„Nur die Harten kommen in den Garten“ – so heißt es heutzutage oftmals in einer Redewendung. So sagt man heute, aber so lebte man vermutlich damals im Mittelalter. Gemeint ist in diesem Fall das Wetter, dass sich einigen Tagen sommerlich und wechselweise über Niedersachsen ergießt. Zwangsläufig meinte der Wettergott es auch nicht gnädig mit den Veranstaltern des Mittelaltermarktes in Hannover-Misburg. Aber Absagen? Nur weil der Boden sich ein wenig erweichte, und die Schuhe der Aussteller sowie der Besucher auf ihre Wetterfestigkeit prüfte? Nach dem pandemiebedingten Ausfall 2020 wollte man – Wetter hin, Wetter her – endlich wieder auf unterhaltsame Art und Weise der Gegenwart entfliehen.
Das Veranstaltungsgebiet liegt inmitten eines Waldgebiets, direkt am in Hannover beliebten Blauen See sowie dem Naturfreundhaus. Jörg Kowalski, der Veranstalter und Mitbegründer des zweitägigen Spektakels, lockt zusammen mit seinem Team seit 2017 Gäste mit einem abwechslungsreichen Programm in die niedersächsische Landeshauptstadt. So auch am vergangenen Wochenende (28. / 29. August 2021), wenn auch unter Hygieneauflagen, ein Begriff, der zwischen dem 6. und dem 15. Jahrhundert noch eine ganz andere Bedeutung hatte.
Nach einem Veranstalter namens Jörg Kowalski suchte man auf dem Gelände vergeblich; selbiger schlüpfte in die Rolle des Schwarzen Schorsch. Der Geschichtsunterricht in der Schule interessierte Schorsch schon sehr, aber noch nicht so sehr die mittelaterliche Epoche. Die Begeisterung, diese Zeit gefühlt wieder aufleben zu lassen, kam erst im jugendlichen Alter. Nach und nach konnte er in folgenden Jahren immermehr Menschen von dem einstigen Lebensstil begeistern, und schloss sich auch anderen Interessierten an. Fortan gab es gemeinsame Treffen, in dem man diese Zeit versucht, aufzuleben.
Um noch mehr Menschen zu begeistern, wurde die Idee entwickelt, einen mittelalterlichen Markt für interessiertes Publikum anzubieten. Vor vier Jahren war es soweit, und die Hannoveraner sowie die Angereisten erlebten im Ortsteil Misburg erstmals ein Gefühl, wie sich unser Leben vor rund 1000 Jahren abgespielt haben mag. Von nun an gab es dass Fest jährlich für 2 Tage, und 2021 coronabedingt erstmals seit 2 Jahren. Die Besucher erlebten dabei typische Behausungen, die oftmals lediglich aus eine Stoffplatane oder einem Zelt bestehen. Die Händler selbst sind mittelalterlich bekleidet.
Und reihenweise Angebotsstände fanden die Gäste vor. Dort wurden unter anderem Schwerter hergestellt. Zusätzlich gab es Waffen aus jener Zeit zu bewundern, zusätzlich Schutzschilder, wie man sie damals für die Verteidigung benötigte. Aber im Mittelalter wurde nicht nur gefochten, sondern auch gelebt. Holzarbeiten, deren Endprodukte oftmals ohne werkzeugliche Hilfe produziert wurden – so wie damals eben. Ein Zeltstand bot mittelalterliche Kleidung an, die fast aus Hanf oder Leinen hergestellt wurden.
Auf dem Vorplatz vom Naturfreundehaus wurden mittelalterliche Showelemente geboten; es wurde getanzt, aber auch geschauspielert. Die Protagonisten gaben sich als Darsteller und als Märchenerzähler. Vor ganz jungen, aber natürlich auch vor jung gebliebenen Zuschauern. Und für ganz eitle Besucher gab es sogar die Möglichkeit zum Vollbad. Und wie es sich für den Anlaß gebührt, in Milch und in einem Zuber. Und öffentlich – aber der milchige Zusatz verhinderte, dass die Zuschauer von den Badenden zu viel des Guten zu sehen bekamen.
Schade war lediglich, dass das Wetter einige vom Besuch abgehalten hatte. Die, die aber da waren, wussten, damals gab es auch keine Chance, sich vor dem Wetter in seinem Zuhause zu verstecken. Und die, die da waren, haben neben diesen Eindrücken auch die Erkenntnis mitgenommen, dass auch ohne den ganz großen Konsum gelebt werden konnte und vielleicht gelebt werden kann. Das wissen hoffentlich jetzt auch Menschen, die sich zu Beginn der Coronakrise reihenweise mit Toilettenpapier eingedeckt haben. Dieses Hamstern wäre im Mittelalter undenkbar gewesen, denn WC-Papier war noch nicht erfunden. den veranstaltern wünschen wir in diesem Sinne einen coronafreien Mittelaltermarkt 2022.