Der August hatte gerade erst begonnen, da wurde von den Aktivisten hauptsächlich auf den September geschaut. Genauer gesagt auf den 9.9.2022. Denn an diesem Freitag Nachmittag begeht das Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnung sein 10jähriges bestehen. Seit einer Dekade kämpfen sie in Bremen für die Rechte auf ein bezahlbares Dach über dem Kopf – es versteht sich von selbst, dass die erste Null kein Grund zum Feiern ist. Denn das Problem ist ja geblieben, und hat sich mit den aktuellen Krisen sogar für viele Betroffene sogar noch verschärft.
Daher gibt es am besagten 9. September sowohl eine kleine Feier für das Durchhalten ihrer Aktivitäten, aber auch eine öffentliche Kundgebung. Um 14 Uhr treffen sich die Mitglieder zunächst im Gebäude des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Dort wird auf die Zeit seit 2012 zurückgeblickt; auf die gemeinsamen Aktionen, Fachtage, Tagungen, und natürlich auf das bislang erreichte. Zur Feier des tages hat sich zudem ein prominenter Redner angekündigt. Kein geringerer als der Regierende Bürgermeister des Landes Bremen, Andreas Bovenschulte hat sein Kommen angekündigt.
Nach den Feierlichkeiten begeben sich die Teilnehmer vom Gewerkschaftshaus Richtung Bahnhofsvorplatz, und vereinigen sich mit Vertretern von Housing First, die zum exakt selben Termin ihren Aktionstag abhalten. Gemeinsam wollen sie vor Ort mit einer Kundgebung die Öffentlichkeit für die aktuellen Sorgen der von Armut und Wohnungslosigkeit zu sensibilisieren. Die bevorstehenden Aktivitäten sowie die gesamte Vorbereitung werden das alleinige Thema der kommenden monatlichen Sitzung am 5. September sein, also wenige Tage vor dem öffentlichen Jubiläum.
Ein großes Thema war aber auch wieder einmal die Bereitstellung von Trinkwasserbrunnen. Hier war man der Zeit voraus, denn aktuell gibt es von Seiten der Bundesregierung Überlegungen, solche Brunnen der gesamten Bevölkerung zugänglich zu machen. Bei der Sitzung wurden Vergleiche gezogen. Bremen verfügt über gerade 5 solcher Zugangsmöglichkeiten zu Trinkwasser. Hannover hingegen hat kanpp 100, und in Wien haben Bewohner und Touristen 1500 Chancen, sich in Österreichs Hauptstadt besser gegen die Hitze zu wappnen. Dazu gibt es auch eine EU-Trinkwasserrichtlinie, die den Zugang zu solchen Brunnen in ein nationales Recht bis zum 12. Januar 2023 umsetzen will.
Die Kritik bleibt, aber auch die Frage. Vor einigen Wochen kam es am Bremer Hauptbahnhof zu einer wohl städtisch angeordneten Räumung von Menschen, die in ihrer Obdachlosigkeit sich dort regelmäßig aufhalten. Streetworker fordern seither die Schaffung von Toleranzräumen, um den Menschen zumindest hier einen Schutz vor Gewalt und Witterung zu bieten. Schwierig bleibt jedoch die Unterbringung von Menschen, die aufgrund von Drogenabhängigkeit stets Kontakt suchen, um sich durch "Schnorren" ihre Sucht zu befriedigen.
Alleine an diesen u.ä. Themen ist zu erkennen, warum das 10jährige Bestehen des Aktionsbündnisses nicht nur ein Grund zum Feiern ist. Denn aktuelle Krisen wie die Corona-Folgen, die Auswirkungen im russischen Feldzug gegen die Ukraine sowie die anhaltenden Preisexplosionen auf dem Energiemarkt zeigt, dass die Probleme des Aktionsbündnisses längst nicht mehr nur die Probleme von Menschen sind, die von Armut und Wohnungslosigkeit betroffen sind.
Fotos.: Thomas Müller-Risse / Text.: Hari Januschke