Die Klagemauer in der Altstadt von Jerusalem – sie ist wohl eine der berühmtesten religiösen Stätten weltweit. Sie ist ein Teil der westlichen Umfassungsmauer des Plateaus des Jerusalemer Tempels aus dem 6. Jahrhundert vor Christi Geburt.
Von den Juden wird die Klagemauer "westliche Mauer" oder einfach nur "Kotel" (jüdisch für Mauer) genannt, da die sie wie bereits erwähnt die Westmauer einer Tempelanlage war und nicht erstrangig ein Ort der Klage ist. Die Klagemauer ist 48 Meter lang und hat eine Höhe von 18 Metern. Sie wird täglich von vielen Menschen aufgesucht, um zu beten. Viele von ihnen stecken auch Gebete, Wünsche, Klagen und Danksagungen in die Mauerritzen. Die Klagemauer ist für viele Juden ein Sinnbild für den ewigen, bestehenden Bund Gottes mit seinem Volk. Die Tradition der Gebetszettel geht vermutlich bis ins frühe 18. Jahrhundert zurück.
Viele der Zettel fallen mit der Zeit aus den Ritzen, da der Platz hier nur begrenzt ist. Diese Zettel werden aufgehoben, die Zettel in den Ritzen werden vor dem Passah-Fest im Frühjahr und vor Rosch ha-Schana im Herbst entfernt. Zusammen werden sie dann auf dem jüdischen Friedhof auf dem Ölberg begraben.
Und seit kurzem steht im niedersächsischen Freistatt eine "kleine Schwester" des Jerusalemer Bauwerks. Sie hat ihren Platz auf der Wiese an der Ecke Von-Lepel-Straße und Deckertstraße gefunden. Aufgebaut wurde das Freistätter "Bauwerk" von der Modellprojektgruppe der Wohnungslosenhilfe Freistatt. Die offizielle Einweihung der Klagemauer erfolgte am letzten Sonntag, 14. März, durch die neue Freistätter Pastorin Silke van Doorn.
Wir befinden uns mitten in der Passionszeit, es gilt weiterhin die Corona-Schutzverordnung – und somit wird auch das tägliche Leben beschränkt. Wem können wir in dieser Zeit unser Leid klagen oder wo können wir unserem Ärger Luft machen? Wer möchte, kann ein Gebet, einen Wunsch, eine Klage oder ähnliches auf einen Zettel schreiben, diesen falten und in die Mauer stecken – ganz so wie bei der "originalen" Klagemauer. Papier und Stifte liegen selbstverständlich bereit. Am Karfreitag wird Pastorin van Doorn nach dem Gottesdienst die Zettel aus der Mauer holen. Die "Klagen" werden dann von ihr gelesen und in ein Gebet gefasst. Am Ostersonntagmorgen um sechs Uhr wird dieses Gebet dann zum Anzünden des Osterfeuers vor der Friedhofskapelle gebetet und die Zettel werden im Osterfeuer zu Gott aufsteigen. Anschließend findet dann um 6.30 Uhr die Andacht "AUFERSTANDEN" statt.
Wer also Klagen, Gebete, Wünsche oder ähnliches hat kann diese noch bis zum Karfreitag in der Klagemauer "deponieren". Und vielleicht kann man dann auch viel neues wie beispielsweise Gebete oder Blumen an oder rund um die Klagemauer entdecken. Nach Karfreitag wird das "Bauwerk" dann bis zum nächsten Jahr zur Passionszeit eingelagert.
Fotos: Stefan (Klagemauer Freistatt) und Wikipedia (Klagemauer Jerusalem und Beitragsbild)
Text: Stefan