gwd_titelbild

GWD-Spiel endet sprachlos

Es gab nach Spiel­schluss nur einen Spieler der GWD Minden, der sich uns gegenüber zum Spiel­ver­lauf äußern wollte. Diesen befragten wir, was er, wenn er an unserer Stelle wäre, über dieses Spiel schreiben würde. Er antwor­tete, schreib doch einfach, „Wir haben komplette Sch***e gespielt“. Immerhin, es gab noch eine Wort­mel­dung, wenn auch ziemlich drastisch. Aber, egal ob Trainer, Vorstand, Publikum oder die Mann­schaft selbst – am 15 Mai 2019 fand ab circa 20 Uhr 40 kaum einer eine plausible Erklärung dafür, was sich 60 Minuten zuvor in der KAMPA-Halle abge­spielt hat.

Ohne das Duell zwischen der GWD und dem SC DHfK Leipzig gesehen zu haben, klingt aus der Ferne betrachtet, das Endre­sultat von 26:24 zugunsten der säch­si­schen Gäste nicht besonders aufregend. Und letzt­end­lich kann den heimi­schen Ostwest­falen nicht mehr so viel passieren bis zum Saison­ende. Minden kann weder absteigen und euro­päi­sche Plätze liegen ebenfalls in Reich­weite. Man ist also gesichert im Mittel­feld. Und dennoch war das Duell mit Leipzig von allen Emotionen geprägt.

Viel­leicht hilft es ja, wenn man sich die Partie aus Leipziger Sicht anschaut. Deren Trainer André Haber sprach nach dem Spiel von einer Leistung seines Teams, die ihn, in diesem Fall in positiver Hinsicht, sprachlos machte. Seine Mann­schaft zeigte eine zweite Halbzeit, wie er sie lange nicht gesehen habe. Und hier liegt das Mindener Problem des Spiels, denn das Duell hatte ja auch noch eine erste Hälfte. Als pünktlich zur Minute 30 alle zum Verschnaufen gingen, brauchte vor allem der Gast die Pause ganz dringend. Schnell, tempo­reich, trick­reich, so wirbelte die GWD die gegne­ri­sche Vertei­di­gung ausein­ander. Das 16:12 schmei­chelte allen voran den Sachsen, Grün-Weiß hätte den Gegner hoff­nungs­loser zum Pausentee schicken können.

Zu diesem Zeitpunkt blickte man in knapp 2.800 glück­liche Gesichter. Das Publikum war bereits auf Partykurs. Endlich einmal hatten die Fans ihr Team in einem Heimspiel wieder bril­lieren und zaubern sehen – allen voran Kevin Gulliksen nutzte jede erdenk­liche Leipziger Abwehr­lücke gnadenlos aus. Die Zuschauer waren gut drauf, und waren schon sehr sieges­si­cher. Diese lang vermisste gute Laune, man hat sie jedem in der KAMPA-Halle gegönnt. Die wenigsten hatten es für möglich gehalten, dass die Leipziger in der Pause sich darüber unter­halten haben, dieses Fest ernsthaft verderben zu gönnen.

Und kaum einer glaubte, dass mit dem Wieder­an­pfiff auch die Feier­stunde beendet wurde, auch nicht, als nach wenigen Sekunden Leipzig ein wenig verkürzte. Zumal die Treff­si­cher­heit Mindens noch 10 Minuten anhielt. Jedoch kamen hier schon Leicht­sin­nig­keiten auf, mit denen sie den SC DHfK im Spiel ließen. 21:17 hieß es sogar in Minute 42, als sich das Spiel aus uner­klär­li­chen Gründen drehte. Die GWD-Mann­schaft wirkte, als habe sie von einem auf den anderen Moment alles verlernt, und nichts klappte mehr. Kein Angriffs­spiel, kaum ein Durch­kommen, und in den verblei­benden 18 Spiel­mi­nuten gerade mal 3 Treffer.

Anders die Leipziger. Sie ließen nichts mehr durch und zele­brierten genau den Handball, mit dem Dankersen sein Publikum die ganze Zeit verwöhnt hatte. Und damit nicht genug, sie drehten in dieser Phase das gesamte Spiel. Einem Match, in dem sie mehrmals mit vier, fünf Toren im Rückstand lagen, verwan­delten sie in ein 26:24. Und damit blieb ein fassungs­loses Publikum in der KAMPA-Halle zurück. Denn niemand hatte eine Erklärung dafür, woher dieser urplötz­liche Knick kam, und damit zwei sichere Punkte verspielt wurden.

Ein paar Mal konnte man den Satz wahr­nehmen, darüber sollte man mal mindes­tens eine Nacht schlafen. Das hilft zumindest dabei, etwas auszu­spre­chen, was man sonst vor lauter Zorn verse­hent­lich von sich gibt. Doch wenn nach einer Nacht wieder Tag wird, sieht nicht nur vieles anders aus, man kann vor allem wieder zuver­sicht­lich in die Zukunft blicken. Die nahe Zukunft bedeutet am 29. Mai beim letzten Heimspiel gegen den Bergi­schen HC Abschied von der Saison 2018/2019 in der KAMPA-Halle zu nehmen. Die weite Zukunft wurde bereits in der Halb­zeit­pause zele­briert. In großem, geschlos­senem Kreis wurden die erfolg­rei­chen Jugend­mann­schaften der GWD Minden für ihre Leis­tungen geehrt. Um den Nachwuchs muss sich der Verein also nicht sorgen.