Alles neu macht – 2024. Zumindest gewann man den Eindruck, wenn man am 8. Januar beim ersten Plenum des Bremer Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen mit dabei war. Da ist zum einen die Location: weil der Friedensgemeinde in der Humboldstraße die Energiekosten für eine Grupppierung nicht mehr tragbar war, waren die Bündnisteilnehmer gefordert, einen neuen Tagungsort für zukünftige Plenums ausfindig zu machen. Und man kann es nicht anders sagen; seit dem vergangenen Montag, und auch für die Zukunft ist man zum Diskutieren sehr zentral fündig geworden. In Unser Lieben Frauen Kirche, also genau inmitten der Altstadt Bremens zwischen Rathaus, den Stadtmusikanten und dem Roland treffen sich ab sofort 12x Mal im Jahr die Bündnismitglieder.
Und der Start in neuer Umgebung und ins 12. Jahr des Bündnisses war ordentlich; Moderator Jens Rathgeber hieß 26 Mitstreiter willkommen. Ohne dem alten Raum in der Humboldtstraße zu sehr auf die Füße treten zu wollen, aber soviele Anwesende hätten in dem alten Raum niemals reingepasst. Im Marienzimmer der Kirche jedoch ist aber noch Platz für weitere Teilnehmer gewesen. Von Leerstand im Raum also keine Spur, aber genau das war das Thema, über das zum größten Teil gesprochen wurde; leerstehende Immobilien und wie sie für die Zukunft genutzt werden. Freilich gehörten nicht alle 26 Anwesende zum Kern des Bündnisses. Außer den regelmäßigen "Streitern" waren zudem Vertreter der GeWoBa, von Housing First sowie von Vereinen und Initiativen genau zu dieser Thematik eingeladen worden.
Explizit speziell eingeladen worden sind aber vorrangig Ralph Strodthoff (Aufsicht Wohnraumschutzgesetz im Senat), Dr. Arnd Sünnemann (Abteilungsleiter Regional– und Stadtentwicklung) sowie Falk Wagner ( SPD-Sprecher für Bau- und Stadtentwicklung). Insbesondere Ralph Strodthoff war der Ansprechpartner am Montag, weil genau seine Aufsicht die Dienststelle im Land Bremen ist, die Leerstand verwaltet. Und zwar in fast allen Formen. Die Dienststelle erhält Auskunft darüber, ob Leerstand entstanden ist. Darüber hinaus aber ist sein Arbeitsbereich auch der, der über die weitere Zukunft der leerstehenden Immobilie Einfluß hat.
Strodthoff erklärte zunächst, dass er seit dem Bestehen des Bremischen Wohnraumschutzgesetz im Jahr 2021 sich an die 270 Objekte angeschaut hat, in denen Leerstand vermutet wurde. Die Behörde führt darüber hinaus eine Tabelle über die Meldungen, dass ein Leerstand "möglicherweise" existiert. Zum Funktionieren beim Umgang mit Leerstand bedarf es jedoch auch der Mitwirkung der Immobilienbesitzer oder der Eigentümer. Offiziel besteht zwar eine Meldepflicht, jedoch führt eine Nichtmeldung nicht zu Konsequenzen der Meldepflichtigen. Angesichts des benötigten Wohnraums, vor allem des leistbaren Wohnraums, konnte derAnsprechpartner im Senat eine Zahl nennen – aktuell sind im Land Bremen 1,7% Leerstand verzeichnet. Ob dieser verfügbare Leerstand für alle Wohnungssuchenden ausreicht, darf man angesichts der Wohnungsknappheit anzweifeln.
Des weiteren führte Ralph Strodthoff aus, dass Leerstand erst als ein solcher gilt, wenn er zwar gemeldet, aber vor allem von der Behörde persönlich überprüft wurde. Hierfür werden alle möglichen Nachweise gebraucht; geprüft wird die Nutzung bzw. Nichtnutzung der jüngeren Vergangenheit, ob ein Namensschild angebracht ist, oder ob auch beim Befragen der Nachbarschaft etwas festgestellt wurde. Dr. Sünnemann ergänzte zu den Angaben, dass nicht jedes Mietobjekt dem Wohnungsmarkt zurückgeführt werden kann, doch von dem bekannten Leerstand innerhalb Bremens konnten circa 70% wieder neu vermietet werden. Um aber ein stark abgenutztes Objekt wieder verfügbar zu machen, gibt es laut dem Wohnraumschutzgesetz eine Zeitspanne von 18 Monaten, um die Mietsache wieder saniert dem Markt zukommen zu lassen.Mithilfe dieser Methode seien dem Wohnungsmarkt 40 – 50 Wohnungen zurückgeführt.
So manche Äußerungen führten aber auch zur intensiven Diskussion. Kann man denn zumindest jetzt in der jetzigen Jahreszeit leerstehenden Wohnraum obdachlose Menschen genau diesen für den Winter überlassen, damit sie bei Minustemperaturen wenigstens ein Dach über den Kopf und einen Schutz vor Kälte haben? Dr. Sünnemann und Strodthoff räumten ein, dass sie in ihren Handlungen oftmals durch kommunale Vorgaben eingeengt seien. Was eigentlich schade ist, denn Bremen verfügt durch entsprechende Einrichtungen und Projekte über Möglichkeiten, noch effizienter im Sinne der Suchenden Unterstützung zu leisten. Gerade auch, weil dort Housing First seit einigen Jahren hervorragende Arbeit leistet.
Abseits der über einstündigen Diskussion mit den eingeladenen Gästen waren zusätzliche Tagesordnungspunkte ein kleines Gesprächsthema, die allerdings sehr Bremen-Spezifisch waren, wie z.B. der Kauf eines Gebäudes durch die GeWoBa AG, sowie der seit Jahresbeginn geltende Mietspiegel. Diese Themen werden sicherlich in weiteren Plneumssitzungen detailierter erörtert. Das nächste Mal trifft man sich am 5. Februar – natürlich wieder in der Kirche Unser Lieben Frau mitten auf dem Bremer Marktplatz. Auch wenn Behörden noch viel zu tun haben, um einige der immensen Probleme unserer Zeit in den Griff zu bekommen; es fühlt sich immer gut an, wenn diese arbeitende Zunft sich mit der Basis austauscht. Nur so kann weitervermittelt werden, welche Schuhe wo drücken.
Fotos & Text.: Hari Januschke