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Musi­ka­li­scher Brunch wird zur schönen Gewohnheit

Es ist durchaus denkbar, dass man von außen den Eindruck gewinnt, dass sich unsere Redak­ti­ons­räume mitt­ler­weile im Phonos-Jour­na­lis­ten­büro in Hannover befinden. Neben den stim­mungs­vollen ESC&Eat-Abenden hat auch das im vergan­genen Dezember begonnene Format "Ich höre was, das du nicht siehst" einen tradi­tio­nellen Rhythmus gewonnen. Letzteres fand an diesem Karne­vals­samstag statt. Der musi­ka­li­sche Brunch ist im Unter­schied zum Treiben der rhei­ni­schen Jecken nicht ganz so närrisch, dafür ist die Laune aller Betei­ligten und Gäste mindes­tens genauso gut.

Wie auch in beiden Vorgän­ger­runden luden Dr. Euro­vi­sion Irving Wolther, gemeinsam mit der bekannten Pianistin Marina Baranova einen Instru­men­tal­künstler ein, der sein Instru­ment zunächst in einem unent­deckten Raum spielte. Ohne ihn zu sehen, jedoch zu hören, hatten die Gäste die Aufgabe, das Instru­ment zu erraten, sowie die Persön­lich­keit des Musikers durch seine Musik zu erahnen. Nachdem zumindest das aus dem orien­ta­li­schen Raum stammende Instru­ment Sitar halbwegs erraten wurde, taten sich einige beim Musiker etwas schwerer. Zur Auflösung erschien Youssef Nassif mit einem Kanun, einem Instru­ment, dass der Sitar jedoch sehr ähnlich ist.

Youssef Nassif stammt aus dem syrischen Idlib, und kam vor einigen Jahren während des immer noch andau­ernden Bürger­kriegs seines Heimat­landes nach Deutsch­land. Die Liebe zur Musik begann bereits in seiner Heimat, in der Haupt­stadt Damaskus schloss er an der dortigen Hoch­schule sein Studium erfolg­reich am Klavier und am Kanun ab. Kriegs­be­dingt musste er sein Zuhause aufgeben, was geblieben ist, ist die Liebe zur Musik. Waren Tunesien, der Libanon, die Türkei oder auch Syrien seine zuvor bevor­zugten Länder, an denen er öffent­liche Auftritte mit seinem Instru­ment hatte, kommen nun euro­päi­sche Zuhörer in den Genuss der für unseren Kontinent unge­wohnten Klänge.

Ungewohnt bedeutet aber in diesem Fall nicht befremd­lich – ganz im Gegenteil. Youssef Nassif erzeugte mit seinem Instru­ment eine so wohl­klin­gende Atmo­sphäre, in der sich die Musik­freunde direkt heimisch fühlten. Das Instru­ment, dass aus der Ferne der ein oder andere mit einer Harfe verglei­chen würden, wird mit zwei Plektren, die wiederum am Finger mit einem Ring befestigt werden, gespielt. Ähnlich wie bei einem Klavier verfügt ein Kanun über einen Mecha­nismus, mit dem die Tonstärken entspre­chend gestimmt werden können.

Obwohl das Kanun, dass Nassif zum vormit­täg­li­chen Musik­ge­nuss vorge­stellt hatte, sehr meuwertig aussah, kannten es die Assyrer und die Menschen im orien­ta­li­schen Raum schon aus der Zeit vor Christus. Inter­es­sant war neben vielen Musik­stü­cken, die der Künstler den Gästen präsen­tiert hatte, auch der Austausch zwischen Publikum und Musiker. So ist Youssef Nassif davon überzeugt, dass die Wahr­neh­mung von tradi­tio­neller Musik in anderen Ethnien anders empfunden wird als in den jewei­ligen Gegenden, in denen die Klänge ihren Ursprung haben. Zumindest war es bei den Zuhörern vor Ort in Hannover schon unter­ein­ander so, als über die eigenen Empfin­dungen eines Stückes gespro­chen wurde.

Multi­kul­tu­rell ging es zumindest beim Brunch zu; neben hier­zu­lande üblichen Kaffee und Brötchen waren Auflagen und Beilagen sehr multi­kul­tu­rell gehalten. Ein orien­ta­li­sches Auber­gi­nenmus, eine unga­ri­sche Brot­krea­tion namens Pogacsa sowie türki­schen Käse­sorten rundeten einen Karne­vals­samstag ab, der ehrlich stim­mungs­voll war – harmo­nisch, unter­haltsam und lehrreich. Auf die Fort­set­zung am 11. März freuen wir uns jetzt schon. Mitt­ler­weile stehen mit dem 8. April (Oster­samstag) und dem 21. Mai weitere Termine fest, oder wie Dr. Irving Wolther sagt, die letzten beiden Termine. Hoffent­lich nicht die aller­letzten, denn es liegt auch an der Gast­freund­schaft des ESC-Experten Nr.1 in Deutsch­land, dass sich nicht nur die Frei­stätter Online Zeitung am Veran­stal­tungsort wir zu Hause fühlt.

 

Fotos & Text.: Hari Januschke