutlich eine Ziegenhaut, versehen hat, setzte die Rahmentrommel zu ihrer Weltreise an. Fast überall auf der Welt hat die Rahmentrommel ihren Platz gefunden; in Deutschland ist jedoch noch Bedarf nach oben vorhanden, laut dem Gast sind hierzulande gerade mal 20 Musikanten im Besitz einer Trommel.
Etwas Geometrieunterricht, passend zur Musik gab es auch. denn entscheidend für den Begriff Rahmentrommel ist u.a. der Radius – der sollte größer als die Höhe sein. Das Instrument, dass es in unterschiedlichsten Größen gibt, und mal mit bzw. auch ohne Schellen gespielt wird, erzeugt je nach Raum und Raumfülle eine unterschiedliche Akkustik. Wenn man Murat Coskuns Darstellung Glauben schenken darf, so besitzt jeder Talent dafür – denn laut dem Profi spielt man hiebei den Rhathmus, den man spricht.
Apropo unterwegs – für den Brunch in Hannover nahm, verglichen mit den Musikern die in den Ausgaben des Formats zuvor zu Gast waren,; Murat Coskun einige Kilometer auf sich. Während seine Vorgänger von zu Hause hin zu den Phonos-Büros an einem Tag bequem hin und zurück schaffen, ist das von Freiburg aus bis nach Hannover eher nicht möglich. Aber unterwegs zu sein, dass ist Coskun ja auch gewohnt. Der gebürtige Ulmer, dessen Eltern türkische Wurzeln haben, beweißt nicht erst seit Sonntag, wie sehr er unterschiedlichste Kulturkreise schätzt und anwendet. Das scheint auch beim Publikum anzukommen.
Noch am selben Tag nutzte er den Bahnverkehr, um die rund 600 Kilometer Heimfahrt zu bewältigen. Aus Sicht des Publikums zum Frühstück hat sich es gelohnt, so dürfte der Musiker es selbst auch sehen. Wir sind gespannt, auf das Staffelfinale, bevor sich etliche in den Sommerurlaub verabschieden dürften – mit dem großen Wunsch, dieses Format möge bitte auch nach dem 17. Juni weitergehen.
Fotos & Text.: Hari Januschke