Auf Einladung von Harald Thisted Gjersøe, dem Chairman der internationalen Wohnungslosenorganisation HOPE (Homeless People Network) und Mitbegründer von SAND, einer dänsichen Wohnungslosenorganisation, fuhren wir am 30.08.2016 nach Odense, zum Brugernes Bazar – einem dänischen Wohnungslosentreffen.
Brugernes Bazar
Das Treffen fand in einem schönen Park gegenüber dem Bahnhof statt und war erstaunlich gut besucht. Insgesamt schätzten die Veranstalter die Besucherzahl auf mehr als 1500 Gäste. Angesprochen waren nicht ausschließlich Wohnungslose, auch allgemein sozial herausgeforderte Menschen, psychisch kranke, drogensüchtige und behinderte Personen.
Das Angebot war vielfältig und reichte von einem mobilen Tierarzt der die Hunde der Gäste kostenlos versorgte, bis zu Informationsangeboten, wie man am Besten aufhört zu Rauchen. Dazu gab es Kaffee, Mittag- und Abendessen, und auf der Bühne ein vielfältiges Unterhaltungsangebot.
20 Jahre „Hus Forby“
Der Vormittag war von Diskussionsgruppen in den einzelnen Zelten und Ständen geprägt, das Nachmittagsprogramm fand eher auf der Bühne statt. Dort sprach unter anderem die dänische Sozialministerin Karen Ellemann. Der Brugernes Bazar endete um 16:00 Uhr und der Platz wurde ohne weitere Verzögerung von „Hus Forby“, der dänischen Straßenzeitung übernommen, die an diesem Tag ihr 20-jähriges Jubiläum feierte.
„Hus Forby“ ist mit einer Auflage von 90.000 Exemplaren die auflagenstärkste Monatszeitung Dänemarks. Das erklärt vielleicht, warum auf der Jubiläumsparty sowohl der dänische Premierminister Lars Løkke Rasmussen als auch die Oppositionsführerin Mette Frederiksen sprachen.
Beide wurden dabei nicht unwidersprochen aufgenommen, ein gerüttelt Maß an Buhrufen war durchaus zu hören, aber es zeugt trotzdem von Respekt, den wir in Deutschland eher nicht kennen, dass die beiden Spitzenpolitiker des Landes auf der Jubiläumsfeier einer Obdachlosenzeitung sprachen. Man möge sich nur einmal vorstellen, dass auf dem nächsten Sommercamp Angela Merkel oder zumindest Stephan Weil (Ministerpräsident von Niedersachsen) eine Rede halten würde. Die Vorstellung fällt schwer.
Tu felix Dania?
Sicher, Dänemark ist ein kleineres Land. Und sicher auch keine absolute Vorzeigegesellschaft. Auch hier gibt es Ecken und Kanten und Netze durch die man fallen kann. Aber insgesamt ist das Verhalten sowohl der Politiker, als auch der Menschen allgemein von unserer Sicht aus toleranter und respektvoller. Eines der vielen Dinge, von denen wir Deutsche uns eine Scheibe abschneiden könnten.
They „D‑A-D“ the Music
Neben anderen Bands spielte auf dem abendlichen Konzert noch eine der bekanntesten dänischen Rockbands: „D‑A-D“. Die Band, die bis zu einem drohenden Prozess unter „Disneyland after Dark“ formierte gehört bereits zum Inventar des Roskilde Festivals und ihre Alben landen in Dänemark regelmäßig in den Top Ten. Kleine Bühnen, wie die auf dem „Hus Forby“ Jubiläum waren sie schon lange nicht mehr gewöhnt, lösten die Aufgabe aber professionell und mit viel Spaß. Und für umsonst. Auch das ist so, als wenn z. Bsp. Die Toten Hosen umsonst auf dem Sommercamp 2017 spielen würden. Schwer vorstellbar. Aber man kann ja mal drüber nachdenken.
Ach und eins noch. Nicht nur das Essen, auch das Bier auf der Jubiläumsfeier war umsonst.