Als Mitarbeiter eines Online-Magazins, deren Freistätter Umfeld sich vornehmlich für die Wiedereingliederungshilfe von Wohnungslosen einsetzt, von einer großen Baufachausstellung zu berichten – geht das noch ganz ohne Kritik? Denn wie soll man Menschen, die ohne ein eigenes Dach über dem Kopf leben müssen, den Sinn dieser Veranstaltung nahe bringen? Es ist ja schon schwierig, dies Normalverdienern zu erklären, deren Einkommen gerade ausreicht um "über die Runden zu kommen".
Wir haben uns umgeschaut auf der hanseBAU 2020, für die die ÖVB-Arena in Bremen drei Tage am dritten Januar-Wochenende die Pforten öffnete. Die Veranstalter warben dabei für die Zukunft. Sowohl der Häuslebauer, der gerade damit beginnt, sein Eigenheim zu planen, als auch aktuelle Besitzer einer Immobilie – hier wurden fast alle Wünsche vor das Auge geführt. Die Besucher, die vor die Halle kamen, bekamen erstmal einen Eindruck davon, dass ohne das gute alte Handwerk der Grundboden für alles fehlt. Von live ausgeführten Schreinerarbeiten für Dachbalken bis hin zu Maschinen für die schweren Gewichte, die von verschiedenen Kranverleih-Unternehmen präsentiert wurden.
In den drei Hallen, in denen die Aussteller ihre Ideen und Produkte präsentierten, galt es, die Übersicht zu behalten. Hier setzten die Unternehmen überwiegend auf eine umweltfreundlichere Zukunft. Energie erzeugen mit Solartechnologie, Küchen, die hauptsächlich mit Fernbedienung funktionieren, sowie digital eingebaute Sicherheit im Eigenheim – unserer Ökologie dürfte die hanseBAU an vielen Ständen 2020 gefallen haben.
Die Messe war sicherlich Ideengeber für viele Grundstücksbesitzer. Wir wollen auch bei allen sozialen Schwierigkeiten hierzulande die Augen nicht vor diesen glücklichen Menschen verschließen. Denn wer aus seinen finanziellen Möglichkeiten bauen kann, den beglückwünschen wir neidlos. Doch wie weit weg war die Veranstaltung vor der realen Wirklichkeit? Wir leben in einem Land, in der rund eine Millionen Menschen von Wohnungslosigkeit betroffen sind, knapp sechs Millionen Menschen beziehen Unterstützung von Staat, um das Nötigste im Haus und in der Brieftasche haben.
Was unsere Gesellschaft benötigt ist ein Umdenken in der Wohnungsbaupolitik. Und hier ist die Regierung gefordert. Denn ein Staat, in der Städte und Kommunen auf Gelder von Investoren im Immobilienmarkt hoffen oder gar angewiesen sind, benötigt im Wirtschaftlichen einen Sinneswandel. Großstädte, die vom Staat nur unzufrieden unterstützt werden, bekommen Wohnkomplexe serviert, und die Investoren erhoffen mit überteuerten Mietpreisen auf Einnahmen. Verbunden mit dem Risiko, dass bei weitersteigenden Mieten ein Leerstand gewagt wird, weil der Durchschnittsverdiener sich das Eigenheim nach Wunsch nicht mehr leisten kann. Wer allerdings weiterhin auf die Unterstützung der menschenunwürdigen Wohnungsbaupolitik setzt, dreht brutal an der immer weiter forcierenden Armutsschraube.
Es ist gut, dass es die hanseBAU gibt. Es ist sicherlich auch richtig, dass diese Veranstaltung bereits glückliche Hausbesitzer und Wohnungseigentümer unterstützt. Gefehlt hat lediglich ein Element, wie Menschen, die sich weder die teilweise kostspielige Einrichtung geschweige denn ein Grundstück leisten können, ebenfalls etwas vom Kuchen abhaben können. Wenn der ein oder andere Standbetreiber für die Zukunft ein wenig gesellschaftsfördender mitdenkt, so erhöht das sicher die Chance, das die gutbesuchte Messe in Zukunft noch zahlreicher aufgesucht wird.