Am 4. und 5. Oktober 2017 fand in der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin das 12. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung (MmA) statt. Die von der Nationalen Armutskonferenz (NAK) jährlich organisierte Veranstaltung war mit ca. 135 Gästen auch dieses Jahr wieder gut besucht.
Bei der offiziellen Begrüßung durch Moderator Andreas Ulrich gab es Grußworte vom Pfarrer der Heilig-Kreuz-Kirche, Peter Storck, der NAK-Sprecherin Barbara Eschen, sowie einen Kurzvortrag des Theologen und Sozialwissenschaftlers Prof. Dr. Franz Segbers zum Thema Armut und Menschenwürde. In diesem stellte er fest, dass die beiden Begriffe schwer, wenn überhaupt miteinander in Einklang zu bringen sind.
Es folgte ein weiteres Grußwort von Dotschy Reinhardt, der Vorsitzenden des Landesrats der Roma und Sinti, RomnoKher Berlin-Brandenburg e.V. Mit zwei Liedern der aktiven Jazzkünstlerin schloss dann die Begrüßungsrunde.
Workshops und Diskussionsrunden
Die anschließenden Workshops und Diskussionsrunden waren auf drei Blöcke verteilt. Die Workshops boten dabei gemeinsamen Austausch über durch Armut verursachte Probleme, rechtliche Ansprüche – sowie Gespräche mit Kommunalpolitikern aller relevanten Fraktionen zum Thema.
Auch das Wohnungslosentreffen in Freistatt 2017 wurde in einem Workshop vorgestellt.
Ein weiterer Block mit Workshops und Diskussionen folgte am Donnerstagvormittag, daran anschließend gab es eine erste Bilanz im großen Kirchenraum, die wiederum von Andreas Ulrich moderiert wurde.
Danken möchten wir den Gastgebern, der Gemeinde der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin für die Gastfreundschaft und die Bewirtung während der zwei Tage des Treffens für Menschen mit Armutserfahrung.
Soweit die Fakten. Zu bemerken ist, dass der angekündigte Workshop Öffentlichkeitsarbeit ersatzlos gestrichen wurde, und auch die Öffentlichkeitsarbeit an sich wieder durchaus zu wünschen übrig ließ. Erfreulich war, viele bekannte Gesichter wiederzutreffen, weniger erfreulich, dass seit Jahren mehr oder weniger dieselben Menschen zu den Treffen kommen. Bei annähernd 17 Millionen Menschen, die in Deutschland von Armut betroffen sind, ist die Anzahl von ca. 135 Teilnehmenden bestenfalls ein schlechter Witz.
Innerhalb der Diskussion der aktiven Teilhabe, die bei den Teilnehmern der Nationalen Armutskonferenz geführt wird, ist immer wieder die Rede von Alibi-Projekten. Projekten also, die nicht wirkliche Teilhabe der Betroffenen bedeuten, sondern nur den Schein von Mitbestimmung erwecken. Nach meinem dritten Treffen der Menschen mit Armutserfahrung drängt sich mir dieses Wort erneut auf.
Fazit des Treffens
Nach wie vor konnte ich bei keinem dieser, zwar sehr gut organisierten, aber letztendlich bedeutungslosen Treffen irgendeine Ergebnisorientierung feststellen. Durch die in all den Jahren keinesfalls ausreichende Öffentlichkeitsarbeit sind die Teilnehmer größtenteils „Berufsbetroffene“. Die Masse der Menschen, die in diesem Land tatsächlich von Armut betroffen sind, hat von diesem Treffen keinerlei Kenntnis und ihre Situation wird durch die Veranstaltung nicht beeinflusst, geschweige denn verbessert.
Als die Gäste sich am Donnerstagnachmittag auf den Heimweg begaben, wurde dieser durch das Sturmtief Xavier deutlich behindert. Erst standen die Züge, dann auch der gesamte öffentliche Nahverkehr Berlins still. Teile von unserer Gruppe hatten das Glück in Ersatzhotels untergebracht zu werden, andere mussten die Nacht und einen großen Teil des Freitags auf dem Berliner Hauptbahnhof verbringen.
Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Bahnhofsmission des Berliner Hauptbahnhofes danken. Mit ihrer wirklich aufopfernden Hilfsbereitschaft während der zwei Tage haben sie bewiesen, dass Taten, gerade im Bereich der Hilfe für Arme oder von Not betroffenen Menschen, viel, viel mehr zählen als Worte. Wir möchten an dieser Stelle noch einmal unsere vor Ort ausgesprochene Einladung an die Mitarbeiter der Bahnhofsmission des Berliner Hauptbahnhofes wiederholen. Wir würden uns freuen, wenn wir uns für die erfahrene Gastfreundschaft hier in Freistatt eines Tages revanchieren könnten.
Text: Hari und Christof
Fotos: Werner Franke (danke schön!) und Jens. Gruppenfoto der Bahnhofsmission Berliner Hauptbahnhof von Bahnhofsmission.de
(Veröffentlicht am 11. Oktober 2017)