Am Samstag, den 16.07.2016 waren wir auf freundliche Einladung der Veranstalter (nochmals Danke!) beim Afdreit un Buten Festival am Hartensbergsee.
Um eines schon mal vorweg zu nehmen, mir fällt nur ganz wenig ein, wie ich meinen Tag lieber verbracht hätte. Wir haben ein rundum gelungenes Festival gesehen und ich prophezeie jetzt schon: Das machen wir nächstes Jahr wieder.
In diesem Jahr außergewöhnlich: Sogar das Wetter spielte mit. Von einem kleineren Erfrischungsschauer abgesehen blieb es trocken und die Temperatur war durchweg angenehm.
Da wir am Vortag auf der Breminale waren, können wir vom Freitag nichts berichten. Und, da wir vom Vortag noch ein wenig müde waren, sind wir auch erst am späten Nachmittag am Hartensbergsee eingetroffen. Die erste Band, die wir sahen und hörten, hat uns dann aber sofort und schlagartig geweckt.
Lionheart ist eine kalifornische Hardcore-Band, die ihre Wurzeln in Oakland hat. Sänger Rob, der trotz eines gebrochenen Knöchels mit extremer Energie die nachmittägliche Menge elektrisierte sowie Drummer Jay, der mit wuchtigen Schlägen das Tempo vorgab, sorgten für ansteigende Adrenalinspiegel.
Neben Stücken ihrer neuen Platte "Love Don´t Live Here" wurde auf Wunsch auch gerne mal ein Black Flag Stück dazwischengeschoben. Ungeachtet des eher harschen Plattentitels war der Kontakt zu den Fans ohnehin ein sehr herzlicher.
Insgesamt ein für uns sehr gelungener Auftakt. Wir wünschen von dieser Stelle Robs Fuß gute Besserung. Von der großen Amphitheaterbühne ging es nun zur etwas kleineren Seebühne, die allerdings mit ähnlich gutem Sound aufwarten konnte. Überhaupt war das ganze Festival hervorragend abgemischt. Respekt!
Auf der Seebühne erwarteten uns nun Until the Moment Comes aus Aurich. Ich will hier jetzt nicht wieder anfangen mich in Stilschubladen umzusehen, am ehesten wird wohl (so sagte man mir) Metalcore zutreffen.
Frontmann Bryan überzeugt auf jeden Fall durch den steten Wechsel von Growls und Klargesang, und die Band um ihn durch einen erfrischend klaren und kräftigen Sound.
Dem ohnehin sehr tanzfreudigen Publikum gefiel das auf jeden Fall. Sehr schön fand ich den Hinweis des Sängers, daß umfallenden Tänzern bitte umgehend aufzuhelfen sei. Wurde dann auch tatsächlich in die Tat umgesetzt.
Unsereinem verging die Zeit wie im Fluge. Schon ging es auf der Hauptbühne weiter mit der Hamburger Hip-Hop Band Neonschwarz. Hier erwartete uns nicht nur gut vorgetragener sondern auch engagierter deutscher Hip-Hop, welcher mir die Gelegenheit verschafft mit nachstehendem Foto der Band einfach mal rückhaltlos beizupflichten.
Abgesehen davon ist da ordentlich Drive auf der Bühne, wenn die drei zu den wirklich großartigen Beats ihres DJ's Spion Y loslegen. Die Sänger Johnny Mauser und Captain Gips, augenwohltuend verstärkt durch Sängerin Marie Curry verbreiteten heftigst gute Laune, nicht ohne dabei kritische Themen deutlich anzumahnen.
Und wieder ging es auf der Seebühne weiter wo die Ska-Punk Band Mad Monks das fröhlich umziehende Festivalpublikum erwartete. Die Bremer Band kannten wir schon vom Freitag, wo sie das Breminale-Publikum begeisterten. Nach ihrer Spiellaune zu urteilen hatten sie den Tag deutlich fitter überstanden als wir.
Eine Lead-Posaune hab ich bis jetzt so auch noch nicht gehört. Klappt aber gut und macht Stimmung. Ich bin ja nun ohnehin ein Freund von Bläsern auf der Bühne, aber dazu später mehr.
Pünktlich zum Ende des eher schweisstreibenden Auftritts begann es nun ein wenig zu regnen, was aber eher eine erfrischende Abkühlung bedeutete als eine Störung. Den, nun wiederum auf der Hauptbühne agierenden Berliner Deutschrappern von Zugezogen Maskulin war das kurzzeitig nassere Wetter jedenfalls vollkommen schnurz.
Wo Neonschwarz freundlich sind, sind Grim104 und Testo aggressiv deutlich. Hier kommt zu der Kritik an bestehenden Problemen auch eine gehörige Portion Wut und das ist auch gut so. Das ganze unterlegt mit angenehm dubsteplastigem Sound, der mit vielen Musikzitaten von Kanye West bis Techno reicht.
Es bleibt noch zu vermuten, daß sich der Regen angesichts der Stimmgewalt der beiden vorsichtshalber verpisste. Auf jeden Fall blieb es von nun an trocken. Auch mit dem Umziehen war es nun vorbei, denn alle weiteren Acts fanden mit langsam einsetzender Dämmerung auf der Hauptbühne statt.
Massendefekt bezeichnen ihre Musik als Punk & Roll und sind erstaunlicherweise schon seit 15 Jahren auf den Bühnen unterwegs. Ich gebe zu, dass ich das gerade erst gelesen habe und angesichts der Frische der Band und ihres Sounds auch nicht vermutet hätte. Für mich war das, Labelgedöns hin oder her, ehrliche moderne deutsche Rockmusik. Nicht umsonst durften die Jungs aus Meerbusch bei Düsseldorf im Juni als Support von AC/DC auftreten.
Nach einer erfrischend kurzen Umbaupause betraten mit Knall und Konfetti die italienischen Skapunks von Talco die Bühne und legten sofort und unwiderstehlich los. Für mich, da leg ich mich fest, der beste Act des Abends, obwohl die Headliner ja noch kommen sollten.
Herausragend die extrem tanzbare Version von Bella Ciao. Ebenfalls beeindruckend die Fan-Hymne St.Pauli, die auch nicht so eingefleischte Fußballfans zum Mitsingen und Skandieren brachte. Eindrucksvoll die schiere Präsenz der Band, bei der man jedem einzelnen Musiker anmerkt, dass er zu jedem Moment voll und ganz auf der Bühne steht. Ich bin ab sofort Fan. Passiert mir nicht oft.
Last but not least, der Hedaliner des Abends: Ignite. Die zweiten Kalifornier des Abends (nach Lionheart) kommen aus Orange County und sind dem einen oder anderen treuen Leser vielleicht vom Reload 2015 bekannt. Leider, und hier muss ich dann am Ende noch ein paar Wermutstropfen verschütten, wurde der Auftritt durch einen schier endlosen Versuch eingeleitet das Bandbanner aufzuhängen, gefolgt von einem ebenfalls deutlich zu langen Soundcheck mit gefühlten 14 Mikrofonwechseln. Ja, ok. War auch schon spät. Und es tat glücklicherweise der Stimmung des Publikums keinen Abbruch. Nur meiner.
Durch diese, einmalige, Zeitverzögerung konnten wir nämlich leider nicht bis zum Schluß bleiben, da Jens schon darauf harrte uns zurück nach Freistatt zu fahren. Aus Erzählungen weiß ich aber zu berichten, daß die Westküstenjungs auch dieses Konzert souverän und kraftvoll über die Bühne gebracht haben. Und insgesamt war es einfach ein ganz tolles Festival. Sehr zu empfehlen.