Wild, Wilder, Wildeshausen

Beginnen wir zunächst mit einer schlechten Nachricht. Honey­truck standen bei der Party nicht auf der Bühne. Die 5‑köpfige Band um Angelika Stelter war zwar anwesend bei der Veran­stal­tung „Wild rock“, aller­dings in der Funktion der Veran­stalter der Konzert­reihe Wild Rock Festivals. Im Wildes­hau­sener Kayser­haus traten drei Bands auf, die unter­schied­li­cher kaum sein könnten und trotzdem entstand daraus eine sehr harmo­ni­sche Veranstaltung.

Nach einer kurzen Begrüßung durch die Veran­stalter begann die Show, und die Gastgeber wagten den Sprung im Bereich der Nach­wuchs­för­de­rung. Fünf sehr junge Musiker aus Wildes­hausen und Umgebung betraten die Bühne. Five Mino­ri­ties traten erst zwei Mal überhaupt auf, die Band existiert gerade mal ein Jahr. Der Großteil der Gruppe kennt sich schon seit der Kindheit, alle haben früh die Liebe zur Musik entdeckt. In Anbe­tracht der Tatsache, dass alle Musiker noch unter 18 sind, ist das auch gar nicht mal so lange her.

Natürlich ist das Programm der Band mit Hang zu Rocksongs mit punkigen Elementen in erster Linie noch geco­vertes Material. Darunter z. B. eine wirklich excel­lente Version von Blitz­krieg Bop von den Ramones. Aber eigene Songs sind in Arbeit. Die Truppe um Lead­sänger Luis Winter­mann machten gute Stimmung, und jeder verneigte sich vor dem Mut der Teenager. Sicher­lich sind sie auf der Suche nach ihrem musi­ka­li­schen Mittel­punkt. Aber mit der Einstel­lung, mit der sie sich auf der Bühne präsen­tierten, wird das ganz sicher klappen. P.S.: nach der Show gab der Frontman ein paar Töne a capella zum Besten, und unter­strich damit seine excel­lente Gesangsstimme.

Nach dem sehr unter­halt­samen Auftakt gab ein Trio aus Bad Bentheim sein Gastspiel. Morris, Rene und Wouter alias ANA wirken schon auf den ersten Blick sehr indi­vi­duell. An einer Theke trafen sich Morris und Rene vor drei Jahren zum ersten Mal, und es hat musi­ka­lisch direkt gefunkt. Bereits 2016 entdeckten sie den Grunge für sich, und nutzen jede Gele­gen­heit zum Auftritt. In Wildes­hausen wurde das Publikum Zeuge eines Spek­ta­kels. Jeder Einzelne ist schon grandios, in dem was er macht. Aber zu dritt wuchsen sie über sich hinaus.

Drummer Rene erklärte später, es war bis jetzt beste Auftritt der Drei. Es war einer der geni­alsten Auftritte, den wir erleben durften, denn was jeder an Leiden­schaft an den Tag gelegt hatte, sprengt etliches bisher dage­we­sene. Rund eine Stunde gab das Trio Vollgas, und riss das Publikum voll mit. Ob instru­mental, oder die stimm­liche Ener­gie­leis­tung von Lead­sänger Morris, in Wildes­hausen war jetzt Party pur. Nach dem Auftritt brauchte die Band ungefähr eine Stunde, bis sie halbwegs bei Kräften war. Ein Höhepunkt – während Morris kurz zum Kraft­tanken die Bühne verließ, und etwa fünf Minuten nicht zurück­kehrte, spielte Bassist Wouter Johannes Adrianus Maria (sein kompletter Vorname) ein unglaub­li­ches Solo.

Das eigent­lich Über­ra­schende an diesem perfekten Auftritt; wir unter­hielten uns vor dem Auftritt mit den Künstlern. Dabei wirkten sie so freund­lich mit gelas­sener Zurück­hal­tung, das man ihnen diese Explosion fast nicht zutraute. Und für die Zukunft scheint gesorgt, im Frühjahr ist die erste CD der Band geplant.

Das war natürlich ein ordent­li­ches Brett, was die Truppe für die finale Band vorgelegt haben. Doch Ostfriesen nehmen ja vieles locker. Hinter Riot At The Moonshine Bar aus dem Emsland verbergen sich fünf routi­nierte Manns­bilder in den besten Jahren, die schon etliches an Erfah­rungen in anderen Bands gesammelt haben. Offiziell werden sie dem Hardrock zuge­schrieben, regulär will das Quintett lediglich nur Spaß haben. Und die Show? Von wegen finaler Auslauf, was die Band musi­ka­lisch und optisch von sich gab, setzte dem Abend im Kayser­haus das Sahne­häub­chen auf.

Die Gitar­risten Gebi und Micha musi­zierten, als gäbe es kein Morgen mehr, und Frontman Jule rundete das stimmlich kraftvoll ab. Und das, obwohl gerade er am Abend zuvor noch Schwie­rig­keiten mit der Stimme hatte. Im Kayser­haus war nix davon zu merken, es wurde zum fröh­li­chen Tollhaus. Die Routine eines jeden Einzelnen machte sich bemerkbar, aber auch wie genial alle fünf einge­spielt waren. Harter lauter Rock 'n' Roll vom Feinsten, was es in diesem Genre gibt.

Dieser Abend war definitiv zu kurz. Gute, sehr gute vier Stunden bester Unter­hal­tung verflogen wie nix. Wir sind der Meinung, dass Angelika und ihre Kollegen mit ihrer Veran­stal­tungs­reihe Wild Rock Festivals alles richtig machen. Auch das deutlich zahl­rei­chere Publikum im Vergleich zum ersten Konzert­abend spricht dafür. Natürlich wünschen wir allen drei Bands alles Gute für die Zukunft und sind gespannt auf die nächsten Gele­gen­heiten mehr von ihnen zu hören.

Die Band­aus­wahl war auf jeden Fall hervor­ra­gend. Wir können Wild Rock Vol. III schon jetzt kaum erwarten und freuen uns auf ein Wieder­sehen mit Honey­truck am 27.10.2018  bei ihrem Truck Stop im Kayser­haus. Dann zusammen mit Saint Lilly und Black Sheep Burning.