Das Neuenkirchen Open Air ist nun schon seit 4 Jahren fester Bestandteil unseres sommerlichen Terminkalenders. So auch dieses Jahr und ohne viel vorwegnehmen zu wollen, es war wieder mal ein voller Erfolg. Die Veranstalter haben erneut ein tolles Programm zusammengestellt, das Wetter spielte mit und mit mehr als 600 Gästen war der rockigste Sportplatz Niedersachsens auch amtlich gefüllt.
Den Beginn machten Petterson aus Bremen in ihrer Unplugged-Version. Die Indie-Pop Band war ein perfekter Opener, ihre mal rockigen, mal balladigen Lieder passten wunderbar zum noch sehr sonnigen Sommerabend. Mit norddeutschem Understatement kommen ihre Texte über Heimat, Aufbruch und Freundschaft daher, unaufdringlich und doch eingängig. Das Album gibt es am 29. September und es wird „Blick nach vorn“ heißen. Das verspricht auf jeden Fall entspannte Herbstabende.
Mit Dein Ernst aus Augsburg wurde es nicht nur lauter und schriller, sondern das Quintett bewies auch wirklich komödiantische Qualitäten. Mit einer sehr unterhaltsamen Bühnenshow und noch unterhaltsamerem Crossover aus Hip-Hop, Pop und Rockmusik brachten sie das Publikum in Neuenkirchen amtlich auf Touren. Man kann zu Kostümen, lustigen Kopfbedeckungen und Kamelmasken stehen, wie man will, wenn das ganze dermaßen sympathisch vorgetragen wird, macht es einfach nur Spaß. Und den hatten wir dann auch. Empfehlen möchten wir vor allem den Song „Pflanzenmann“ der durchaus ein zweimaliges Hinhören erlaubt und fordert.
Das aktuelle Album der Berliner Band Vizediktator heisst "Kinder der Revolution" und der Name ist durchaus Programm. Sie selbst nennen ihre Musik „Straßenpop“, ich höre da einige Punkelemente und ein gerüttelt Mass an Garagenrock heraus. Sänger und Bassist Benjamin Heps erinnert stimmlich stellenweise an den frühen Rio Reiser und hat stellenweise auch die gleiche zornige Attitüde. Die ist bei den zeitkritischen und engagierten Texten auch kein Wunder. Neben der Freude an der Musik an sich hört man bei Vizediktator auch den Frust und die Enttäuschung über die Welt, in der wir leben müssen. Mitreißend, energiegeladen und dabei deutlich in der Aussage. Wenn es stimmt, dass die Revolution ihre Kinder frisst, wird ihr diese Band im Hals stecken bleiben. Toller Gig!
Zwischendurch unterhielt „De Bovelzumft“ (Gelebtes Mittelalter e.V.) aus Bassum das Publikum mit einer beeindruckenden Mischung aus Feuershow und mittelalterlichen Kampfspielen. Mehr von ihnen kann man am 28. und 29. Juli auf der Burg Freudenburg zu Bassum sehen. Dort findet dann nämlich der dritte mittelalterliche Bovelmarkt statt. Wie heißt es da auf der eigenen Internetseite? „Wilde Saufgelage!? … keineswegs! Anständiges Schlürfen von Gaumen erfreuenden Bieren, Weinen, Mets und anderen Flüssigkeiten, die zu schweren Zungen führen“. Na dann Prost.
Die Berliner Punkband Radio Havanna hat uns schon vor zwei Jahren an gleicher Stelle begeistert und ist inzwischen tatsächlich noch ein bisschen schneller, noch aggressiver, aber eben auch poppiger geworden – das Neuenkirchener Publikum war vom ersten Lied an in Tanzlaune. Dazu politische Texte die klar links Stellung beziehen und deutlich gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft, nicht nur in Deutschland sondern überall in Europa, Front machen. Viele Songs stammten dabei von ihrem neuen Album „UTOPIA“. Bei den Erfolgen, die die Band seit Jahren feiert, ist es den Veranstaltern hoch anzurechnen, dass sie die Band auch dieses Jahr wieder überzeugen konnten, Neuenkirchen auf ihren Tourplan zu setzen. Das Publikum dankte es ihnen allen mit Begeisterung.
Den Abschluss des Neuenkirchen Open Air machte die Bremer Post-Hardcore Band Watch Out Stampede. Letztes Jahr Wacken, immer wieder einmal, auch dieses Jahr das RELOAD Festival, aber auch wenn sie inzwischen überregionale Erfolge aufzuweisen haben, lassen sie sich das Neuenkirchen Open Air nicht nehmen. Etwas, was dieses Festival auszeichnet. Ob es am Essen, den netten Helfern oder dem tiefenentspannten und trotzdem begeisterungsfähigen Publikum liegt – wahrscheinlich ist es die perfekte Mischung.
Mit kraftvollen Shouts und knallenden Breakdowns lassen die Bremer den Sportplatz noch einmal richtig abgehen. Viele Songs ihres neuen Albums „SVTVNIC“ sind dabei, aber auch ältere Kracher, die hier im Publikum euphorisch begrüßt werden. Schweißgebadet trotz den inzwischen doch eher schattigen Nachttemperaturen treten wir den Heimweg nach Freistatt an. Vielen Dank allen immer wieder engagierten ehrenamtlichen Helfern, die dieses Festival jedes Jahr ermöglichen. Wir freuen uns jetzt schon aufs nächste Mal. Zum dann 24. Neuenkirchener Open Air 2019 sind wir auf jeden Fall wieder dabei.