"Die nächsten 100 Tage übersteht die Veranstaltungswirtschaft nicht." Dieser mahnende Slogan stand und steht für eine Aktion, die von Tom Koperek, dem Vorstand des Essener Kommunikations-Unternehmens LK AG, ausging. Koperek ist Initiator der Aktion Night of Light, die am 22. Juni bundesweit stattfand. 106 Tage waren zu diesem Zeitpunkt seit dem 8. März vergangen – jener Tag, als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Empfehlung aussprach, Veranstaltungen mit über 1.000 Teilnehmern abzusagen. Kurze Zeit später wurden sämtliche Großveranstaltungen bundesweit gestrichen. Mitte April beschloss die Regierung, dieses Verbot bis zum 31. August zu verlängern. Eine weitere Verlängerung bis zum 31. Oktober wurde dann Mitte Juni bekannt gegeben.
Tom Koperek sieht seine Branche durch die Maßnahmen, die wegen der COVID-19-Pandemie andauert, besonders gefährdet. Mehr noch, das gesamte Kulturangebot der Republik steht auf dem Prüfstand. Derzeit sind sämtliche Berufszweige, die mit der Abwicklung einer Veranstaltung verbunden sind, betroffen. Gestalter von Konzerten, Open Airs, Freizeitparks, Theateraufführungen, Jahrmärkten und viele andere, wurden mit dem Streichen von Kultur auf unabsehbare Zeit untätig. Vielen Messebauern, Caterern und Dekorateuren brechen Einnahmen weg, die bei der aktuell unklaren Situation existenzbedrohende Konsequenzen haben.
Die Veranstaltungswirtschaft, so Koperek, war der erste Wirtschaftszweig, der von der COVID-19-Krise getroffen wurde. Koperek schätzt die Zahl der Betroffenen durch die Maßnahmen auf eine Millionen Menschen. Eventagenturen beschäftigen Messebauer, Tagungshotels, Künstler und andere, die alles in allem einen jährlichen Kernumsatz von 200 Milliarden Euro erwirtschaften. Beim Jahresumsatz, der sich bis 2019 auf 200 Milliarden Euro bezifferte, wird ein Ausfall von über 80% prognostiziert.
Die mahnenden Worte von Tom Koperek können, wenn sich am Veranstaltungsverbot ab dem 1. November nichts grundlegendes ändert, tiefgreifende Konsequenzen nicht nur für die Betroffenen haben. Es galt, einen Appell zu setzen. Die Rechnung ging in den drei nächtlichen Stunden des 22. Juni auf, rund 9.000 Gebäude in circa 1.500 Städten hierzulande beteiligten sich und leuchteten rot auf. Konzerthallen und Theaterhäuser waren bei der bundesweiten Aktion genauso wie Sehenswürdigkeiten oder die Firmensitze betroffener Veranstaltungstechniker beteiligt.
Koperek verstand das leuchtende Spektakel als Mahnmal. Hunderttausende Arbeitsplätze sind ernsthaft in Gefahr. Die Branche braucht politische Unterstützung – und vor allem Geld, um Veranstaltungen in Deutschland nach Corona wieder zu dem werden zu lassen, was sie vor der Krise waren. Wir alle freuen uns, wenn wir wieder Musik‑, Theater‑, Sport- und viele andere Kultur-Veranstaltungen besuchen können und auch Spaß daran haben.
Wir haben die "Night of Light" in Bremen verfolgt. Umgesehen haben wir uns auf der Bürgerweide sowie in der Altstadt. Bedauerlicherweise hat die wichtige Aktion nicht all zu viele Menschen zusammengebracht. Die Hansestadt wirkte vielerorts wie verweist. Lag es an der mittlerweile eingekehrten Gewohnheit, spätabends nicht mehr vor die Tür zu gehen? Oder war es doch der späte Montag? Der Appell bleibt trotz der geringen Resonanz in Bremen wichtig. Wir alle wollen schließlich wieder eng an eng in Kongresscentern, Messehallen, Tagungshotels, auf Jahrmärkten und Festivals jeglicher Art verbringen. Hoffentlich ist das nach dem baldigen Ende der Pandemie auch wieder möglich.
Fotos: Frank Juschkat, Stefan & Hari / Text: Hari